Sie haben nicht nur ihr historisches Wissen erweitert, sie haben zudem erfahren, dass "Weltgeschichte" auch zuhause, gewissermaßen vor der Haustür, stattfindet und sie haben gelernt, das vor Ort zu empfinden, was zuvor eher sachlich den Büchern oder anderen Dokumentationen zu entnehmen. "Was vorher weit weg war, kam uns jetzt ziemlich nahe", sagte Beispielsweise Matic Fajfar, einer der Schüler des P-Seminars am Johann-Schöner-Gymnasium. Elf junge Männer und eine Schülerin hatten sich des Themas "Jüdisches Leben in Laudenbach" angenommen, dazu eine Dokumentation und einen Flyer erstellt.
Das besondere an diesem Projekt ist nicht nur der reale Bezug zu Laudenbach, sondern auch zu den damals betroffenen Menschen. Eine Person davon ist Frieda Berney, die 1886 als ältestes Kind der Mühlenbesitzer Wolf und Sara Berney geboren wurde. Sie erzählt mit der Stimme der Schülerin Maxime Hirt als reale Person ihre fiktive, aber mögliche Geschichte und lässt die Hörer in die Welt der Laudenbacher Juden eintauchen. Die Texte sind unter der Internetadresse spurensuche-laudenbach.jsg-karlstadt.de zu hören.
Bei der offiziellen Vorstellung der Seminararbeit durch die Schüler und ihrem Lehrer Christof Rösl vor dem Gebäude der gegenwärtig in Renovierung befindlichen ehemaligen Synagoge trugen einzelne Schüler Auszüge aus ihren Einzelbeiträgen vor. Sie berichteten von ihren Arbeiten, von der Quellensuche vor Ort und in den Archiven und von der Integration der Laudenbacher Juden in ihr Heimatdorf. So haben beispielsweise christliche Menschen in der Mazzebäckerei gearbeitet, der Müller Berney konnte entgegen üblicher Gepflogenheiten als Jude eine Mühle betreiben und fünf junge Männer ließen im ersten Weltkrieg ihr Leben für Deutschland.
Die Schüler dankten im Rückblick nicht nur ihrem Lehrer Rösel, sondern auch der Stadt Karlstadt, dem Stadtarchivar und den Mitgliedern des Fördervereins "Ehemalige Synagoge", vor allem Georg Schirmer. Unterstützt wurden die jungen Leute auch von der Israelitischen Gemeinde in Würzburg. Rabbiner Shlomo Zelig Averasin lobte die gelungene Erinnerung an die Geschichte der heimischen Dörfer und Städte. Diese Erinnerung halte nicht nur die Vergangenheit am Leben, sie bestimme auch den Weg in die Zukunft mit.
1938 erlitt die Synagoge schwere Schäden
Ein zentraler Punkt des jüdischen Lebens im Dorf war die Synagoge, die 1657 erstmals erwähnt und 1736 renoviert wurde. Daneben befand sich die rituelle Reinigungsstätte, die "Mikwe" und ein Tahara-Raum, der die Waschung der Verstorbenen ermöglichte. Während der Novemberpogrome 1938 erlitt die Synagoge schwere Schäden, als ihre Inneneinrichtung und Ritualgegenstände zerstört wurden. Das Gebäude ging danach in Privatbesitz über und wurde als Werkstatt und Lagerraum genutzt. Im Januar 2013 wurde der "Förderkreis ehemalige Synagoge Laudenbach" gegründet. Sein Ziel ist es, das Synagogengebäude mithilfe von Denkmalpflege und Sponsoren für zukünftige Generationen zu erhalten.
Der nächste große Erinnerungspunkt ist der jüdische Friedhof am Schlossberg, der 1623 in Dokumenten auftaucht. In den über 6.000 Gräbern wurden Juden aus 16 Gemeinden der Umgebung bis hin nach Veitshöchheim - bestattet. Weitere Spuren jüdischen Lebens zeigt die ehemalige Mazzenbäckerei in der Dorfmitte, die bis 1942 in Betrieb war. Sie lieferte ihre Brote auch in die Umgebung aus, verkaufte sie aber auch direkt im Laden in Laudenbach.
Die von den Schülern ausgewählten Orte in Laudenbach können bei einem individuellen Rundgang durchs Dorf besucht werden und jeweils durch einen QR-Code per Smartphone aufgerufen und mit der Internetseite verbunden werden. Bei der Vorstellung gab es auch zwei Musikbeiträge von Matic Fajfar (Piano) und Maxime Hirt (Gitarre).