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Lohr
Schuhmode aus dem Abfallgraben
Die Grabungsfunde präsentierten (von links) die Fachleute Robert Holzner und Larissa Neukirchner, Bezirksrat Thomas Schiebel, Spender Bernd Weimert und Museumsleiterin Barbara Grimm.
Foto: Thomas Josef Möhler | Die Grabungsfunde präsentierten (von links) die Fachleute Robert Holzner und Larissa Neukirchner, Bezirksrat Thomas Schiebel, Spender Bernd Weimert und Museumsleiterin Barbara Grimm.
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 25.05.2024 02:41 Uhr

Das Spessartmuseum im Lohrer Schloss hat jüngst Grabungsfunde der Öffentlichkeit präsentiert, die nach eigenen Angaben nicht jedes Museum zu bieten hat. Sie kamen bei Bauarbeiten an der Kapuzinergasse zum Vorschein. Deren Auftraggeber, das Ehepaar Bernd und Ursula Weimert, haben die Funde dem Museum gespendet.

Höhepunkte der neuen Dauerausstellung im Zimmer 113 des Museums sind nach den Worten seiner Leiterin Barbara Grimm ein fast vollständig erhaltener Lederschuh, eine Gürteltasche und ein Dolchetui aus dem 14. Jahrhundert. "Einen fast vollständig erhaltenen Lederschuh aus dieser Zeit findet man nicht in jedem Museum", betonte Grimm.

Es sei nach heutigem Forschungsstand davon auszugehen, dass vor allem das Plateau rund um die heutige Stadtpfarrkirche St. Michael bereits ab dem frühen Mittelalter besiedelt gewesen sei – auch wenn Lohr erst 1333 das Stadtrecht erhalten habe. Die Funde seien 2012 beim Abriss mehrerer kleiner Wohn- und Geschäftshäuser an der Kapuzinergasse gemacht worden, die durch Neubauten ersetzt wurden.

14 Kisten mit Material

Die Eigentümer Ursula und Bernd Weimert haben laut Grimm nicht nur die Ausgrabungen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege finanziert, sondern auch 2017 die zwischenzeitlich registrierten Fundstücke dem Spessartmuseum geschenkt. Es handle sich um mehrere hundert Fundstücke aus Keramik, Glas, Metall, Knochen, Stein, Mörtel, Holz, Leder und Feuerstein aus dem Zeitraum zwischen dem 13. und dem 19. Jahrhundert, verpackt und eingelagert in 14 Kisten.

Besonders von Bedeutung sind nach Angaben der Museumsleiterin die Leder- und Holzfunde aus dem späten Mittelalter. Denn organisches Material bleibe nur in anaeroben, feuchten Böden erhalten. In der Kapuzinergasse sei eine Faulschlammschicht gewesen, konkret ein Abfallgraben.

Dieser sei vermutlich vom Mittelalter bis zum 17. Jahrhundert genutzt und später überbaut worden. Man sei sich darüber einig, dass es sich um eine allgemein zugängliche Entsorgungsstelle und nicht um eine haus- oder werkstattgebundene Abfallgrube gehandelt habe.

Highlight der Ausstellung ist ein Schnabelschuh, der seinerzeit in Mode war.
Foto: Thomas Josef Möhler | Highlight der Ausstellung ist ein Schnabelschuh, der seinerzeit in Mode war.

Um der Bedeutung der Lederfunde gerecht zu werden, habe das Spessartmuseum auf Anregung des Landesamts für Denkmalpflege die Spezialistin Larissa Neukirchner aus München mit der Analyse und Erforschung beauftragt, die dabei von ihrem Kollegen Robert Holzner unterstützt worden sei. Sie gehörten zu den wenigen Spezialisten, die sich mit Leder auskennen.

Dabei sei das Museum von der Stadt Lohr und dem Bezirk Unterfranken unterstützt worden. Man könne das Engagement der Familie Weimert gar nicht hoch genug einschätzen, meinte Bezirksrat Thomas Schiebel. Er sei gespannt, welche Ergebnisse die weiteren Analysen brächten.

Nach den Worten von Robert Holzner kann man davon ausgehen, dass der Abfallgraben um das Jahr 1300 die Stadt begrenzt hat – wohl als Trennlinie zwischen dem Stadtteil mit der Residenz und der Verwaltung der Grafen von Rieneck und der Bürgerstadt. Interessant sei die Frage, wann dieser Graben überbaut worden ist. Indizien wiesen darauf hin, dass das nicht allmählich, sondern in einer ziemlich großen Aktion passiert ist. Larissa Neukirchner berichtete von fünf Schuhtypen mit den modernen Größen zwischen 36 und 39, die im Graben gefunden wurden. Das Besondere sei, dass sie modisch sehr ansprechend seien: "Die Menschen damals waren schon eitel." Die spitzen Schnabelschuhe seien damals sehr in Mode gewesen. Sie deuteten auf einen bestimmten Wohlstand der Benutzer hin.

Statussymbole der Träger

Die modisch auffälligen Elemente seien eine gute Basis, um das andere Material einordnen zu können. Exponate wie die Gürteltasche mit Messerscheide finde man nur selten. Das Tragen solcher Accessoires habe mit dem Status der Träger zu tun gehabt. Gefunden worden seien auch Murmeln, die ein zeitloses Spielzeug seien, ergänzte Barbara Grimm.

 
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