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MARKTHEIDENFELD
Schiffstaufe: Die TMS Tizian lässt Flugzeuge fliegen
Schifffahrt: Das 110 Meter lange Tankmotorschiff ist der ganze Stolz von Eigner Christian Hochbein. Am Freitag wurde es in Marktheidenfeld getauft. Namensgeber war Hochbeins Sohn – zum zweiten Mal.
Mit einer Schiffstaufe stellte die Marktheidenfelder Reeder-Familie Hochbein am Freitagabend offiziell ihr Tankmotorschiff „Tizian“ am Mainkai in Dienst. Benannt ist es nach Tizian Hochbein (2. von rechts), der die Schiffstaufe vornahm.
Foto: Andreas Brachs | Mit einer Schiffstaufe stellte die Marktheidenfelder Reeder-Familie Hochbein am Freitagabend offiziell ihr Tankmotorschiff „Tizian“ am Mainkai in Dienst. Benannt ist es nach Tizian Hochbein (2.
Ralf Thees, Redakteur, Main-Post, Redaktion Marktheidenfeld.
Ralf Thees
 |  aktualisiert: 01.03.2023 11:53 Uhr

Traurig begossen wurde die „TMS Tizian“ bereits bei ihrer Ankunft am Mainkai in Marktheidenfeld. Bei strömendem Regen legte das Tankmotorschiff am Mittwochabend in seinem „Heimathafen“ an, direkt gegenüber des Büros von Schiffseigner Christian Hochbein.

Fröhlich begossen wurde die „Tizian“ in Marktheidenfeld dann bei ihrer Taufe am Freitag – mit Sekt und auch wieder ein bisschen Regen. Das Fest kam fast schon einer Erwachsenentaufe gleich. Denn seit eineinhalb Jahren ist das Schiff schon auf den Flüssen Deutschlands und Europas unterwegs. Warum wurde es aber erst jetzt getauft? „Ich hatte bereits ein Schiff namens Tizian“, erklärt Hochbein, „ich musste warten, bis das verkauft und der Name wieder frei ist.“

Im Jahr 2005 erhielt die erste „Tizian“ ihren Namen in Marktheidenfeld. Benannt wurde sie nach dem damals fünfjährigen Sohn Hochbeins, der das Schiff damals auch taufen durfte. Die neue „Tizian“ durfte der heute 17-Jährige ebenfalls auf die Reise schicken. Und das machte er am Freitagnachmittag mit Routine – die Flasche zerschlug planmäßig am Rumpf des Schiffes und die „TMS Tizian“ darf nun auch wirklich so genannt werden.

Neben Hochbein selbst, seinem Geschäftspartner Daniel Gausch und Pfarrer Hermann Becker, der das Schiff segnete, sprach vor der Taufe auch Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder. Sie wies dabei auf die Bedeutung der Frachtschifffahrt hin, da die Straßen mittlerweile völlig überlastet seien. „Ich wünsche mir eine stärkere Verknüpfung von Wasserstraßen, Schienen und Straßen für den Frachtverkehr“, so Schmidt-Neder.

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Im Gegensatz zur alten „Tizian“ wurde die neue aber nicht von Christian Hochbein erworben, sondern das Schiff wurde in der Werft im niederländischen Groningen gebaut – die dem Schiffseigner mit seinem Partner Daniel Gausch gehört.

Die „Tizian“ ist ein Schiff der relativ neuen „Sunrise“-Serie, die in Hochbeins Werft entwickelt wurde. „Wir sind so ein Schiff durchgegangen und haben geschaut, wie man es optimieren kann“, sagt Hochbein. Heraus kam ein Schiffstyp, der 150 Tonnen mehr laden konnte, dafür aber zehn bis 15 Prozent weniger Treibstoff verbraucht. „Das hat ökologische Vorteile“, erklärt der Schiffseigner und Werksbesitzer, „aber natürlich auch wirtschaftliche“.

Aus ökologischen Gründen wäre es reizvoll, Gasmotoren statt der mit Schiffsöl betriebenen zu verwenden. Doch das würde eine zusätzliche Investition von einer Million Euro bedeuten, außerdem gäbe es kaum ein Netz von „Gas-Tankstellen“ für Schiffe und auch die Besatzungen müssten ganz anders qualifiziert sein. „Es kann sein, dass es mit Gasmotoren für Frachtschiffe in zehn Jahren schon ganz anders aussieht“, sagt Hochbein, „noch ist das für uns aber keine Alternative.“ Bis dahin sei beispielsweise die „Sunrise“-Serie ein guter Kompromiss zwischen Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz.

Der Maschinenraum: Zwei 750-PS-Caterpillar-Maschinen treiben die Schiffsschrauben der „TMS Tizian“ an.
Foto: Ralf Thees | Der Maschinenraum: Zwei 750-PS-Caterpillar-Maschinen treiben die Schiffsschrauben der „TMS Tizian“ an.

Bei einem Rundgang mit Christian Hochbein über und durch die „TMS Tizian“ merkt man dem Schiffseigner den Stolz und die Freude über das im doppelten Sinne eigene Schiff an. Wobei er auch klarstellt: „Entwickelt hat das vorwiegend mein Geschäftspartner, der ist der Techniker. Ich bin der Kaufmann.“ Doch auch der Kaufmann scheint zufrieden zu sein, etwa 100 Schiffe habe er in den vergangenen zehn Jahren verkauft. Die „Tizian“ ist aber eines von drei „Sunrise“-Schiffen, die 110 Meter messen, die meisten anderen seien „nur“ etwa 85 Meter lang.

Die „Tizian“ ist ein Tankschiff, darum dominieren auf dem oberen Deck viele kleine und große Rohrleitungen das Bild. Neun Tanks mit jeweils 380 Kubikmetern Fassungsvermögen hat das Schiff. „Wir können im Grunde alles transportieren, was flüssig ist“, sagt Hochbein. Ausnahmen seien extrem giftige oder explosive Stoffe, die besondere Edelstahltanks und eine extra dafür ausgebildete Besatzung brauchen. Doch die meiste Zeit hat das Binnenschiff Flugbenzin, sprich Kerosin, geladen. Das fährt es von Gelsenkirchen oder auch mal Rotterdam zum Hafen in Kelsterbach am Main. Von dort wird das Kerosin über eine rund zwei Kilometer lange Pipeline zum Frankfurter Flughafen nebenan befördert. „Man kann sagen, dass das Schiff die Flugzeuge in die Luft bringt“, sagt Hochbein und lacht.

Für ein so schweres Schiff, in dem allein 800 Tonnen Stahl verbaut wurden, sind die Kontrollen erstaunlich übersichtlich.
Foto: Ralf Thees | Für ein so schweres Schiff, in dem allein 800 Tonnen Stahl verbaut wurden, sind die Kontrollen erstaunlich übersichtlich.

Mit fünf Besatzungsmitgliedern ist die „TMS Tizian“ üblicherweise unterwegs, die in zwei Schichten arbeiten. Beim Rundgang kann man ein unscheinbares Detail entdecken, das für das Wohl der Mannschaft sehr wichtig ist. Zwischen den Stahlstützen und der Decke des Maschinenraums sind Gummipuffer angebracht, um den Lärm und die Vibrationen der beiden 750-PS-Motoren zu dämpfen.

„Sonst könnte die Mannschaft in ihren Wohnungen darüber kein Auge zumachen“, sagt Hochbein. Und ausgeschlafene Matrosen braucht die „Tizian“ auch weiterhin.

Die Ankerkette kam in Marktheidenfeld nicht zum Einsatz, das Schiff wurde vertäut.
Foto: Ralf Thees | Die Ankerkette kam in Marktheidenfeld nicht zum Einsatz, das Schiff wurde vertäut.
Stolz steht Eigner Christian Hochbein an der Schiffsglocke der „TMS Tizian“.
Foto: Ralf Thees | Stolz steht Eigner Christian Hochbein an der Schiffsglocke der „TMS Tizian“.
 
 
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