In der Nacht vom 9. auf den 10. Januar 1938 brannte in der von den Nationalsozialisten organisierten Reichspogromnacht auch die Synagoge in Gemünden. Es war der Auftakt zur systematischen Verfolgung bis hin zur beispiellosen Vernichtung allen jüdischen Lebens in Deutschland durch die Nazidiktatur. Am Friedrich-List-Gymnasium pflegen die Schüler der Gruppe "KRASS", dem "Klub Rassismus ablehnenden Schülerschaft", seit Jahren das Gedenken an die Verfolgung und den Holocaust. Sie haben auch die Patenschaft für die acht in der Altstadt verlegten Stolpersteine übernommen.
In vier Gruppen aufgeteilt, reinigten die Schülerinnen der achten Klassen des Gymnasiums die in das Pflaster eingelassenen kleinen Messing-Tafeln, die, mit den persönlichen Daten versehen, das Andenken an das Schicksal der Gemündener Juden wach halten. Das jüngste Opfer war der fünfjährige Nathan Weinberg, an den zusätzlich ein Kinderrucksack am 2009 errichteten "Denkmal Deportation" in der Plattnersgasse erinnert. Zur Verlegung seines Stolpersteins und dem seines Onkels Arthur Kahn, 1933 eines der ersten Opfer des Nazi-Terrors, waren vor zwei Jahren 16 Nachfahren der Familien Kahn/Weinberg aus USA und Israel angereist. Mit ihnen steht KRASS immer noch in gutem Kontakt.
Quiz mit Fragen zu den Stolpersteinen
Zusammen mit Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen hatte Lehrer Jürgen Endres ein Quiz vorbereitet, in dem Fragen zu den Stolpersteinen zu beantworten waren. So erkundeten die Teilnehmer Angaben zu den Lebensläufen, Deportationsdaten und dem Todesort der jüdischen Mitbürger in den Vernichtungslagern.
Im gesamten Reichsgebiet wurden durch die von SA und SS organisierte und gelenkte Gewalt mehrere hundert Juden ermordet, etwa 1400 Synagogen, Betstuben und sonstige Versammlungsräume, sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden gestürmt und zerstört. Ab 10. November begann im großen Ausmaß die Deportation jüdischer Menschen in Konzentrationslager und schließlich in die Vernichtungslager. Zwischen 1933 und 1945 wurden Millionen Menschen in den Lagern des Deutschen Reiches ermordet. Darunter Juden, politische Gegner, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, geistig Behinderte und sogenannte Asoziale.
Die genaue Anzahl ist bis heute unklar. Allein die Zahl der jüdischen Opfer wurde auf etwa sechs Millionen geschätzt. An ihr Schicksal erinnern heute an vielen Orten die "Stolpersteine", so auch in Gemünden. Man findet die kleinen Mahnmale meist direkt vor dem Wohn- oder Arbeitshaus der Opfer, mittlerweile in 1200 Dörfer und Städten in Deutschland. Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das im Jahr 1992 begann.