In der seit Jahren geschlossenen Gaststätte Jägerruh in Hausen ist es vorbei mit der Ruhe. Seit einigen Tagen wird in dem Gebäude in der Wiesenfelder Straße kräftig gewerkelt, abgerissen, umgebaut und saniert. Die Jägerruh hat einen neuen Eigentümer: Ali Boyrazli hat das Objekt von der Raiffeisenbank Main-Spessart gekauft, die Hauptgläubiger des früheren Eigentümers war.
Im September will der 39-Jährige die Jägerruh wieder öffnen. Bis dahin, das ist ihm bewusst, wird er reichlich Zeit, Arbeit und auch Geld in das um 1900 gebaute und zuletzt in einem alles andere als guten Zustand befindliche Gebäude stecken müssen.
Das Feld der Gastronomie ist Boyrazli nicht unbekannt. „Schon ewig“ sei er in der Branche tätig, habe Gaststätten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen betrieben. Seit 2009 hat Boyrazli den City-Grill in Lohr gepachtet. Sein Wunsch sei jedoch schon immer eine eigene Gaststätte gewesen, idealerweise mit einer Wohnung im Haus, in der er mit seiner fünfköpfigen Familie leben könne, sagt er. Das hat Boyrazli nun in der Jägerruh gefunden.
Für die Gaststätte wurde schon länger ein Käufer gesucht. Im Oktober 2011 verstrich beispielsweise ein Zwangsversteigerungstermin vor dem Amtsgericht Würzburg ohne Gebot. Ein Gutachter hatte zuvor den Verkehrswert des Gebäudes auf 110 000 Euro geschätzt. Das Mindestgebot bei der Zwangsversteigerung hätte bei 55 000 Euro gelegen.
Doch damals war niemand bereit, diesen Betrag für das Haus mit seinen insgesamt 645 Quadratmetern Nutzfläche zu bieten. Das wohl auch deshalb, weil ein Gutachter dem Gebäude einen recht schlechten Zustand bescheinigte. Um diesen Zustand zu verbessern, arbeitet Boyrazli derzeit an der Sanierung.
An der Stelle, wo sich im ersten Stock zuletzt acht Gästezimmer befanden, will Boyrazli die Wohnung für seine Familie einrichten. Im Erdgeschoss, wo die Wirtschaft untergebracht ist, hat Boyrazli die Küche bereits komplett leergeräumt, um sie neu auszustatten. „Das wird alles neu gemacht“, sagt der Wirt. Nur die drei Gasträume mit ihren 120 Sitzplätzen sollen in ihrer ursprünglichen Art erhalten bleiben. Insgesamt, so schätzt der Gastronom, werde er für Kauf und Sanierung um die 150 000 Euro in die Hand nehmen.
Ab September soll das Geschäft anlaufen. In der Gaststätte werde er „alles von A bis Z“ anbieten, sagt Boyrazli und nennt neben Döner und Pizza auch Schnitzel und Currywurst als Beispiele. Auch einen Lieferservice in der Umgebung hat er geplant.
Daran, dass es in Hausen und Steinfeld Bedarf an einer Wirtschaft gibt, besteht für Boyrazli kein Zweifel. Das hätten ihm viele Stammkunden seines Lohrer Citygrills immer wieder bestätigt. „Wenn das Angebot passt, kommen die Leute“, ist sich Boyrazli sicher. Dass die Jägerruh vor ihrer Schließung offenbar nicht mehr so recht gelaufen sei, habe wohl an den damals in der Gaststätte herrschenden Zuständen gelegen, vermutet er.
Beim Steinfelder Bürgermeister Matthias Loschert hat sich Boyrazli bereits vorgestellt, ebenso bei den Nachbarn der Jägerruh. Der Wirt ist sich sicher, dass er sich unter den Hausenern, die im Volksmund bekanntlich den Spitznamen „Türken“ tragen, wohlfühlen wird.
Sein Ziel sei es schon immer gewesen, seine Kinder auf dem Land aufwachsen zu lassen. Er selbst habe große Teile seines Lebens in kleinen Dörfern gelebt und sich dabei stets wohlgefühlt. „Hier kennt jeder jeden“, sagt Boyrazli über Hausen und Steinfeld. Auch das habe für ihn eine große Rolle gespielt bei der Entscheidung zum Kauf der Jägerruh.
Seine jetzige Gaststätte, den City-Grill in Lohr, werde er zusammen mit einem Verwandten jedoch weiterführen, so die Planung Boyrazlis.