zurück
Karlstadt
Schwimmkurse am Limit: Warum viele Kinder warten müssen
Seit Mai sind sie wieder möglich: Schwimmkurse. Noch aber müssen sich viele Eltern mit einem Platz auf der Warteliste begnügen. Denn es mangelt an Personal und an Schwimmbädern. 
Seit Mai laufen im Karlstadter Freibad wieder Schwimmkurse: Karin Höhn (im Bild) und Kai Estenfelder unterrichten die fünf- bis sechsjährigen Schwimmschüler. 
Foto: Karlheinz Haase | Seit Mai laufen im Karlstadter Freibad wieder Schwimmkurse: Karin Höhn (im Bild) und Kai Estenfelder unterrichten die fünf- bis sechsjährigen Schwimmschüler. 
Lucia Lenzen
 |  aktualisiert: 20.08.2021 02:34 Uhr

Die Nachfrage nach Kinderschwimmkursen? Wenn es nur nach der ging, könnte sie den ganzen Tag Kurse geben, sagt Karin Höhn. Seit rund zehn Jahren ist die Karlstadterin Übungsleiterin für den TSV Karlstadt. Normalerweise gibt sie im Grundschullehrbad zweimal die Woche Schwimmtraining für Fünf- bis Siebenjährige. Bringt Frauen mit Migrationshintergrund das Schwimmen bei oder verbessert bei geübteren Schwimmern die Technik. Seit der Pandemie aber ist alles anders. Im Herbst musste Höhn ihre Kurse abbrechen. Erst im Mai konnte sie vermelden: Es geht weiter. 

Zwei Kurse mit je elf bis zwölf Kindern kann Höhn derzeit in Karlstadt unter der Woche anbieten. Die Kurse finden derzeit im Karlstadter Freibad statt. Einer ist komplett mit Abbrechern vom Vorjahr voll. Der andere mit all den Fünf- und Sechsjährigen, die schon fieberhaft darauf gewartet haben, auch endlich schwimmen zu lernen. "Die Kinder sind total begeistert und motiviert", erzählt Höhn. Aber sie merkt auch: Nicht alle sind das Element Wasser mehr gewohnt, den es fordert den kleinen Körpern einiges ab. Die Kinder kühlen rasch aus. Nach 45 Minuten Kurs ist deshalb bei ihr Schluss. 

Auch Ferien-Crash-Kurse schon alle voll

Um möglichst vielen Kindern den Sommer über das Schwimmen beizubringen, bietet Höhn in den Ferien zusätzlich drei Crash-Kurse hintereinander an. Die Kurse sind auch schon alle voll. Trotzdem gibt es immer noch eine Warteliste mit Kindern, die nicht berücksichtigt werden konnten. Für Karin Höhn liegt das Problem auf der Hand: Um den Stau an Nichtschwimmern aufzulösen bräuchte es mehr Schwimmstätten und mehr Personal. Beides aber ist Mangelware. Da nützt es auch nichts, wenn Bayerns Grund- und Vorschulkinder nach den Ferien einen 50-Euro-Gutschein zum Erwerb des Frühschwimmerabzeichens erhalten sollen. Karin Höhn ist froh, dass sie immer noch Helfer hat. Die meisten hat sie selbst ausgebildet, denn sie ist auch im Nachwuchstraining im Triathlon-Verein Karlstadt aktiv. 

Ebenfalls im Mai hat die Schwimmschule Flipper in Marktheidenfeld wieder ihren Betrieb aufgenommen. "Wir haben einen Run auf alle Kurse, angefangen von der Seniorenwassergymnastik bis zu den Babyschwimmkursen", sagt Stefan Gallitz, technischer Leiter der Schwimmschule, die es seit 2015 in Marktheidenfeld gibt. Vor allem aber stapele es sich bei den Kinderschwimmkursen. "Es fehlt ein Jahrgang und einer drängt von hinten nach", beschreibt es der Leiter.

Endlich wieder Wasser: Schwimmlehrerin Sandra Seitz (links vorne) kann in der Flipper- Schwimmschule in Marktheidenfeld nach langer Coronapause wieder Kurse anbieten. Hier zu sehen: Ganz junge Schwimmer bei der Wassergewöhnung mit Eltern.
Foto: Tabea Goppelt | Endlich wieder Wasser: Schwimmlehrerin Sandra Seitz (links vorne) kann in der Flipper- Schwimmschule in Marktheidenfeld nach langer Coronapause wieder Kurse anbieten.

Rund 100 Kinder stünden derzeit auf der Warteliste. "Vom zeitlichen her könnten wir auch mehr anbieten", so Gallitz. Schon jetzt bietet die Schwimmschule an fast jedem Tag der Woche Kurse an, auch am Wochenende. Und auch die Örtlichkeiten sind nicht das Problem. Die Schwimmschule in der Baumhofstraße in Marktheidenfeld hat ihr eigenes acht auf zwölf Meter großes Lehrschwimmbecken. Das, was fehlt sind die Trainer.

"Wir haben bereits über die sozialen Netzwerke versucht, Schwimmtrainer oder welche, die es werden wollen, zu bekommen", so Gallitz. Wer geeignet sei? Schüler, Studenten, Hausfrauen im Nebenjob. Aber auch, wer interessiert ist, sei nicht von heute auf morgen einsetzbar. Bei Flipper werden die Trainer in der eigenen Akademie ausgebildet. Die Ausbildungszeit liegt zwischen einem viertel bis zu einem halben Jahr. "Im Bereich Babyschwimmen haben wir die Trainer auch online ausbilden können", berichtet Gallitz. Im Bereich Kinderschwimmen aber braucht es einen Praxistag und Hospitationen. Er hofft und rechnet damit, ab September wieder mehr Kapazitäten anbieten zu können. 

Eltern werden zu Schwimmlehrern: Wasserwacht unterstützt

Aber auch für alle Eltern, die für ihren Nachwuchs bisher keinen Kurs bekommen haben, ihn aber trotzdem so schnell wie möglich schwimmfit sehen möchte, gibt es eine Lösung: Sie bringen ihren Kindern das Schwimmen selbst bei. Unterstützung erhalten sie dabei durch die Aktion "Bayern schwimmt" der Wasserwacht-Bayern unter der Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Ilse Aigner. In insgesamt elf YouTube-Tutorials hat die Wasserwacht-Bayern zusammengestellt, was Kindern, Eltern und Lehrern helfen soll, das Schwimmen zu erlernen sowie die wichtigsten Dinge zu erfahren, die ihnen am und im Wasser passieren können.

Die Aktion startete 2019 – damals noch in Präsenz. Die Online-Tutorials entstanden dann 2020 mit Beginn der Corona-Pandemie. Ebenfalls empfehlenswert: Die Broschüre „Selfmade Schwimmkurs“ der Wasserwacht Thannhausen aus Schwaben, die sich im Internet heruntergeladen werden kann. 

Momentan fehlt vielen Kindern die Wasser-Routine: Sagen Marc Rechenberg und Stefanie Glaser von der Wasserwacht Marktheidenfeld.
Foto: Lucia Lenzen | Momentan fehlt vielen Kindern die Wasser-Routine: Sagen Marc Rechenberg und Stefanie Glaser von der Wasserwacht Marktheidenfeld.

Auch die Wasserwacht Ortsgruppe Marktheidenfeld beteiligte sich 2019 an der "Bayern-schwimmt"-Aktion, besuchte die Grundschule in Marktheidenfeld und sprach mit den Kindern über Baderegeln und das Verhalten im und am Wasser. "Wir haben gemerkt: Viele Kinder sind extrem fit. Oft fehlt dann aber der routinierte Umgang mit dem Wasser, zum Beispiel, dass die Kinder sich trauen die Augen unter Wasser aufzumachen oder eine längere Strecke zu tauchen", erläutert Marc Rechenberg von der Ortsgruppe. "Hier kann man schon im Kindergarten anfangen, zu sensibilisieren", ergänzt seine Kollegin Stefanie Glaser. “Pitsch, patsch, Wasser macht uns allen Spaß!” heißt der Präventivkurs, mit dem sie vor Corona bereits in Kindergärten in der Region unterwegs war. 

Sind Kinder fit im Schwimmen, kann das Seepferdchen-Abzeichen – unabhängig von einem Kurs –auch vom Bademeister abgenommen werden. Allerdings bedeutet das Schwimmabzeichen nicht, dass der Nachwuchs ab diesem Zeitpunkt unbeaufsichtigt schwimmen sollten. "Das Seepferdchen ist das erste Schwimmabzeichen. Es bedeutet, dass ein Kind sich an das Wasser gewöhnt hat", schreibt die DLRG in ihrem Leitfaden. Es bedeute aber nicht, dass es sicher schwimmen kann. 

Schwimmförderung durch den Landkreis

Spezielle Fördermaßnahmen für Schwimmkurse seitens des Landkreises gibt es derzeit nicht, informiert die Pressestelle des Landratsamts. Allerdings sorge der Landkreis durch die Organisation der Schulschwimmstunden dafür, dass Kinder und Jugendliche der weiterführenden Schulen in den Hallenbädern in Arnstein, Karlstadt, Gemünden, Lohr und (bis vor Kurzem) in Marktheidenfeld im Schwimmen unterrichtet werden, heißt es in der Antwort. 
Dafür wendete der Landkreis beispielsweise im Jahr 2019 rund 290 000 Euro für den Schwimmunterricht der weiterführenden Schulen auf.
Quelle: LRA MSP
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Karlstadt
Marktheidenfeld
Lucia Lenzen
Babyschwimmen
Covid-19-Pandemie
Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft
Downloads
Hausfrauen
Ilse Aigner
Lehrerinnen und Lehrer
Schulen
Schwimmkurse
Schwimmlehrer
Schwimmunterricht
TSV Karlstadt
Vorschulkinder
Wasserwacht
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • attheendoftheday
    In meiner Kindheit bot die Wasserwacht Karlburg Schwimmkurse für Kinder an. Oder TSV Karlstadt ....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • weber-d@t-online.de
    .....und warum bringen Eltern ihren Kindern das Schwimmen nicht selber bei? Als Eltern muss man dann aber Zeit, Geduld und Einfühlsvermögen einbringen. Man muss sich mit seinem Kind beschäftigen, es in seiner Art kennenlernen und aktzeptieren. Ich sehe darin nur Vorteile für Eltern und Kinder. Es ist aber "hipper" zu sagen das mein Kind, ganz wichtig, einen Schwimmkurs belegt und übersieht, das man dafür gemeinsame Erfahrungen, die zusammenschweißen, aufgibt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • flyarcus@gmx.de
    @ufr...als ich in den frühen dreißigern das Schwimmen lernen mußte, hat eigentlich kaum einer schwimmen können. Wir sind damals mit dem LKW nach Frankfurt gefahren worden um im dortigen Hafen das schwimmen zu lernen. Diejenigen Eltern, die nicht mitfuhren, mußten Strafe bezahlen. Ein Schwimmkurs ist besser, weil nicht jedes Elternteil das Schwimmen lehren kann. Außerdem ist es auch etwas schönes, hatte dort meine 2. Frau kennen gelernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Erding
    Schwimmen lernen und Schwimmen lehren sind zwei Paar Stiefeln. Es soll von Anfang an "möglichst" gleich richtig gelernt werden. Das gilt doch auch für andere Bereiche, wie Musik lernen, "Ballett", Basteln, "Segelfliegen", Autofahren etc. "Sie merken schon ... e weng. Wenn mehr daraus werden soll, dann sollte schon sehr "richtig" gelernt werden. Und mit anderen Kindern zusammen. Macht doch mehr Spaß. Eltern dürfen auch mal verschnaufen und selber die eine oder andere Runde in der Zeit schwimmen - und auch Tauchen!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten