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Lohr
Sechs Individualisten, ein Konsens: 30 Jahre SpessART
Jan Peter Kranigs letztes Gemälde vor seinem Tod 'Grenzenlos' (2017/18) 
Foto: die jeweiligen Künstler | Jan Peter Kranigs letztes Gemälde vor seinem Tod "Grenzenlos" (2017/18) 
Bearbeitet von Rita Gress
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:51 Uhr

Sie haben drei Jahrzehnte in einem Projekt gearbeitet: Ein "MalerPerfektionist", ein "SpurenSucher", ein "ExistenzGrenzgänger", eine "FarbklangMalerin", eine HarmoniePlastikerin" und ein "Fundstück-Ironiker". Entstanden ist daraus die Jubiläumsausstellung "SpessART - 30x30" oder "Die Kunst des Lebens." Am Samstag, 27. Oktober, wird sie um 11 Uhr in der Alten Turnhalle von Bürgermeister Mario Paul eröffnet. In die Werke führt Dr. Gerda Pagel aus Würzburg ein.

Das erste Plakat der 1988 gegründeten Künstlergruppe SpessART und alle weiteren gestaltete der im März 2018 verstorbene Diplom-Designer Jan Peter Kranig. 
Foto: Jan Peter Kranig | Das erste Plakat der 1988 gegründeten Künstlergruppe SpessART und alle weiteren gestaltete der im März 2018 verstorbene Diplom-Designer Jan Peter Kranig. 

Die Künstler Udo Breitenbach, Hartwig Kolb, Cornelia Krug-Stührenberg, Roland Schaller und Bettina Seitz würdigen in der Ausstellung auch ihr im März 2018 verstorbenes Gründungsmitglied Jan Peter Kranig mit einem Querschnitt durch Werke des fotorealistischen Malers und Diplom-Designers. Sein letztes Gemälde "Grenzenlos" (2017/18) war im Februar noch bei der renommierten Kunstmesse "ART Karlsruhe" ausgestellt. Gezeigt werden ebenso seine Crash-, Gras- und Lilienbilder. Ihnen gegenüber stehen frühe Gemälde wie "Heureka" aus der ersten SpessART-Ausstellung 1987.

Abstrakte Malerei von Hartwig Kolb.
Foto: Hartwig Kolb | Abstrakte Malerei von Hartwig Kolb.

Drei Jahrzehnte trugen sämtliche SpessART-Plakate Kranigs markante Handschrift. Nun übernahm Designer-Kollege Breitenbach die Gestaltung. Das Zentrum der Ausstellung bildet die Installation "30 x 30". In je fünf Werken im Format 30 mal 30 Zentimeter zeigen die Künstler Facetten ihres kreativen Schaffens über die Jahrzehnte.

Persönliche Note hinzugefügt

Dem Thema "Die Kunst des Lebens" habt jeder einen persönlichen Untertitel beigefügt. Bei Sammler Breitenbach lautet er "Leben und leben lassen". Er setzt ihn ironisierend um in Objets Trouvés wie "Falscher Prophet" oder "Meine innere Stimme sagt mir". "Lebensrhythmen" titeln die Werke des Malers und Kunsttherapeuten Kolb. Er lotet Abgründe der Existenz aus: "Memento mori" - sei dir der Sterblichkeit bewusst. Es dominieren die Primärfarben rot, gelb und blau mit Schattierungen zwischen hell und dunkel. Kontraste stehen für Lebenswendepunkte.

Antworten auf existentielle Fragen gibt Kolb mittels "lyrischer Abstraktion" von Farbe und Form. Die Malerin Cornelia Krug-Stührenberg spürt in ihren Kompositionen "Ursprung des Lebens" den Bezügen der Menschen zur Natur nach. Sie setzt sie in archaisch anmutenden Ritzungen mit Sanden und Erden um. Arbeiten wie "Dialog" (Öl und Kreide) sind geprägt von exotischen Farbklängen und der Magie innerer Welten. In ihren Kleinformaten thematisiert sie Zwiegespräche von Mensch zu Mensch beziehungsweise zu Tier und Element. Rot steht als Symbolträger für das Leben, die fragmentarische Darstellung stellt Nähe zu steinzeitlichen Höhlenzeichnungen her.

Der Maler und Zeichner Roland Schaller transformiert "Kunst des Lebens" in seinen Handzeichnungen "Carnevale di Satiro" und "Cavalo carnevalesco" (Pastell, Acryl, Collage auf Graupappe) in "Lust des Lebens". Diese Arbeiten wurden jüngst beim Europäischen Kunstpreis der Rosenheim-Stiftung für die Endausstellung nominiert. In "Ballo con toro" verkehrt sich ekstatische Gelassenheit abrupt ins Gegenteil. Ein aggressiver Stier steht wie bei Picassos Aufschrei "Guernica" für Gewalt und Brutalität. Unter den Exponaten ist ebenso das plastische Modell "Mopper und Schnüdel", das Bezug zur Lohrer Lokalgeschichte nimmt.

Das Gemälde 'Dialog' von Cornelia Krug-Stührenberg. 
Foto: Cornelia Krug-Stührenberg | Das Gemälde "Dialog" von Cornelia Krug-Stührenberg. 

Das Unterthema der in Sligo/Irland lebenden Bildhauerin Bettina Seitz lautet "Zyklen des Lebens". In Skulpturen und Plastiken wie "Empty Your Heart" findet das Motiv Mensch und Paar seine archetypische Gestalt als Sinnbild für Harmonie. Seitz' Kleinformate sind von den gewaltigen kosmischen Energien der Ballygawley Berge bei Sligo und der zyklischen Verwandlung der Sagengestalt "Cailleach Bhérra" (Nonne, Verhüllte, Hexe) aus der gälischen Mythologie inspiriert.

Im Jahr 1987 gegründet

Was die Künstlergruppe SpessART seit 30 Jahren zusammenhält, ist nicht ein roter Faden in Arbeitsthemen und Techniken, sondern Respekt vor der Arbeit der anderen und daraus resultierend Kontinuität im gemeinsamen Veröffentlichen. Ihre Existenz geht auf Klaus Fritsch zurück.

Auf Einladung des ehemaligen Geschäftsführers der Rexroth-Tochter "Indramat" trafen sich im Herbst 1986 Künstler aus Lohr und Umgebung zur gemeinsamen Ausstellung anlässlich der Einweihung von Indramat. Damit sollte eine Verbindung geschlossen werden zwischen der in Lohr ansässigen Industrie und anderen gesellschaftlichen Bereichen.

Vertreten waren Wolfgang Dehm, Michael Henning, Susanne Jördens, Jan Peter Kranig, Margot Krug-Grosse, Cornelia Krug-Stührenberg, Mario Sanden, Lev Sigalevitch und Roland Schaller. Ende 1987 veranstalteten sie ihre "Erste Weihnachtsausstellung Lohrer Künstler". Aufgrund der guten Resonanz beider Präsentationen kam es zur Bildung der Künstlergruppe "SpessART".

In Frankreich ausgestellt

Die erste Präsentation unter diesem Markenzeichen fand im November/Dezember im Alten Rathaus statt und fand ihre jährliche Fortsetzung zunächst an gleichem Ort, später in der Städtischen Galerie am Schlossplatz. Ausstellungen folgten in der Partnerstadt Quistraham/Frankreich, in Fulda, Gelnhausen, Aschaffenburg und im Spitäle in Würzburg aus.

Seit Eröffnung der "Alten Turnhalle" am 21. Mai 2016 präsentieren die Künstler ihr Schaffen in der Kulturhalle Gärtnerstraße. Von den Gründungsmitgliedern sind noch Krug-Stührenberg und Schaller dabei, Kranig starb im März 2018. Verstorben sind 1999 Jördens und Krug-Grosse und 2004 Sigalevitch. SpessART versteht sich nicht als programmatische Künstlergruppe.  Die Mitglieder haben sich keiner gemeinsamen Kunstrichtung verschrieben. Der Konsens liegt in der Achtung der individuellen Kreativität.

Die Ausstellung in der Alten Turnhalle ist bis 11. November zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Mittwoch bis Sonntag 14 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 18 Uhr. Allerheiligen 11 bis 18 Uhr. Während der Ausstellung finden statt: 1. November um 19 Uhr Kulturnacht mit Einführung von Pater Meinrad Duffner, Künstler und Autor im Kloster Münsterschwarzach, zum Thema "Die Kunst des Lebens." 11. November um 17 Uhr Finissage mit der Mostrich Blues Band (Eintritt frei).

 
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