
Seit 25 Jahren stemmt die Freiwillige Feuerwehr Uettingen ehrenamtlich einen Helfer vor Ort-Dienst (HvO) für die Bürgerinnen und Bürger. Die Idee dahinter ist, die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes zu überbrücken. Das Einsatz-Spektrum reicht von internistischen und chirurgischen Notfällen über die Versorgung bewusstloser Patienten bis hin zur Reanimation. Aufgrund der Ortsnähe sind die Helfer vor Ort oft deutlich vor dem Rettungsdienst am Einsatzort und kann innerhalb weniger Minuten Patienten erstversorgen und so Leben retten.

Mit einem umfangreichen Programm feierten die Helfer vor Ort der Uettinger Feuerwehr, die auch First Responder genannt werden, kürzlich ihre Gründung. Die Mitglieder der HvO-Gruppe durchlaufen eine 72-stündige Ausbildung und werden zusätzlich am Defibrillator ausgebildet. Inhaltlich geht es bei der Ausbildung um Anatomie, Physiologie, Wundversorgung, Blutdruckmessen, Reanimation sowie das Assistieren bei der notärztlichen Versorgung. Die Voraussetzung für den Zusatzlehrgang HvO ist eine Grundausbildung bei der Freiwilligen Feuerwehr.
Wir haben sechs Helfer vor Ort gefragt, warum sie sich als Helfer vor Ort engagieren und wie belastend die Arbeit manchmal sein kann.
1. Stefan Schätzlein (43): "Sind für den Rettungsdienst eine unverzichtbare Ergänzung"

Stefan Schätzlein trägt als Dienstältester HvO und Gruppenführer, zusammen mit Ralf Schick, die Verantwortung für die Gruppe. "Als ich hörte, dass die FFW Uettingen eine HvO-Gruppe integrieren wolle, habe ich mich sofort gemeldet." Da die Wehr in Uettingen eine der Ersten war, die HvO-Einsätze gefahren ist, war das Einsatzgebiet sehr groß und dementsprechend oft ging der Piepser. Heute hat fast jede Wehr im Landkreis eine eigene Gruppe, nun werden wir nur noch bei Notfällen im Einsatzbereich Uettingen alarmiert. Schätzlein ist von der Notwendigkeit und Effizienz der HvO Gruppe überzeugt. "Am Anfang wurden wir misstrauisch vom Rettungsdienst beäugt oder sogar belächelt, unsere Kompetenz angezweifelt. Seit vielen Jahren sind wir nun auch für die Rettungskräfte eine unverzichtbare Ergänzung in der Rettungskette."
2. Ralf Schick (58): "Wir stehen auch den Angehörigen zur Seite"

Ralf Schick hat im Jahr 2002 die Zusatzausbildung zum HvO abgelegt. "Anders als bei Brand- oder THL-Einsätzen", berichtet Schick, "verbringen die HvO'ler viel Zeit im privaten Umfeld der Patienten." Aus seinem Dienst weiß er, wie wichtig die schnelle Hilfe am Patienten, aber auch die Betreuung der Angehörigen ist. Oft stehen bei einem plötzlichen Todesfall die Angehörigen unter Schock. "Wir können über unsere Arbeit am Patienten hinaus den Angehörigen zur Seite stehen und bis zum Eintreffen des Notfallseelsorgers bei ihnen bleiben."
3. Horst Walter (64): "Seelsorger kümmern sich manchmal auch um die Aktiven"

Horst Walter fährt seit 24 Jahren HvO-Einsätze und ist Vorsitzender der FFW. "Oft bekommen wir nach einem Einsatz ein positives Feedback vom Patienten oder von den Angehörigen. Das bestärkt uns in unserer Arbeit, auch wenn mancher Einsatz sehr dramatisch und belastend ist", erzählt er. Er erinnert sich an eine Häufung von Suiziden in der Vergangenheit - vier Stück in wenigen Wochen. "Da kommst du schon an deine Grenzen. "Immer wieder gibt es Aktive", erzählt Walter, "die durch psychische Probleme längere Zeit einsatzunfähig sind oder gar nicht mehr fahren können." Dann sind die Gruppenführer gefragt und müssen dafür sorgen, dass die Feuerwehrseelsorger sich um die Aktiven kümmern.
4. Florian Endres (36): "Mit meinem Arbeitgeber gab es noch nie Probleme"

Florian Endres hat mitten in der Pandemie im Jahr 2021 den Lehrgang HvO absolviert. Gut 100 Stunden, teilweise online, hat er für die Ausbildung investiert. Als einer von drei HvO'lern, die in Uettingen arbeiten, stellt er die Einsatzbereitschaft am Tag sicher. Mit seinem Arbeitgeber, so Endres, gab es noch nie Probleme, wenn der FFW-Piepser zum Einsatz gerufen hat. Für ihn ist es eine Frage der Kommunikation - genauso wie zuhause mit seiner Tochter. Wenn der Piepser geht, wisse sie genau, der Papa muss ausrücken und Menschen helfen.
5. Martina Stollberger (45): "Dienst gehört zu unserer Lebenseinstellung"

Martina Stollberger ist die Frontfrau der HVO-Gruppe. Als Krankenschwester für Intensivpflege und Anästhesie, sowie Berufspädagogik im Gesundheitswesen arbeitet sie am Bildungszentrum für Pflegeberufe. Sie fährt nicht nur die Einsätze mit, sondern steht auch mit ihrem Fachwissen für die Weiterbildung zur Verfügung. Ihr Mann Jens ist Gruppenführer, Atemschutzträger und Maschinist. Für beide gehört der Dienst in der FFW zu ihrer Lebenseinstellung. Die beiden Kinder Leo und Lilli wissen, dass bei einer Alarmierung Gefahr in Verzug ist und andere Menschen Hilfe brauchen.
6. Janina Roth (32): "Ausbildung hilft mir auch bei meiner Arbeit in der Kita"

Janina Roth hat 2014 die Zusatzausbildung zur HvO-Frau abgelegt. Vor den Kindern ist sie zusammen mit ihrem Mann Chris zu den Einsätzen gefahren. Seit der Geburt der Kinder teilen sie sich die Einsätze. Janina fährt bei Alarmierung der HvO-Gruppe und Chris bei Einsätzen THL oder Lösch, um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Als Kinderpflegerin arbeitet Janina im Kindergarten und kann während ihrer Arbeitszeit nicht ausrücken. Dafür kann sie ihre Ausbildung hervorragend bei kleineren Verletzungen in der KiTa anwenden.

