zurück
KARLSTADT
Schießstand bietet vielseitige Möglichkeiten
Eigenleistung: Die Mitglieder des Karlstadter Kleinkaliber-Schützenvereins schweißen in der eingehausten 50-Meter-Bahn Kugelfangkästen zusammen. Am Schweißgerät arbeitet Walter Reuß, beobachtet von Gerd Schäfer.
Foto: Fotos (3): Karlheinz Haase | Eigenleistung: Die Mitglieder des Karlstadter Kleinkaliber-Schützenvereins schweißen in der eingehausten 50-Meter-Bahn Kugelfangkästen zusammen. Am Schweißgerät arbeitet Walter Reuß, beobachtet von Gerd Schäfer.
Von unserem Redaktionsmitglied Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 16.03.2013 12:04 Uhr

„Hier kommt man zu einer zweiten Berufsausbildung“, lacht Walter Reuß, setzt den Schweißerhelm auf und legt los. Er baut gerade einen Kugelfang. Beruflich ist er Spezialberater für Onlinebanking. Jetzt hat er schweißen gelernt, weil er zu den aktiven Mitgliedern des Karlstadter Kleinkaliber-Schützenvereins (KKS) gehört, die in Eigenleistung die neue Schießanlage ausstatten. Dafür sind mindestens 4000 Arbeitsstunden angesetzt.

Ein- bis zweimal die Woche treffen sich die Schützen derzeit. Wenn schon, denn schon, sagen sie sich: Wenn alles fertig ist, wird der Schießstand am Tannenwäldchen zu den vielseitigsten in der weiteren Umgebung gehören. Erst in Würzburg oder Schweinfurt findet man wieder vergleichbare Bedingungen.

Baukosten von 1,2 Millionen Euro

Bekanntlich gab es aus Immissionsschutzgründen für das Baugebiet „Wurzgrund“ nur zwei Möglichkeiten: den Schießstand absiedeln oder einhausen, damit man das Krachen der Schüsse im neuen Baugebiet nicht hört. Man entschied sich fürs Einhausen, was mit Baukosten von 1,2 Millionen Euro veranschlagt ist.

Davon stammen 660 000 Euro aus einer Umlage, die die Verkäufer des ehemaligen Ackerlands im „Wurzgrund“ aufbringen. Der Verkaufspreis sank damit um sechs Euro pro Quadratmeter, machte aber die Umwandlung von Acker- in Bauland möglich (wir berichteten).

„Top-Indoor-Anlage, die in Deutschland ihresgleichen sucht.“
Aussage der Lohrer „Spessart-Gunner“

Teilweise war in Karlstadt Kritik zu hören ob der hohen Kosten – im Vergleich zur Zahl der Schützen. Schützenmeister Michael Gehrsitz betont jedoch, dass keine städtischen Zuschüsse erforderlich sind und die Umlagekosten den städtischen Haushalt nur so lange berühren, bis die Stadt die für die Erschließung erworbenen Grundstücke an die Bauwerber weiterveräußert hat.

Er spricht von 20 bis 30 „sehr aktiven“ Schützen und einem weiteren Dutzend „aktiven“ Schützen. Doch erst jüngst kamen rund 18 neue, aktive Mitglieder auf einen Schlag nach Karlstadt. Die Lohrer „Spessart-Gunner“ haben sich zum Jahreswechsel dem KKS angeschlossen (wir berichteten).

In einem Brief an die Stadt Lohr zeigen sie sich einerseits zu wenig unterstützt von der Lohrer Sportförderung, andererseits locke in Karlstadt eine „Top-Indoor-Anlage, die in Deutschland ihresgleichen sucht und von einer stark steigenden Zahl von erfolgreichen Sportlerinnen und Sportlern genutzt wird“.

Schon vor dem Wechsel gab es eine Kooperation zwischen diesen Lohrer und den Karlstadter Schützen. So wurden die Lohrer Gottfried Walter und Dietmar Rauer zusammen mit Michael Gehrsitz vom KKS Karlstadt und und Arno Stern deutscher Meister im IPSC-Schießen (International Practical Shooting Association).

Wenn alles fertig ist, wird der KKS fünf 50-Meter-Bahnen und zehn 25-Meter-Bahnen fürs Schießen mit Feuerwaffen haben und elf Zehn-Meter-Bahnen für Luftdruckwaffen. Gegenüber der früheren Ausstattung wurde eine 50-Meter-Bahn in eine 25-Meter-Bahn „umgewandelt“, um den Wettkampferfordernissen besser zu entsprechen.

Beim KKS liegt der Schwerpunkt auf Feuerwaffen. Er ist Mitglied im Bayerischen Sportschützenbund (BSSB) und im Bund deutscher Sportschützen (BDS). Neben den klassischen Disziplinen, in denen die Karlstadter Schützen ebenfalls bayerische und deutsche Meister stellen, hat Letzterer auch die dynamischeren Disziplinen im Programm. Was das bedeutet, erklärt Michael Gehrsitz: Ein Schütze muss schnell und treffsicher Schüsse auf unterschiedliche Ziele abgeben. Transparente Trennwände sorgen dafür, dass er verschiedene Positionen zum Abfeuern aufsuchen muss. Die Wertung erfolgt nach der Formel „Punkte durch Zeit“.

Pulverdampf wird weggeblasen

Für die Zulassung dieser Disziplinen ist ein entsprechender Ausbau der Decken, Wände, Böden sowie Beleuchtung erforderlich, den die Karlstadter Schützen in Eigenleistung erbringen.

Damit die Schützen in der eingehausten Anlage nicht vom eigenen Pulverdampf eingeräuchert werden, wurde eine moderne Verdrängungslüftung eingebaut. Hinter den Schießständen hängen dicke, blaue Gewebeschläuche von der Decke. Hält man die Hand in die Nähe, bemerkt man zarte Frischluft austreten. Im Bereich der Zielscheiben wird die Luft angesaugt, sodass stets ein leichter Luftstrom durch den Schießstand zieht – weg von den Schützen. Fast 20 000 Kubikmeter Luft können pro Stunde ausgetauscht werden.

Im Frühjahr 2012 hatte die Firma Liebstückel den Rohbau fertiggestellt. Sofort bauten die Mitglieder den 25-Meter-Schießstand aus. „Das war uns unter Trainingsgesichtspunkten das Wichtigste“, sagt Michael Gehrsitz. Die Wände und Decken wurden mit weißen Herakustik-Platten verkleidet. Das sind Holzwolle-Zement-Platten, die feiner sind als Heraklith, aber ebenso schallschluckend wirken. Mit den groben Heraklith-Platten sind inzwischen auch die Wände der 50-Meter-Bahn verkleidet.

Sind die eigentlichen Schießbahnen fertig, dann werden die Schützen noch Umkleideräume und das Büro des Schützenmeisters fertigstellen sowie die sanitären Anlagen renovieren. Umkleiden sind deshalb nötig, weil Schützen bei einigen Disziplinen ihre Straßenbekleidung gegen spezielle Schießschuhe, eine sehr steife Schießhose und steife Schießjacke tauschen, um einen möglichst stabilen Stand zu erreichen. Die offizielle Einweihung ist für 2014 geplant.

Frische Luft: Schützenmeister Michael Gehrsitz zeigt die sogenannten Quellsäcke, die Luft gleichmäßig in den Raum blasen.
| Frische Luft: Schützenmeister Michael Gehrsitz zeigt die sogenannten Quellsäcke, die Luft gleichmäßig in den Raum blasen.
Bereits fertig: Die 25-Meter-Schießbahn hat der KKS als erste fertiggestellt, um auch während der Bauphase trainieren zu können.
| Bereits fertig: Die 25-Meter-Schießbahn hat der KKS als erste fertiggestellt, um auch während der Bauphase trainieren zu können.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Baukosten
Berufliche Ausbildung und Weiterbildung
Eigenleistung
Feuerwaffen
Online-Banking
Schützenvereine
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top