Die Nachfrage nach Kinderschwimmkursen? Wenn es nur nach der ging, könnte sie den ganzen Tag Kurse geben, sagt Karin Höhn. Seit rund zehn Jahren ist die Karlstadterin Übungsleiterin für den TSV Karlstadt. Normalerweise gibt sie im Grundschullehrbad zweimal die Woche Schwimmtraining für Fünf- bis Siebenjährige. Bringt Frauen mit Migrationshintergrund das Schwimmen bei oder verbessert bei geübteren Schwimmern die Technik. Seit der Pandemie aber ist alles anders. Im Herbst musste Höhn ihre Kurse abbrechen. Erst im Mai konnte sie vermelden: Es geht weiter.
Zwei Kurse mit je elf bis zwölf Kindern kann Höhn derzeit in Karlstadt unter der Woche anbieten. Die Kurse finden derzeit im Karlstadter Freibad statt. Einer ist komplett mit Abbrechern vom Vorjahr voll. Der andere mit all den Fünf- und Sechsjährigen, die schon fieberhaft darauf gewartet haben, auch endlich schwimmen zu lernen. "Die Kinder sind total begeistert und motiviert", erzählt Höhn. Aber sie merkt auch: Nicht alle sind das Element Wasser mehr gewohnt, den es fordert den kleinen Körpern einiges ab. Die Kinder kühlen rasch aus. Nach 45 Minuten Kurs ist deshalb bei ihr Schluss.
Auch Ferien-Crash-Kurse schon alle voll
Um möglichst vielen Kindern den Sommer über das Schwimmen beizubringen, bietet Höhn in den Ferien zusätzlich drei Crash-Kurse hintereinander an. Die Kurse sind auch schon alle voll. Trotzdem gibt es immer noch eine Warteliste mit Kindern, die nicht berücksichtigt werden konnten. Für Karin Höhn liegt das Problem auf der Hand: Um den Stau an Nichtschwimmern aufzulösen bräuchte es mehr Schwimmstätten und mehr Personal. Beides aber ist Mangelware. Da nützt es auch nichts, wenn Bayerns Grund- und Vorschulkinder nach den Ferien einen 50-Euro-Gutschein zum Erwerb des Frühschwimmerabzeichens erhalten sollen. Karin Höhn ist froh, dass sie immer noch Helfer hat. Die meisten hat sie selbst ausgebildet, denn sie ist auch im Nachwuchstraining im Triathlon-Verein Karlstadt aktiv.
Ebenfalls im Mai hat die Schwimmschule Flipper in Marktheidenfeld wieder ihren Betrieb aufgenommen. "Wir haben einen Run auf alle Kurse, angefangen von der Seniorenwassergymnastik bis zu den Babyschwimmkursen", sagt Stefan Gallitz, technischer Leiter der Schwimmschule, die es seit 2015 in Marktheidenfeld gibt. Vor allem aber stapele es sich bei den Kinderschwimmkursen. "Es fehlt ein Jahrgang und einer drängt von hinten nach", beschreibt es der Leiter.
Rund 100 Kinder stünden derzeit auf der Warteliste. "Vom zeitlichen her könnten wir auch mehr anbieten", so Gallitz. Schon jetzt bietet die Schwimmschule an fast jedem Tag der Woche Kurse an, auch am Wochenende. Und auch die Örtlichkeiten sind nicht das Problem. Die Schwimmschule in der Baumhofstraße in Marktheidenfeld hat ihr eigenes acht auf zwölf Meter großes Lehrschwimmbecken. Das, was fehlt sind die Trainer.
"Wir haben bereits über die sozialen Netzwerke versucht, Schwimmtrainer oder welche, die es werden wollen, zu bekommen", so Gallitz. Wer geeignet sei? Schüler, Studenten, Hausfrauen im Nebenjob. Aber auch, wer interessiert ist, sei nicht von heute auf morgen einsetzbar. Bei Flipper werden die Trainer in der eigenen Akademie ausgebildet. Die Ausbildungszeit liegt zwischen einem viertel bis zu einem halben Jahr. "Im Bereich Babyschwimmen haben wir die Trainer auch online ausbilden können", berichtet Gallitz. Im Bereich Kinderschwimmen aber braucht es einen Praxistag und Hospitationen. Er hofft und rechnet damit, ab September wieder mehr Kapazitäten anbieten zu können.
Eltern werden zu Schwimmlehrern: Wasserwacht unterstützt
Aber auch für alle Eltern, die für ihren Nachwuchs bisher keinen Kurs bekommen haben, ihn aber trotzdem so schnell wie möglich schwimmfit sehen möchte, gibt es eine Lösung: Sie bringen ihren Kindern das Schwimmen selbst bei. Unterstützung erhalten sie dabei durch die Aktion "Bayern schwimmt" der Wasserwacht-Bayern unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Ilse Aigner. In insgesamt elf YouTube-Tutorials hat die Wasserwacht-Bayern zusammengestellt, was Kindern, Eltern und Lehrern helfen soll, das Schwimmen zu erlernen sowie die wichtigsten Dinge zu erfahren, die ihnen am und im Wasser passieren können.
Die Aktion startete 2019 – damals noch in Präsenz. Die Online-Tutorials entstanden dann 2020 mit Beginn der Corona-Pandemie. Ebenfalls empfehlenswert: Die Broschüre „Selfmade Schwimmkurs“ der Wasserwacht Thannhausen aus Schwaben, die sich im Internet heruntergeladen werden kann.
Auch die Wasserwacht Ortsgruppe Marktheidenfeld beteiligte sich 2019 an der "Bayern-schwimmt"-Aktion, besuchte die Grundschule in Marktheidenfeld und sprach mit den Kindern über Baderegeln und das Verhalten im und am Wasser. "Wir haben gemerkt: Viele Kinder sind extrem fit. Oft fehlt dann aber der routinierte Umgang mit dem Wasser, zum Beispiel, dass die Kinder sich trauen die Augen unter Wasser aufzumachen oder eine längere Strecke zu tauchen", erläutert Marc Rechenberg von der Ortsgruppe. "Hier kann man schon im Kindergarten anfangen, zu sensibilisieren", ergänzt seine Kollegin Stefanie Glaser. “Pitsch, patsch, Wasser macht uns allen Spaß!” heißt der Präventivkurs, mit dem sie vor Corona bereits in Kindergärten in der Region unterwegs war.
Sind Kinder fit im Schwimmen, kann das Seepferdchen-Abzeichen – unabhängig von einem Kurs –auch vom Bademeister abgenommen werden. Allerdings bedeutet das Schwimmabzeichen nicht, dass der Nachwuchs ab diesem Zeitpunkt unbeaufsichtigt schwimmen sollten. "Das Seepferdchen ist das erste Schwimmabzeichen. Es bedeutet, dass ein Kind sich an das Wasser gewöhnt hat", schreibt die DLRG in ihrem Leitfaden. Es bedeute aber nicht, dass es sicher schwimmen kann.