Ein sehr positives Echo hat die Übertragung des Palmsonntagsgottesdienstes aus der Lohrer Stadtpfarrkirche St. Michael gefunden. Das legen die Aussagen von freiwilligen Helfern nahe, die nach der Sendung Zuschaueranrufe entgegennahmen. Die Teilnahme an der Telefonaktion habe ihnen selbst etwas gebracht, betonten einige der Helfer.
Nach Angaben der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung (GfK) sahen rund 870.000 Zuschauer die Übertragung im ZDF. Das entspricht einem Marktanteil von zehn Prozent. Nach Ende der Sendung um 10.30 Uhr konnten Zuschauer bis 18 Uhr telefonisch Fragen stellen.
Die Zahl der Anrufer ist nach Angaben des Lohrer Pfarrbüros bislang nicht bekannt. 40 Freiwillige aus Lohr in mehreren Schichten nahmen die Anrufe entgegen. Sie waren in zehn Gruppen eingeteilt und saßen unter anderem im Pfarrhaus, im Bruder-Konrad-Haus oder auch daheim.
Koffer als neues Kreuz
Auch Pfarrer Sven Johannsen beteiligte sich an einer Schicht. "Das waren tolle Gespräche, aber auch manchmal Schicksale, die schlucken lassen", sagte er auf Anfrage dieser Redaktion. Das Bild vom Koffer in der Hand von Flüchtlingen als dem neuen Kreuz, das er in der Predigt verwendet habe, habe bei vielen Anrufern nachgewirkt.
"Das war für mich so spannend, ich würde am liebsten ein Büchlein darüber schreiben", berichtete Peter Amann. Er war in der ersten Schicht von 10.30 bis 12 Uhr: "Die Anrufe kamen ununterbrochen, ich konnte in den eineinhalb Stunden keinen Schluck Wasser trinken." Viele Anrufer hätten "dickste Komplimente" über den Lohrer Gottesdienst geäußert.
Die Einbindung der Kommunionkinder, der Chor und die Predigt von Pfarrer Johannsen seien "durchwegs positiv" aufgenommen worden. Einige Anrufer hätten sich über die Beteiligung vieler junger Leute gefreut, das gebe es in ihren Gemeinden nicht. Das "Bodenständige" des Gottesdienstes sei gut angekommen. Auch von anderen Freiwilligen habe er gehört, der Gottesdienst sei gelobt worden, weil er stimmig gewesen sei und nicht aufgesetzt gewirkt habe.
Zahlreiche Anrufer hätten ihm auch ihr Herz ausgeschüttet. Berührt hat Amann der Anruf einer 99-jährigen Frau, die ihm gesagt habe, sie habe "geweint, weil es so schön war". Andere hätten gesagt, sie verfolgten die Fernsehgottesdienste regelmäßig, aber der aus Lohr sei einer der schönsten gewesen.
Auch zur Karfreitagsprozession habe es zahlreiche Fragen gegeben. Ein Anrufer wollte von Amann wissen, ob er ihm für Karfreitag ein Doppelzimmer reservieren könne, und war enttäuscht, dass die Prozession wegen der Corona-Pandemie auch dieses Jahr ausfällt. Lustig fand Amann den Anruf einer Frau, die nichts zur Übertragung gesagt, sich aber fünf Minuten lang über den Kölner Erzbischof Woelki aufgeregt habe.
"Querbeet alles dabei"
"Es war sehr interessant, was da so 'reinkommt, es war querbeet alles dabei", erklärte Michael Schecher. Der Lohrer Gottesdienst sei sehr gelobt worden. Jemand habe ihm gesagt, noch nie habe er nach einem Fernsehgottesdienst angerufen, "aber jetzt musste ich anrufen, um mich zu bedanken". Auch bei Schecher standen die Beteiligung der Kinder, Chor und Predigt im Mittelpunkt sowie Stimmigkeit und der harmonische Ablauf.
Teilweise habe auch die persönliche Situation der Anrufer eine Rolle gespielt, so Schecher. Einen Anruf habe er an das Seelsorgeteam weitervermittelt, dessen Nummer er vom ZDF erhalten habe. Ehemalige Lohrer oder Urlauber, die einmal in Lohr gewesen seien, hätten ebenfalls angerufen.
Ihn selbst habe "das ganze Paket fasziniert, das in Deutschland durchaus Zeichen gesetzt hat". Offensichtlich brauche es solche Sendungen und er sei froh, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen sie noch bringe. Die Übertragung sei dankbar bei Menschen angekommen, die bettlägerig seien, im Rollstuhl säßen oder im Altenheim lebten und keine Gottesdienste mehr besuchen könnten. "Ich werde solche Fernsehgottesdienste künftig höher einschätzen", sagte Schecher.
Nach den Worten von Franz Wilhelm Weis war von 28 Gesprächen, die er geführt hat, nur eines kritisch. Die meisten Anrufer hätten den Gottesdienst gelobt, es sei der beste gewesen, den sie seit Jahren gesehen hätten. Es sei kein "Opern-Gottesdienst" gewesen.
Zur Karfreitagsprozession sei er viel gefragt worden. Einige Anrufer hätten sich aussprechen wollen und von ihren Schicksalen erzählt. "Für mich persönlich war das eine neue Erfahrung", sagte Weis. "Ich bin froh, dass ich dabei war, das hat mir selbst etwas gebracht."