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Schuldnerberatung: Wenn der Schuldenberg zu groß wird
Schon bevor die Pfändung droht, sollten Schuldner sich gut informieren. Beratung gibt es unter anderem im Landratsamt.
Foto: Kai Remmers, dpa | Schon bevor die Pfändung droht, sollten Schuldner sich gut informieren. Beratung gibt es unter anderem im Landratsamt.

Das Gespräch führte

Franziska Jünger

 |  aktualisiert: 03.12.2014 16:42 Uhr

Main-Spessart Fast jeder zehnte Deutsche ist verschuldet. Das sind insgesamt 6,7 Millionen Menschen und 90 000 mehr als im vergangenen Jahr, wie der Schuldneratlas 2014 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zeigt. Im Landkreis Main-Spessart sind mit einer Zahl von 5700 vergleichsweise wenige Menschen überschuldet, dafür aber gleich mit hohen Summen. Bei der Schuldnerberatung im Landratsamt Karlstadt können sie sich Hilfe suchen. Christian Maltry berät hier seit 1988.

Frage: Während bundesweit fast zehn Prozent der Bevölkerung überschuldet ist, sind es im Landkreis Main-Spessart nur rund 4,5 Prozent. Wie erklären Sie sich das?

Christian Maltry: Es gibt natürlich einen engen Zusammenhang, wenn auch keine 1 : 1-Relation, zwischen Überschuldungsproblematik und wirtschaftlicher Gesamtsituation. Die wirtschaftliche Lage des Landkreises ist sicher wesentlich günstiger als die vieler anderer Gebietskörperschaften. So liegt etwa die Arbeitslosenquote im Landkreis bei nur 2,1 Prozent gegenüber 6,3 Prozent im Bundesdurchschnitt. Die vergleichsweise günstige Schuldnerquote in Main-Spessart bedeutet aber immer noch, dass rund 5700 Landkreisbürger von Überschuldung betroffen sind. Überschuldung ist in vielen Fällen mit teils erheblichen Folgeproblemen verbunden.

Derzeit beraten Sie rund 600 Überschuldete. Wie verlief die Entwicklung seit Einrichtung der Schuldnerberatungsstelle 1988?

Maltry: Die Nachfrage nach Schuldnerberatung ist seit der Gründung kontinuierlich gestiegen, wie übrigens auch die Verschuldung der Verbraucher insgesamt. Der Landkreis hat darauf mit dem Ausbau der Beratungskapazitäten reagiert.

Die Zahl der überschuldeten Bürger im Landkreis Main-Spessart ist relativ gering, aber die durchschnittliche Verschuldungshöhe ist doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Woher rührt das?

Maltry: Überschuldung, die aus einer gescheiterten Selbstständigkeit oder Hausfinanzierung resultiert, spielt im Bundesdurchschnitt eine deutlich geringere Rolle als im Landkreis. Naturgemäß geht es aber in diesen Kreditbereichen um wesentlich höhere Beträge als dies bei üblichen Konsumentenkrediten der Fall ist. Entsprechend erklärt sich die starke Abweichung überwiegend mit „geplatzten“ Hausfinanzierungen und gescheiterten Selbstständigkeiten.

Was sind die häufigsten Gründe für die Überschuldung im Landkreis?

Hauptauslöser der Überschuldung im Landkreis sind in absteigender Reihenfolge: Arbeitslosigkeit, eine gescheiterte Selbstständigkeit, Trennung bzw. Scheidung und gescheiterte Immobilienfinanzierung. Es zeigt sich, dass in der Mehrzahl der Fälle die Ursachen einer Überschuldung nicht in individuellem Fehlverhalten liegen, sondern Umständen geschuldet sind, auf die der Einzelne keinen oder allenfalls nur beschränkt Einfluss hat.

Was gibt es für Beratungs- und Lösungsansätze?

Maltry: Die Beratungsansätze sind so vielfältig wie die individuellen Problemlagen. Am Anfang jeder Beratung steht eine ausführliche Anamnese der Situation des Haushaltes. Soweit nötig, werden gleichzeitig Kriseninterventionsmaßnahmen, etwa bei Energiesperren oder drohendem Wohnungsverlust, veranlasst. Zusätzlich müssen gegebenenfalls Schuldnerschutzmaßnahmen eingeleitet werden, beispielsweise, indem Bescheinigungen über die Höhe des unpfändbaren Betrages auf einem Pfändungsschutzkonto ausgestellt werden.

Erst wenn die Situation des Haushaltes ausreichend stabilisiert ist, kann die Schuldenproblematik angegangen werden. Das Spektrum möglicher Lösungen reicht dabei von einigen wenigen Beratungen zu Haushaltsführung oder Einzelproblemen, über Einzelverhandlungen mit Gläubigern, bis hin zur Vorbereitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens und der Begleitung über die gesamte Verfahrensdauer bis zur Restschuldbefreiung.

Hat viel zu tun: Christian Maltry vom Landratsamt berät überschuldete Bürger. Der Bedarf nimmt zu.
Foto: Fotostudio petra Winkelhardt | Hat viel zu tun: Christian Maltry vom Landratsamt berät überschuldete Bürger. Der Bedarf nimmt zu.
 
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