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Steinbach
Schleuse Steinbach: Bei Südwest-Wind läuft's auf dem Main
Der Bereich des Mains oberhalb der Schleuse Steinbach hat sich zu einem Eldorado für hartgesottene Surfer aus der Region entwickelt. Einer von ihnen ist der Lohrer Michael Weidner. Er steigt selbst im Winter regelmäßig mit Brett und neuartigem Windflügel ins Wasser. 
Foto: Johannes Ungemach | Der Bereich des Mains oberhalb der Schleuse Steinbach hat sich zu einem Eldorado für hartgesottene Surfer aus der Region entwickelt. Einer von ihnen ist der Lohrer Michael Weidner.
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:59 Uhr

Über diesen Anblick dürfte schon so mancher gestaunt haben, der auf der B 26 zwischen Neuendorf und Sackenbach (Lkr. Main-Spessart) unterwegs ist: Fast das ganze Jahr hindurch sind dort immer wieder Surfer zu beobachten. Sobald der Wind ordentlich weht, lassen sie sich auch von einstelligen Wassertemperaturen nicht davon abhalten, mit Brett und Segel auf den Fluss zu gehen. Zu beobachten ist dann ein faszinierendes Spektakel, das freilich mitunter schon beim Zuschauen frösteln lässt.

Michael Weidner ist einer derjenigen, der jede Gelegenheit zum "Binnensurfen" auf dem Main nutzt. Der Sendelbacher hatte als Jugendlicher im Urlaub die erste Berührung mit dem Wassersport. Doch mangels passender Gelegenheit, das Urlaubshobby vom Meeresstrand in den Spessartalltag zu übertragen, sei er dann "ewige Zeiten nicht mehr gesurft", erzählt der 43-jährige Familienvater.

Leidenschaft wiederentdeckt

Vor vier Jahren sei es dann ein neuerlicher Strandurlaub gewesen, der ihn die alte Leidenschaft fürs Surfen habe wiederentdecken lassen, so Weidner. Nach einem Surfkurs in Holland kaufte er sich eine gebrauchte Surfausrüstung. Die selbst gesetzte Bedingung sei jedoch gewesen: "Wenn ich es wieder anfange, dann muss ich es regelmäßig machen."

Weidner erinnerte sich daran, dass er Ende der 1980er Jahren gelegentlich Surfer auf dem Main oberhalb der Steinbacher Schleuse gesehen hatte – und machte dort einfach einen Versuch. Rund 160 Meter ist der Fluss etwa einen Kilometer oberhalb der Schleuse breit, genug für ein ordentliches Maß an Surf-Vergnügen.

Bahnen ziehen quer zum Fluss

Wesentliche Voraussetzung ist freilich, dass der Wind passt. Aus Südwest bis West, also aus Richtung Lohr, muss er möglichst kräftig wehen, damit die Surfer quer zum Fluss ihre Bahnen ziehen können. "Die besten Bedingungen herrschen bei Hochwasser, weil dann die Strömung zusätzlichen Auftrieb gibt", sagt Weidner.

Der limitierende Faktor ist jedoch der Wind. Am Anfang, so erzählt Weidner, sei er alle ein bis zwei Wochen aufs Wasser gegangen. Für richtiges Surf-Vergnügen habe der Wind jedoch nur alle drei oder mehr Wochen gereicht, vor allem im Herbst und Frühjahr.

Mittlerweile ist Weidner meist deutlich häufiger zum Surfen auf dem Main. Das hängt mit neuen technischen Entwicklungen rund um den Surfsport zusammen. Tragflächen unter dem Brett und flexibel handhabbare Windflügel (siehe Hintergrund) machen Surfen schon bei geringeren Windstärken möglich.

Möglichkeiten ausgeweitet

Die Zahl der Tage, an denen man auf dem Main bei Steinbach surfen könne, habe sich so verdreifacht, sagt Weidner. Die längeren Ausflüge, die er zu Beginn seines Wiedereinstiegs ins Surfen beispielsweise an den Altmühlsee unternommen habe, seien daher weitgehend entfallen.

Über die Jahre hat sich in Steinbach eine kleiner Surferszene entwickelt. "Gemeinsam macht es mehr Spaß", erklärt Weidner. Er spricht von zehn Mitsurfern, die sich in loser Runde verabredeten, sobald das Internet passende Windverhältnisse vorhersagt. Die Altersspanne reiche von 13 bis 60 Jahren.

Während der Wind stimmen muss, spielen die Temperaturen für die Hartgesottenen kaum eine Rolle, "außer vielleicht bei minus fünf Grad", lacht Weidner. Er hält sich beim Surfen mit einem fünf Millimeter dicken Neopren-Anzug und darunter einem speziellen Shirt als Windschutz halbwegs warm.

Stürze sind eher selten

Als Anfänger, wenn man öfter im Wasser lande, machten sich niedrige Wassertemperaturen eher bemerkbar, so Weidner. Er selbst ist freilich so geübt, dass solche Stürze eher selten sind. Drei und mehr Surfstunden am Stück sind für ihn daher regelmäßig drin.

Wobei er und andere auch immer wieder für nur kurzes Surf-Vergnügen nach Steinbach fahren, manch einer gar in der Mittagspause. Das Gleiten über das Wasser mache einfach Spaß, beschreibt Weidner die Faszination und spricht von einem "irren Gefühl" in dem Moment, wenn einen die Tragfläche unter dem Brett aus dem Wasser hebt und man "mit Leichtigkeit über das Wasser schwebt".

Interessenten willkommen

Er sei schon wiederholt von Passanten angesprochen worden, beschreibt Weidner die Resonanz auf das Treiben der Surfer. Er animiert alle, die Interesse haben, es einfach mal auszuprobieren. "Wenn es der Wind zulässt, sind wir da", umreißt Weidner, wann auf dem Main bei Steinbach Surf-Betrieb herrscht.

Und sollte der Wind ordentlich wehen, aber nicht aus Südwest bis West, sondern beispielsweise aus Nord? "Dann geht's oberhalb der Schleuse bei Harrbach", lässt Weidner erkennen, dass die Binnensurfer ihre Reviere am Main gefunden haben.

Surftrend mit Foil und Wing

Die kleine Surfertruppe, die regelmäßig auf dem Main oberhalb von Steinbach unterwegs ist, praktiziert auch einen noch vergleichsweise neuen Trend der Surfszene. Statt einem klassischen Surfbrett, das per Mast fest mit einem bewegbaren Segel verbunden ist, kommen dabei ein unter dem Brett montierter Tragflügel, Foil genannt, sowie ein frei in den Händen gehaltener Flügel, der so genannte Wing, zum Einsatz. Beide zusammen ermöglichen laut Michael Weidner, dass schon deutlich weniger starker Wind ausreicht, um flott surfen zu können.
Der Wing sorgt dafür, dass das Brett bei einsetzendem Gleiten samt Surfer aus dem Wasser gehoben wird und so der Eindruck des Schwebens entsteht. Die Foil-Bretter seien deutlich kleiner als klassische Boards, sagt Weidner. Zum Teil seien sie aufblasbar. Da auch die Wings zusammengefaltet werden können, passe das neuartige Surfmaterial im Gegensatz zur klassischen Ausrüstung fast in eine Tasche. "Mit weniger und kompakterem Material kann man so genauso viel Spaß haben", beschreibt Weidner den Effekt.
Die neue Technik sorgt seinen Worten nach dafür, dass viele zum Surfsport zurückkehren, denen der Materialaufwand des klassischen Surfens und die dafür erforderlichen Windstärken den Spaß am regelmäßigen Surfen genommen haben. Jemand, "der halbwegs mit einem Riesenbrett surfen kann, tut sich mit dem Foilen leichter, weil es stabiler ist", sagt Weidner.
Eine gebrauchte Ausrüstung sei für um die 600 Euro zu haben, neues Material koste ab etwa 1500 Euro, nennt er Preise für das Material, das in der Surfszene immer mehr Verbreitung findet.
(joun)
 
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Kommentare
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  • H. M.
    und wenn es nächstes Jahr hip ist mit einer Schaltafel aufs Wasser zu gehen stellen sie sich halt damit aufs Wasser....
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  • H. S.
    Ich kann mich noch erinnern wie in den frühen fünfzigern an dieser Stelle schon die ersten Versuche stattgefunden hatten. Aber ohne Neoprenanzüge, damals hatten sie nur Anzüge aus Robbenhaut (Anorak).
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  • T. N.
    Auch die Stehpaddler sind schon unterwegs.
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  • C. H.
    Gestern gesehen....sieht lustig aus...
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