
Beim idyllisch an der Sinn gelegenen Schullandheim Schaippachsmühle geht es mit einem neuen Eigentümer weiter. Bereits seit 1. August vergangenen Jahres gehört das Schaippacher Schullandheim dem Unternehmer Robert Franz, 58, der durch Nahrungsergänzungsmittel vermögend wurde. Man erkennt ihn an seiner lilafarbenen Lockenmähne und daran, dass er Sommer wie Winter barfuß geht, oft nur mit Fellfetzen bekleidet.
„Vor Ort bleibe ich wie bisher die Hausleiterin“, sagt die 58-jährige Bärbel Flügel. Diesen Posten hat sie bereits seit 2003. Damals verkaufte die Stadt Würzburg das Schullandheim, das von älteren Schaippachern immer noch „Kinderheim“ genannt wird, für einen sechsstelligen Betrag an die Würzburgerin Claudia Sitzer. Von ihr kaufte Franz nun das Schullandheim.
Ohne den neuen Käufer wäre das Schullandheim geschlossen worden
„Wenn Frau Sitzer keinen Käufer gefunden hätte, wäre es geschlossen worden“, sagt Hausleiterin Flügel. Dann wäre es dem Haus gegangen wie dem anderen von der Stadt Würzburg betriebenen Heim in Aschau am Chiemsee, das die Stadt zur Jahrtausendwende schloss und das jetzt laut Flügel kaputt ist. „Da spielen jetzt die Wildsäu drin.“
Nun soll sich am Betrieb in Schaippach zunächst einmal nichts ändern – „er lässt mich einfach machen“, sagt die Hausleiterin über den neuen Eigentümer. Auch das Personal, insgesamt zehn Frauen aus Schaippach, Rieneck und Burgsinn, davon zwei Drittel Teilzeit und ein Drittel auf 450-Euro-Basis, habe der Investor Franz, auf den sie große Stücke hält, übernommen.
Beim Kauf verpflichtete sich die vorige Eigentümerin, das Schullandheim 15 Jahre lange weiter zu führen. Im Sommer sind die 15 Jahre um, aber das Haus soll weiterhin Schullandheim bleiben. „Es bleibt alles beim Alten, außer dass wir mehr Finanzmittel zur Verfügung haben.“ Denn Franz, der einen Hof in Unterickelsheim bei Ochsenfurt hat, müsse nicht aufs Geld schauen.
Schaippachsmühle nicht mehr gemeinnützig
Was sich aber ändert, ist, dass das Schullandheim keine gemeinnützige GmbH mehr ist und bald wohl kein Mitglied im bayerischen Schullandheimwerk mehr. Das mit der gGmbH habe der neue Eigentümer nicht gewollt, das hätte nur Umstände mit sich gebracht, die der Freigeist Robert Franz nicht wolle. Deshalb gehört das Schullandheim nun zu dessen Neubrunner Hundefutter-Firma DOGenesis. Der neue Eigentümer überlege allenfalls, das Schullandheim mehr für Seminare zu nutzen.
Der schillernde Robert Franz, der in Rumänien geboren ist, jetzt in der Steiermark wohnt und bis vor ein paar Jahren noch Disponent einer Würzburger Betonfirma war, sei ein Menschen- und Kinderfreund und großzügig, sagt das „Mühlenfräulein“, wie sich Bärbel Flügel selbst scherzhaft nennt. Das Schullandheim habe er gekauft, weil er mit seinem Geld Gutes tun wolle. Bestrebungen, seine Nahrungsergänzungsmittel aus Traubenkernextrakt hier an den Mann zu bringen, habe er keine. Franz selbst hat auf eine Anfrage der Redaktion zu seinen Beweggründen und Plänen nicht geantwortet.
Das Haus stehe auf gesunden Beinen, sagt Flügel. Den Betrieb und kleinere Investitionen deckten die Einnahmen. Nur für größere Dinge wie das Dach komme eine Finanzspritze gelegen. Bald soll es auch im ganzen Haus WLAN geben, womit es mit den Trauben von Jugendlichen vor ihrem Büro vorbei sein dürfte, die bisher auf der Suche nach WLAN nur dort fündig werden.
Rund 50 Schulklassen im Jahr
Rund 50 Schulklassen beherbergt das auch für Rollstuhlfahrer geeignete Schullandheim, das 80 bis 90 Betten hat, im Jahr. Hinzu kommt der Wochenendbetrieb mit Musikkapellen und Chören, die hier Probenwochenenden machen, außerdem allerlei Sportvereine, Ministrantenwochenenden und Tagungen. Auch Hochzeiten, Klassentreffen, Taufen und dergleichen Veranstaltungen finden hier statt. „Ab März, April geht es richtig los“, sagt die fröhliche Sozialpädagogin, die ursprünglich aus Stockstadt kommt und zuvor den Montessori-Hort in Zell geleitet hat.
Ob vegetarisch, vegan, glutenfrei, laktosefrei, halal oder normal – die Frauen in der Küche bekämen alles hin, sagt die Hausleiterin. „Wir brauchen uns nicht verstecken“, sagt sie.
Bärbel Flügel wohnt gern in Schaippach und erzählt, was die Schülergruppen, überwiegend Grundschüler, hier alles machen: Biberführungen, Wanderungen in den Wald, Besuche beim Rienecker Wassererlebnishaus und in Hohenroth. „Ich finde es so idyllisch und schön hier.“ Dem neuen Eigentümer Robert Franz gefallen das Haus und die Lage offenbar ebenfalls.
Geschichte der Schaippachsmühle
Die Sinnmühle in Schaippach wurde laut Überlieferung von Kaiser Otto II. im Juni 963 dem Würzburger Bischof Poppo (später Erzbistum Mainz) geschenkt und, wie ganz Schaippach, als Lehen zwischen den Mainzer Kurfürsten und den Grafen zu Rieneck herumgereicht. 1896 wurde die Sinnmühle von einem Schweinfurter Kaufmann erworben und eine Drahtfabrik eingerichtet, 1922/23 von der Kreis-Elektrizitäts-Versorgung Unterfr. AG gekauft und eine Trafostation errichtet. Auch eine Absatzlackfabrik soll sie gewesen sein.
Am 20. April 1936 erwarb die Stadt Würzburg die Sinnmühle (nun Schaippachmühle genannt), riss die Gipsmühle zwischen Haupthaus und Sinn ab und baute das Hauptgebäude zu einem Kinderheim um. Nach Kriegsende bis November 1947 nutzten die Würzburger das Haus als Altersheim und danach wieder als Kindererholungsheim.
1953 war der Umbau der Scheune als erweiterter Wohnraum für Kindergruppen fertiggestellt und so konnten bis zu 80 Kinder die Schaippachsmühle bewohnen. Als sich 13 Jahre später die Kinderheimauflagen änderten, kam das Kinderheim in finanzielle Schwierigkeiten. Nur durch die Zusammenarbeit des Stadtschulrates mit dem Schullandheimwerk Unterfranken (SWU) und weiteren Umbaumaßnahmen konnte eine Schließung verhindert werden und ab 1976 der Betrieb als Schullandheim weitergehen. Es wurde sogar sehr aufwendig hinter dem Haus ein Hartplatz gebaut.
2002 hing wieder das Damoklesschwert der Schließung über dem Schullandheim. Die Schaippachsmühle kostete die Stadt Würzburg 84 000 Euro im Jahr. Da nur 15 Prozent der Schüler aus Würzburg kommen, so die damalige Oberbürgermeisterin Würzburgs Pia Beckmann, könne man auf das Heim verzichten. Doch gegen die Schließung regte sich Protest: Beckmann wurde eine Unterschriftenliste mit 335 Unterschriften von Lehrkräften aus 30 Grund- und Hauptschulen und zwei Förderschulen, übergeben, die innerhalb von nur fünf Tagen zusammengekommen waren. Da kam 2003 die Würzburgerin Claudia Sitzer zu Hilfe, kaufte die Schaippachsmühle und garantierte der Stadt den weiteren Betrieb des Schullandheims für 15 Jahre. (Quelle: slh-schaippach.lern-s-oft.de