
Als Gerhard Kraft vor 20 Jahren in den Kreistag einzog, konnte er nicht wissen, dass er dort auch 20 Jahre der Vorsitzende der grünen Kreistagsfraktion bleiben würde. Der damals 36-jährige hatte schon sechs Jahre Stadtratsarbeit in Gemünden hinter sich gebracht und zog 1996 erstmals in den Kreistag ein. Seine Fraktion wählte in zugleich zum Fraktionsvorsitzenden. Das geht aus einer Pressemitteilung der Fraktion hervor.
Erstmals im Kreistag und gleich Vorsitzender der Fraktion – das stieß bei anderen Fraktionssprechern nicht gerade auf Zustimmung. Er solle erst Erfahrung im Gremium sammeln und sich die Abläufe anschauen, sei ein gut gemeinter Rat gewesen, so Kraft. Doch als Kreiskämmerer Manfred Püchner und der damalige Landrat Armin Grein einen Zwischenbericht zur Haushaltslage vor der Sommerpause 1996 vortrugen, fragte er aufgrund der Zahlen nach, ob nicht ein Nachtragshaushalt notwendig sei. Der Kämmerer kam zu dem Schluss, dass dem so ist – das erste und einzige Mal im Kreis. Kraft: „Armin Grein war mir noch sehr lange böse, dass ich nachgefragt hatte und es letztendlich zum Nachtragshaushalt kam.“
In diese Zeit fiel auch die Sparkassenfusion. Kraft war Gegner der Fusion, da die Zahl der Arbeitsplätze reduziert würde und die Sparkassenausschüttungen nicht mehr passgenau fließen würden, befürchtete er.
Skepsis bei Krankenhausreform
Die erste große Krankenhausreform wurde Anfang 2000 notwendig. Hier setzten sich die Grünen dafür ein, dass alle drei Standorte im Kreis gestärkt wurden. Zur aktuellen Situation: „Hinter das, was derzeit auf diesem Gebiet läuft, mache ich mehrere sehr große Fragezeichen“, so Kraft. Als Gegner der Einhäusigkeit habe er gehofft, dass wenigstens die geltende Beschlusslage, bei der Marktheidenfeld und Karlstadt eine medizinische Nachnutzung bekommen sollen, auch zeitnah umgesetzt werde. Da sei ein Jahr nach dem Beschluss, bisher totale Fehlanzeige, so Kraft. „Zurück zur Beschlusslage!“, so Kraft. Es sei zu befürchten, dass die von Landrat Schiebel gemachten Versprechungen zu den Standorten Marktheidenfeld und Karlstadt, nämlich die Aufrechterhaltung des Betriebes bis zur Inbetriebnahme in Lohr, nicht erfüllt würden.
Auf Antrag der Grünen erfasste der Kreis 2006 den energetischen- und den Gesamtzustand seiner Liegenschaften. Ziel war die Reduzierung des Energieverbrauchs und der Verbrauchskosten. Seither werden alle Gebäude mit Bauträgerschaft des Kreises energetisch saniert und mit regenerativen Energien versorgt – sofern dies möglich und wirtschaftlich ist.
Auf Antrag der Grünen beschloss der Kreistag 2011, dass er die Bestrebungen der Bundes- und Staatsregierung in Sachen Energiewende unterstützt. „Das Ziel muss sein, den Landkreis bis spätestens zum Jahr 2035 im Bezug auf Strom und Wärme vollständig mit erneuerbaren Energien zu versorgen und das bei weitestmöglichem Verzicht auf fossile Energien“, so der Beschluss.
Keine Gentechnik im Landkreis
2007 beantragten die Grünen den Verzicht auf gentechnisch veränderte Lebensmittel in den Landkreiseinrichtungen, sowie keine Agrogentechnik in Kreis. Der Antrag fand eine Mehrheit und inzwischen wurde Main-Spessart als gentechnikfreier Landkreis ausgezeichnet.
Als größte Herausforderungen sieht Kraft die Klinikreform, Investitionen in Schulen und die Neuordnung des ÖPNV. „Wir müssen uns nach dem Ende der Main-Spessart Nahverkehrsgesellschaft neu aufstellen“, so Kraft. Das Mobilitätskonzept sei da nur ein erster Schritt. Weitere Schritte seien die Neustrukturierung der Zuständigkeiten und die personelle Bündelung im Landratsamt.