„Dobrý veèer – Guten Abend“ hallt es pünktlich um 20 Uhr durch Saal drei der Volkshochschule Karlstadt. Danach ruhen alle Augen auf Susanne Duckstein, seit März Lehrerin für Tschechisch an der Volkshochschule Karlstadt. Wie jeden Montagabend trifft sie hier Menschen aus Karlstadt und Umgebung, die sich für das neue Angebot der Volkshochschule entschieden haben: Sie alle wollen Tschechisch lernen, weil sie familiengeschichtliche Beziehungen nach Tschechien haben, weil sie das Land und die Leute lieben und weil ihnen der Klang der Sprache so gut gefällt.
„Es gibt böse Zungen, die behaupten, so wie sich Tschechisch anhört, würde es nur aus Konsonanten bestehen“, sagt Susanne Duckstein. So ist es natürlich nicht. Die slawische Sprache hat ausreichend Vokale. Was auffällt, sind die vielen Zischlaute, die von den vielen Häkchen auf den Buchstaben rühren. Die Teilnehmer des Kurses sind mit diesen anscheinend schon bestens vertraut, denn die Unterhaltung mit ihrer Lehrerin klingt flüssig und geübt.
Sprache sehr komplex
Dennoch, richtige lange Gespräche auf Tschechisch seien noch nicht möglich, sagt Kursteilnehmer Bernd Schmitt aus Gambach. „Dafür ist die Sprache einfach zu komplex, und wir lernen sie erst zu kurz.“ Vor allem die Mischung aus „r“ und „sch“ findet er schwierig. Die heutige Übung mit den Verwandtschaftsverhältnissen geht ihm gut über die Lippen. Otto ist „bratr–Bruder“ von Karolina, Barbora die „sestra–Schwester“ von Otto. „Maminka–Mutter“ und „tatinek–Vater“ heißen Irena und Jaroslav.
Warum Bernd Schmitt Tschechisch lernt? Weil sein „dìdeèek-Opa“ nach Ende des Zweiten Weltkriegs aus Budweis nach Karlstadt kam. Mit dabei: seine Mutter, damals elf Jahre alt. „Dadurch, dass meine Mutter tschechisch spricht, habe ich ein paar Brocken gelernt“, erzählt er. Richtig verständigen kann er sich noch nicht. Da er aber öfters in die Heimat seiner Vorfahren reist, möchte er daran etwas ändern. „Ich interessiere mich auch sehr für die Geschichte unseres Ortes“, erzählt er. Dazu ist er bereits in den Archiven vor Ort fündig geworden. „In den kleinen Archiven hat mir meine Mutter beim Übersetzen geholfen, in den großen Archiven sprechen die Leute meistens auch deutsch“, erzählt er.
Ebenfalls aufgrund ihrer Familiengeschichte sitzt Margit Feser aus Karlstadt im Kurs. Sie ist in Prag geboren und als Sechsjährige mit ihrer Mutter nach Deutschland gekommen. Damals sprach sie fließend tschechisch und musste die deutsche Sprache in der Schule lernen. Heute ist es umgekehrt. „Dadurch, dass ich einmal tschechisch sprechen konnte, habe ich gedacht, ich mache eine Schublade auf und alles ist wieder da“, erzählt sie. Doch ganz so einfach ist es nicht. Ein Anreiz, weiterzumachen, ist ihre Verwandtschaft in Prag, die Margit Feser regelmäßig besucht und bei denen sie ihre Sprachkenntnisse bereits testen kann.
Ob sie ein Lieblingswort hat? „Babièka“, das tschechische Wort für Großmutter. „Ich könnte nie ,das ist meine Oma' sagen“, erklärt Margit Feser, die in Tschechien übrigens Margitova Feserova heißen würde, denn im Tschechischen ist die Endung -ova für Frauennamen normal. „Wir haben außerdem einen zusätzlichen Fall, den Vokativ, der die Anrede kennzeichnet“, erklärt Lehrerin Susanne Duckstein. So wird aus Herr Schmitt „Pane Schmitt“, aus Frau Feser „Pani Feserova“.
Mehr nach Osten öffnen
Aber nicht nur die eigene Familiengeschichte kann ein guter Anstoß sein, um die melodiöse Sprache zu erlernen. „Tschechien ist ein schönes und noch weitgehend unbekanntes Urlaubsland, mit tollen Sehenswürdigkeiten und mit den Regionen wie Böhmerwald und Riesengebirge auch ideal zum Fahrradfahren und wandern“, beschreibt Bernd Schmitt. Zudem liegt es in der Nähe.
Das waren auch die Gründe, warum man sich bei der Vhs-Karlstadt für den Kurs in der exotischen Sprache entschieden hat. „Warum nicht mal Tschechisch anstatt Spanisch lernen?“, sagt die Vhs-Leiterin Anna-Elisabeth Hennrichs. „Ab Nürnberg fährt fünf Mal am Tag ein Bus nach Prag.“ Zudem war der Gedanke da, dass man auch in Karlstadt die Anrainerstaaten mehr berücksichtigen wolle. „Wir müssen uns mehr nach Osten öffnen, generell in Deutschland“, erklärt Anna-Elisabeth Hennrichs.
Ein weiterer Anreiz für den Kurs: Die Kursgebühr wird gleich auf eine niedrige Teilnehmerzahl berechnet, zudem werden, sollte ein weiterführender Kurs in Karlstadt nicht mehr zustande kommen, Empfehlungen für Folgekurse in Lohr und Würzburg gegeben.
Für die Teilnehmer des aktuellen Kurses steht fest: Sie wollen weiter machen. Denn auch wenn die Verständigung im Land langsam anläuft: „Es ist eine Anerkennung für die tschechische Bevölkerung, wenn man ihre Sprache spricht“, sagt Margit Feser. Wie sehr sich die Menschen darüber freuen, hat sie schon selbst erlebt, wenn nach den ersten, mühselig hervorgebrachten Brocken ein Wortschwall zurückkommt.