"Mit aller Entschiedenheit" lehnte der Thüngener Gemeinderat im März 2017 den Verlauf der Stromtrasse SuedLink durchs Gemeindegebiet ab. Vier Jahre später plant TransnetBW immer noch die Trassenführung durch den Thüngener Wald. Der SuedLink bringt Strom von Norddeutschland in den Süden der Republik, die Leitungen werden überwiegend unterirdisch verlegt.
Im Landkreis Main-Spessart führt er durch das Gebiet von Arnstein, Thüngen, Retzstadt und Retzbach. Das wird baulich teilweise anspruchsvoll, zudem gibt es noch Widerstände von Bürgern und Kommunen zu überwinden. Die Betreibergesellschaft TransnetBW hat den ursprünglich einen Kilometer breiten Korridor im November auf 100 Meter verengt. Christopher Göpfert, Bürgerreferent des Unternehmens, sagt: "Je länger der Dialog läuft, umso sachlicher wird er." Er sehe in Main-Spessart "keine fundamentale Opposition" gegen das Projekt.
Thüngen fürchtet die Rodung eines wertvollen Waldstücks
In Thüngen werde die Trasse voraussichtlich durch ein Waldstück laufen, das vor nicht allzu langer Zeit zur Verlegung von Gasleitungen gerodet und wieder aufgeforstet wurde. "Ich verstehe, dass darüber keine Begeisterung herrscht", sagt Göpfert. Thüngens Bürgermeister Lorenz Strifsky sagt: "Eine erneute Rodung wäre total unverständlich. Wir haben dort Bäume gepflanzt, die Klimawandel-resistent sind."
Laut Strifsky sei das Thüngener Waldstück "wertvoller" als der nah gelegene Arnsteiner Wald, in dem Fichten und andere Bäume stünden, "die ohnehin kaputt gehen". TransnetBW habe den Thüngenern auch eine unterirdische Verlegung in Aussicht gestellt. Das, lässt Strifsky durchblicken, würde der Marktgemeinderat wohl zähneknirschend akzeptieren. Christopher Göpfert sagt, das Unternehmen suche nach Alternativen, aber manchmal sei der Weg durch den Wald eben unvermeidbar.
Eine andere Herausforderung wartet bei Retzbach auf die Trassenbauer. Dort gilt es zunächst den Höhenunterschied von den Weinbergen ins Tal zu überwinden und dann in einer Bohrung die Bundesstraße, die Bahnstrecke und den Main zu unterqueren. In der Regel geschieht die Verlegung der Kabel im sogenannten Spülbohrverfahren, ohne dass ein Graben ausgehoben werden muss. Eine Bohranlage bohrt dabei einen unterirdischen Kanal und zieht im Rückzug Rohre ein, in die die Stromleitungen eingezogen werden.
Die Stromkabel sind rund 20 Zentimeter stark und maximal einen Kilometer lang. Sie werden überirdisch in "Muffencontainern" verbunden und dann wieder in den Boden verlegt, in 1,30 bis 1,50 Meter Tiefe. Unter dem Main wird's deutlich tiefer, da müssen 2,50 bis drei Meter Abstand zur Gewässersohle gehalten werden.
Schwierig ist es auch, die Kabel unter Bahngleisen zu verlegen. Dafür muss mit der DB ein "Kreuzungsvertrag" geschlossen werden. "Die Bahn ist sehr vorsichtig bei Unterquerungen ihrer Schienen, vor allem auf ICE-Strecken", sagt Christopher Göpfert. Das Unternehmen befürchte Setzungen und bestehe zuweilen auf ein anderes Verfahren als die Spülbohrungen.
In Kürze stehen Probebohrungen an
In den nächsten Monaten wird TransnetBW an vielen Stellen entlang der Strecke Probebohrungen vornehmen, um die Beschaffenheit des Untergrunds zu erforschen. Auf Grundlage dieser Untersuchungen soll dann der endgültige Trassenverlauf innerhalb des 100-Meter-Korridors festgelegt werden. "Wir bewerten die Bodenbeschaffenheit, die Umweltverträglichkeit, mögliche Konflikte mit Drainagen, Wasserleitungen oder Glasfaserkabeln und die Kosten", so Göpfert. Daraus destilliert TransnetBW dann den aus ihrer Sicht besten acht bis zwölf Meter breiten Korridor, in dem der SuedLink verlaufen soll.
Dieser konkrete Leitungsverlauf kommt ins Planfeststellungsverfahren, in dem ein weiteres Mal Kommunen, Bürger und andere Träger öffentlicher Belange zu Wort kommen. "Letztlich legt die Bundesnetzagentur den finalen Korridor fest", erläutert Göpfert. Wann das der Fall sein könnte, vermag er nicht vorauszusagen. "Wir denken in kleinen Schritten und hoffen, dass ab Juni wieder Eigentümerdialoge und Info-Veranstaltungen möglich sind." Zurzeit sei er für Bürgersprechstunden per Videocall erreichbar.
Wohin mit dem Umspannwerk?
Zu klären ist auch noch, wo im Landkreis eine 77 mal 83 Meter große Kabelabschnittstation (KAS) errichtet wird. "Etwa alle 120 Kilometer muss das Kabel mal aus dem Boden raus und zugänglich gemacht werden", so Göpfert. Dies ermögliche Messungen sowie Untersuchungen im Störungsfall. Eine solche Station, die aussieht "wie ein kleines Umspannwerk", könne in Thüngen, Arnstein oder Retzstadt entstehen. "TransnetBW wird das dafür nötige Grundstück kaufen."
Laut Göpfert werde eine solche umzäunte KAS mit einem 26 Meter hohen Blitzschutzmast, kleineren Strommasten und einem Betriebsgebäude "keine ästhetische Bereicherung". Deshalb käme ein Standort beispielsweise in der Nähe von Windrädern infrage.
Strom will jede/r, aber nur ohne Kabel.
Vielleicht sollte man mal einen Großversuch machen und überall wo die Leute über zuviel Kabel jammern gleich alle abbauen? Besser brächte man wahrscheinlich die dezentrale Energie"erzeugung" nicht voran... gg... und ### die 10xH-Regelung... nochmal: gg...
(Vorsicht: gemäßigter Sarkasmus)