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Schausteller Horst Ferling ist gestorben: Ein Leben auf und für den Rummel
Er war eine Institution am Autosccoter: Schausteller Horst Ferling ist gestorben. Das Bild zeigt ihn 2013 auf der Miltenberger Michaelismesse. 
Foto: Nicole Koller | Er war eine Institution am Autosccoter: Schausteller Horst Ferling ist gestorben. Das Bild zeigt ihn 2013 auf der Miltenberger Michaelismesse. 
Bearbeitet von Thomas Josef Möhler
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:06 Uhr

Der Autoscooter seiner Familie war seit 1950 Tradition auf der Lohrer Spessart-Festwoche, aber den Neustart des Volksfests nach den Corona-Lockdowns hat er nicht mehr miterlebt: Kurz vor Beginn des Volksfests ist Horst Ferling aus Offenbach, Jahrgang 1939, gestorben. Wie sein Fahrgeschäft war der knorrige Hesse eine Institution auf vielen Volksfesten: ein Leben auf und für den Rummel.

Auch wenn er in Offenbach lebte, hat Ferling seine Herkunft nie verleugnet: "Ich bin ein Frankfurter Würstche", sagte er einmal in einem Pressegespräch. Die Geschichte seines Fahrgeschäfts konnte er bis 1870 zurückverfolgen: alles alteingesessene Frankfurter. Sein Urgroßvater Karl legte 1870 mit einer Schiffsschaukel den Grundstein für das Familienunternehmen. Mit kleinen Karussells und einer Schießhalle baute Großvater Heinrich Ferling das Geschäft aus. Die Rundfahrgeschäfte konstruierte er selbst.

Autoscooter seit 1932

So hielt es auch sein Vater Wilhelm Ferling, Jahrgang 1903, mit seinem ersten elektrischen Autoscooter im Jahr 1932. Die Fahrbahn war damals kleiner, und die Autos ließen sich schwerer lenken, aber sonst hat sich am Fahrgeschäft der Familie wenig geändert. Seit 1932 ist der Betrieb mit seinen Fahrgeschäften auch fester Bestandteil der Miltenberger Michaelismesse.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es für die Ferlings 1946 wieder los bei der Messe in Frankfurt. Ab 1949 konzentrierte sich die Familie auf den Autoscooter und besuchte mit ihren bunten Fahrzeugen immer mehr Volksfeste im Rhein-Main-Gebiet. 1950 war sie erstmals bei der Lohrer Spessart-Festwoche. Damals kostete ein Auto für den Scooter 2200 Mark, einen VW Käfer bekam man für 2600 Mark. Seinerzeit hatten die Ferlings 22 bis 30 Scooter. Heute sind es zwischen 26 und 28 – und für einen sind rund 6000 Euro fällig. Dazu kommen noch die Ausgaben für den Kassenwagen und das technische Equipment.

Nach dem Unterricht landete der Schulranzen in der Ecke, und Horst Ferling ging seinem Vater zur Hand. Eisenplatten habe er zusammengeschraubt, berichtete er einmal. Ferling absolvierte eine Schlosserlehre, aber von Kindheit an stand fest, dass er als einziger Spross der Schaustellerfamilie das Geschäft übernehmen würde.

Kindheit auf dem Rummel

Seit seiner Kindheit zog er von Fest zu Fest. Eine solche Jugend hatte auch ihre schönen Seiten. Während andere Jungs in seinem Alter mit Modellautos spielten, kurvte Horst Ferling im Autoscooter über die Bahn – jeden Tag, so oft er wollte. Mit anderen Schaustellerkindern erkundete er die Festplätze.

Schon als Bub lernte er von seinem Vater alles, was für den Betrieb eines Autoscooters notwendig ist. Mit dem Parken der Wagen, dem Verkauf der Chips und dem Auflegen der Musik war es nicht getan. Wie Ferling einmal erzählte, muss man in diesem Geschäft alles ein bisschen sein: Schreiner, Schlosser, Elektriker und Kfz-Mechaniker.

Generalunternehmer

Als sein Vater Wilhelm 1961 starb, übernahm Ferling zusammen mit seiner Mutter Gretel die Leitung, ab 1965 allein. Seit 1972 zeichneten Ferling und seine Frau Carmen, die er – wo sonst? – auf einem Volksfest kennengelernt hatte, als Generalunternehmer für den Vergnügungspark der Festwoche verantwortlich. Nach einem Gerichtsurteil von 2010 zur Beschickung von Vergnügungsparks machte Ferling als Generalpächter und somit Verantwortlicher für den Aufbau und Betrieb der Fahrgeschäfte weiter.

Am Firmenstammsitz in Offenbach war Ferling üblicherweise nur von Mitte November bis Ende Februar anzutreffen. In der restlichen Zeit war er "außer Haus" auf dem Rummelplatz – mit den Unterlagen für den Festplatz in einem dicken Leitz-Ordner. Meistens war er im Kassenhäuschen des Autoscooters anzutreffen.

Die Familientradition führen die Töchter Nadine und Tanja fort. In Rente ging Horst Ferling dennoch nicht. Da wäre ihm bloß langweilig, meinte er einmal. 

 
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