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LENGFURT/ASCHAFFENBURG
Schleuse: In der Nacht steuert der Automat
High-Tech in der Main-Schifffahrt: Stephan Momper, Chef des Wasser- und Schifffahrtsamts Aschaffenburg (stehend, rechts) und Patric Zöller, Leiter den Zentrale in Aschaffenburg-Obernau (daneben) sind stolz auf die größte und modernste Leitzentrale Deutschlands.
| High-Tech in der Main-Schifffahrt: Stephan Momper, Chef des Wasser- und Schifffahrtsamts Aschaffenburg (stehend, rechts) und Patric Zöller, Leiter den Zentrale in Aschaffenburg-Obernau (daneben) sind stolz auf die ...
Von unserem Mitarbeiter Joachim Schwamberger
 |  aktualisiert: 19.04.2012 16:37 Uhr

Die Elektronik macht auch vor einem der traditionellsten Verkehrs- und Handelswege nicht Halt: Nach und nach werden sämtliche Schleusen auf dem Main vom elektromechanischen auf elektrohydraulischen Betrieb umgestellt und das geschieht per Fernsteuerung von der neuen Leitzentrale beim Wasser- und Schifffahrtsamt in Aschaffenburg.

Diese Zentrale betreut alle Anlagen zwischen Großkrotzenburg nahe Offenbach bis einschließlich Lengfurt. Ab Rothenfels mainaufwärts sind die Kollegen aus Schweinfurt verantwortlich für den Betrieb der Schleusen bis Bamberg.

„Die Schleuse Lengfurt wird gegenwärtig nur nachts vom Aschaffenburger Stadtteil Obernau aus ferngesteuert“, informiert Stephan Momper, der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Aschaffenburg. „Noch bis Ende 2013 sind die vier Mitarbeiter tagsüber im Einsatz. Das gilt derzeit auch noch für die unterhalb liegende Schleuse in Eichel.“

In Lengfurt stehen Michael Scheiner und seine Kollegen Helmut Kunkel, Manfred Mehling und Edgar Liebler jeweils zwischen 6 und 14 Uhr sowie von 14 bis 22 Uhr in ihrer Schaltzentrale einige Meter hoch über der Schleusenkammer und passen auf, dass nichts passiert.

Die Tätigkeit des Schleusen-Mitarbeiters sind aber nicht mit ein paar Worten abzutun. „Es handelt sich um einen Vorgang mit hohem sicherheitsrelevanten Aufgaben“, macht Momper deutlich. Immerhin passieren rund 55 Güterschiffe am Tag die „Main-Eingangsschleuse“ Kostheim bei Mainz, je nach Weiterfahrt auf dem Fluss werden es entsprechend weniger.

Schleusen sollen sicherer werden

Kann man den Menschen deswegen aber einfach durch „seelenlose“ Elektronik ersetzen? Momper und der Leiter der Aschaffenburger Leitzentrale, Patric Zöller aus Stadtprozelten, unterstreichen, dass die Sicherheit beim Schleusen dadurch sogar erhöht werde. In Lengfurt beispielsweise richten für die Fernsteuerung neuerdings sechs Kameras ihren Blick auf das, was geschieht, und übertragen dies nach Aschaffenburg. „Diese Kameras sehen im Prinzip sogar mehr als die Menschen vor Ort“, ist Momper sicher.

Statt 52 Mitarbeitern in den Außenstellen sorgen im Endausbau insgesamt 36 für einen reibungslosen, vollautomatischen Ablauf der Schleusungen, und zwar rund um die Uhr. Bisher sind Nachtfahrten vorher anzumelden und die betreffenden Schleusen werden nur bei Bedarf besetzt.

Sozialverträglicher Umbau

Dass in Lengfurt und Eichel bis weit ins Jahr 2013 noch Menschen arbeiten, hat nach Auskunft Mompers eine soziale Komponente. Verschiedene Mitarbeiter könnten in anderen Zentralen auf eine Weiterbeschäftigung hoffen, manche haben es sogar näher zum Arbeitsplatz als bisher. Momper: „Alle anderen personellen Einschnitte wurden alters- und sozialverträglich geregelt.“

Jeweils 2,5 Millionen Euro hat das Wasser- und Schifffahrtsamt in die Modernisierung der Schleusen Eichel und Lengfurt investiert. Dies allerdings nicht alleine für die Fernüberwachung, sondern für die notwendigen Reparaturen und die Anpassung an den neuesten technischen Stand.

Übertragen werden die Bilder per über Lichtwellentechnik per Glasfaser nach Aschaffenburg. Kupfer wäre ungeeignet, weil viele Funktionen an der Schleuse von der Zentrale ohne jegliche Zeitverzögerung ausgelöst werden müssen.

Der Bau der neuen Leitzentrale selbst hat mehr als 5,5 Millionen Euro verschlungen. Dafür entstand in Aschaffenburg-Obernau die größte und modernste Einrichtung ihrer Art in Deutschland. Von hier werden zehn Schleusen mit zwölf Kammern gesteuert.

Dass die Schifffahrt gegenwärtig auf dem Main eingestellt ist, hat nichts direkt mit dem Umbau auf Fernsteuerung zu tun. Im Main-Donau-Kanal wurden Arbeiten fällig, und da hat dessen Sperrung genutzt, an verschiedenen Stellen am Main ebenfalls dringende Ausbesserungsarbeiten durchzuführen.

Dies wurde den Partikulieren, wie sich die Binnenschiffer nennen, schon vor mindestens zwei Jahren mitgeteilt, damit sie und die Empfänger ihrer Fracht sich darauf einstellen können. Im Raum Main-Spessart sind allerdings nur kleinere Arbeiten notwendig.

34 Schleusen bis zur Mündung

Der Main ist ein Fluss mit starkem Gefälle. Zwischen Viereth bei Bamberg und Kostenheim an der Mündung in den Rhein sind 34 Staustufen notwendig, um die Schiffe gefahrlos vom „Berg“ ins „Tal“ zu geleiten und umgekehrt. Da es sich beim Main um eine Bundeswasserstraße handelt, sind auch Gebühren fällig. Das ist politisch so gewollt.

 

Auf dem Rhein (nur ganz wenige Schleusen) und der Donau fallen keine Schleusenkosten an, weil es sich um internationale Gewässer handelt.

Die Tarife auf dem Main sind aber relativ kompliziert. Sie sind etwa abhängig von Schiffsgröße oder Frachtart. Schrott ist billiger als Öl oder Gefahrenstoffe. So kann man beispielsweise für Getreide zwischen Kostenheim und Würzburg mit 1200 Euro Gebühren rechnen. Es gibt allerdings auch Rabatte und Sondertarife.

 

Bootsschleusen müssen von den Skippern selbst bedient werden, sind aber kostenfrei. Die Pauschale wird von entsprechenden Verbänden an den Bund entrichtet. text: Josch

Konzentration auf Distanz: Von der Leitzentrale in Aschaffenburg-Obernau wird die Lengfurter Schleuse bereits zur Nachtzeit ferngesteuert. Das bleibt noch bis 2013 so, dann  wird sie auch tagsüber von hier aus bedient.Fotos (2): Joachim Schwamberger
| Konzentration auf Distanz: Von der Leitzentrale in Aschaffenburg-Obernau wird die Lengfurter Schleuse bereits zur Nachtzeit ferngesteuert.
 
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