Main-Spessart Fast jeder zehnte Deutsche ist verschuldet. Das sind insgesamt 6,7 Millionen Menschen und 90 000 mehr als im vergangenen Jahr, wie der Schuldneratlas 2014 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeigt. Im Landkreis Main-Spessart sind mit einer Zahl von 5700 vergleichsweise wenige Menschen überschuldet, dafür aber gleich mit hohen Summen. Bei der Schuldnerberatung im Landratsamt Karlstadt können sie sich Hilfe suchen. Christian Maltry berät hier seit 1988.
Christian Maltry: Es gibt natürlich einen engen Zusammenhang, wenn auch keine 1 : 1-Relation, zwischen Überschuldungsproblematik und wirtschaftlicher Gesamtsituation. Die wirtschaftliche Lage des Landkreises ist sicher wesentlich günstiger als die vieler anderer Gebietskörperschaften. So liegt etwa die Arbeitslosenquote im Landkreis bei nur 2,1 Prozent gegenüber 6,3 Prozent im Bundesdurchschnitt. Die vergleichsweise günstige Schuldnerquote in Main-Spessart bedeutet aber immer noch, dass rund 5700 Landkreisbürger von Überschuldung betroffen sind. Überschuldung ist in vielen Fällen mit teils erheblichen Folgeproblemen verbunden.
Maltry: Die Nachfrage nach Schuldnerberatung ist seit der Gründung kontinuierlich gestiegen, wie übrigens auch die Verschuldung der Verbraucher insgesamt. Der Landkreis hat darauf mit dem Ausbau der Beratungskapazitäten reagiert.
Maltry: Überschuldung, die aus einer gescheiterten Selbstständigkeit oder Hausfinanzierung resultiert, spielt im Bundesdurchschnitt eine deutlich geringere Rolle als im Landkreis. Naturgemäß geht es aber in diesen Kreditbereichen um wesentlich höhere Beträge als dies bei üblichen Konsumentenkrediten der Fall ist. Entsprechend erklärt sich die starke Abweichung überwiegend mit „geplatzten“ Hausfinanzierungen und gescheiterten Selbstständigkeiten.
Hauptauslöser der Überschuldung im Landkreis sind in absteigender Reihenfolge: Arbeitslosigkeit, eine gescheiterte Selbstständigkeit, Trennung bzw. Scheidung und gescheiterte Immobilienfinanzierung. Es zeigt sich, dass in der Mehrzahl der Fälle die Ursachen einer Überschuldung nicht in individuellem Fehlverhalten liegen, sondern Umständen geschuldet sind, auf die der Einzelne keinen oder allenfalls nur beschränkt Einfluss hat.
Maltry: Die Beratungsansätze sind so vielfältig wie die individuellen Problemlagen. Am Anfang jeder Beratung steht eine ausführliche Anamnese der Situation des Haushaltes. Soweit nötig, werden gleichzeitig Kriseninterventionsmaßnahmen, etwa bei Energiesperren oder drohendem Wohnungsverlust, veranlasst. Zusätzlich müssen gegebenenfalls Schuldnerschutzmaßnahmen eingeleitet werden, beispielsweise, indem Bescheinigungen über die Höhe des unpfändbaren Betrages auf einem Pfändungsschutzkonto ausgestellt werden.
Erst wenn die Situation des Haushaltes ausreichend stabilisiert ist, kann die Schuldenproblematik angegangen werden. Das Spektrum möglicher Lösungen reicht dabei von einigen wenigen Beratungen zu Haushaltsführung oder Einzelproblemen, über Einzelverhandlungen mit Gläubigern, bis hin zur Vorbereitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und der Begleitung über die gesamte Verfahrensdauer bis zur Restschuldbefreiung.