zurück
Main-Spessart/Würzburg
Schwester der Lebensgefährtin missbraucht: Gericht verurteilt Mann zwanzig Jahre nach der Tat zu Haftstrafe
Ein weitgehendes Geständnis bewahrt einen 52-Jährigen vor einer längeren Haftstrafe. Polizeilich bekannt wurden die Taten erst nach einem Suizidversuch der Betroffenen.
Das Landgericht Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier (Symbolbild) | Das Landgericht Würzburg.
Christian Ammon
 |  aktualisiert: 12.12.2024 02:36 Uhr

Sie war gerade einmal zwölf Jahre alt und stand an der Schwelle zur Pubertät, als die Übergriffe des damaligen Lebensgefährten ihrer älteren Schwester begannen. Noch heute – beinahe zwanzig Jahre nach den nun am Würzburger Landgericht in einem Berufungsverfahren verhandelten Taten - befindet sich das Opfer in intensiver therapeutischer Behandlung. Doch die Therapie ruht: So lange das Gerichtsverfahren läuft, sei eine Therapie nicht sinnvoll möglich, erläuterte Anwalt Klaus Brönner, der die Frau als Nebenklägerin vor Gericht vertrat.

Das Amtsgericht Gemünden hatte im vergangenen Herbst den heute 52-jährigen Täter zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Urteil wurde jedoch nicht rechtskräftig. Der Mann, der im Landkreis Main-Spessart lebt, hatte Berufung eingelegt. Vorsitzender Richter Thomas Trapp ließ gleich zu Beginn der Verhandlung jedoch keinen Zweifel daran, dass die Schwere der Tat, die Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses und vor allem die massiven Folgen für die Geschädigte und ihre Familie eine Bewährungsstrafe nicht zulassen. Dennoch korrigierte das Landgericht in seinem Urteil die Höhe der Gesamtstrafe für die insgesamt sieben angeklagten Fälle – darunter dreimal schwerer sexueller Missbrauch – auf zwei Jahre und sechs Monate.

Richter: Angeklagter soll Verantwortung für die Taten übernehmen

Das Gericht würdigte vor allem das ausführliche Geständnis des Täters für die lange zurückliegenden und nur noch schwer zu rekonstruierenden Fälle. Bei einer Neuauflage der Verhandlung wäre ein langwieriges Verfahren zu erwarten gewesen. "Wir müssen jede Tat im einzelnen ausbreiten, wir werden hier tagelang verhandeln", hatte Richter Trapp dem Angeklagten erklärte. Weitere Vernehmungen würden nur zu weiterem Schaden führen. Er habe mit seinen Handlungen einen "Trümmerhaufen" hinterlassen und eine "ganze Familie zerstört". Es sei an der Zeit, dass er die Verantwortung für seine Taten übernehme und das Verfahren damit zu Ende gehe.

Die Vorfälle ereigneten sich 2005 und 2006 in der Wohnung des Angeklagten. Die damalige Lebensgefährtin des Fliesenlegers übernachtete an mehreren Wochenenden gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrer jüngeren Schwester. Sie hatte so großes Vertrauen zu dem Mann, dass sie die beiden 12 und 13 Jahre alten Mädchen bei ihm alleine ließ, um ihre Arbeitsstelle zu besuchen. Er nutzte die Gelegenheit und berührte die im Wohnzimmer schlafende Schwester der Lebensgefährtin wiederholt im Intimbereich. Dabei kam es auch zu schwerem Missbrauch. Sein Vorgehen versuchte er zu vertuschen. Er drohte damit, dass sie ihre Schwester verlieren werde. Darüber hinaus soll es weitere gravierende Vorfälle noch bis 2012 gegeben haben. Mit der Einstellung weiterer Ermittlungen hatte sich zuvor bereits die Staatsanwaltschaft für den Schutz der Betroffenen entschieden.

Taten wurden erst nach Suizidversuch der Betroffenen bekannt

Polizeilich bekannt wurden die Taten jedoch erst nach einem Suizidversuch der Betroffenen und ihren Aussagen während einer stationären Behandlung 2021. In der Familie waren die Taten deutlich länger bekannt: An Weihnachten 2013 soll der Mann sich aus Anlass der Geburt eines seiner beiden Söhne, die er mit einer weiteren Schwester der früheren Lebensgefährtin hatte und mit der er bis zur Scheidung der Ehe verheiratet war, zu den Taten bekannt haben. Daraufhin begann er für drei Jahre eine Therapie, um seine pädophilen Neigungen in den Griff zu bekommen.

Ein Gutachter bestätigte dem Gericht, dass der Mann zum Tatzeitpunkt eine "Pädophilie als Nebenströmung" entwickelt hatte. Er gehe davon aus, dass er heute von "überschaubarer Gefährlichkeit" sei. Allerdings: Lebenssituationen, die vergleichbar zu denen der Tatzeit sind, müssten, so der Psychotherapeut, unbedingt vermieden werden: "Er darf nicht in engem Kontakt zu präpubertierenden Mädchen sein."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christian Ammon
Amtsgericht Gemünden am Main
Gerichtsprozesse und Gerichtsverfahren
Männer
Schwestern
Staatsanwaltschaft Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top