Um vor 70 Jahren in Gemünden einen Schachklub gründen zu dürfen, waren zwei Dokumente erforderlich: „Persilschein“ und Erlaubnis der amerikanischen Militärregierung. Sie sind bis heute erhalten.

Die Militärregierung für Bayern erhebt „keine Einwände gegen die Einberufung einer Versammlung zum Zweck der Gründung eines Schachvereins für die Stadt Gemünden“, heißt es mit Datum vom 2. Juli vom Unterbüro Gemünden der Region Würzburg des Büros der Militärregierung für Bayern. Ein Vereinsausschuss versichert im Gegenzug, dass die künftigen Mitglieder „politisch vollkommen einwandfrei oder nicht mehr als Mitläufer“ der Nazis waren.

In der Gefangenschaft das Spiel gelernt

24 Schachenthusiasten hatten sich zur Gründung des Schachklubs im Gasthaus „Zum Schwanen“ zusammengefunden. Unter ihnen war der damals 23-jährige Robert Nöth. „Ich dürfte der jüngste gewesen sein“, erinnert er sich. Er war erst kurz zuvor aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Gemünden zurückgekehrt. Im Lager hatte er von anderen Gefangenen das Schachspielen gelernt. Seitdem begleitet es ihn durchs Leben.

Robert Nöth übernahm in neu gegründeten Schachklub sofort Mitverantwortung. Er wurde Schriftführer des Vereins. Zum Vorsitzenden hatten die 24 Gründer den damaligen Gemündener Landrat Dr. Alexander Bamberg gewählt. Kassier wurde Hans Faßnacht. Der Mitgliedsbeitrag wurde auf 50 Pfennig festgelegt. Spielabend wurde der Dienstagabend.

Ab 1951 Abteilung des ESV Bavaria

Auch sportlich prägte Robert Nöth den Verein mit. Unzählige Partien hat er für den Schachklub bestritten, der schon drei Jahre nach der Gründung auf einstimmigen Beschluss der Mitglieder als Abteilung im 1951 entstandenen Einheitssportverein Bavaria Gemünden aufging.

In den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es kaum ein Turnier auf Kreisebene, das Robert Nöth nicht auf einem Spitzenplatz beendete. Er sammelte Titel und Pokale von der Stadt- über die Kreis- bis zur Bezirksebene und trat auch bei Bayerischen Meisterschaften an. Natürlich spielte er als bester Spieler des Teams an Brett 1 der Mannschaft.

Aktuell noch in Kreisliga aktiv

Aus acht Schachspielern besteht ein Team, berichtet Nöth. Zu ihren besten Zeiten hatte die Schachabteilung des ESV drei Mannschaften. Auch in der Jugend hatte man teilweise zwei Teams. Die Nachwuchsmannschaften bestehen aus sechs Spielern. Derzeit ist nur noch eine Mannschaft des ESV in der Kreisliga aktiv. Mannschaftsführer ist Rainer Glück. Als Abteilungsleiter fungiert Manfred Seubert.

Er ist schon seit 1995 im Amt. Einer seiner Vorgänger: Robert Nöth. Er übernahm erstmals 1971 die Verantwortung für die Abteilung. Elf Jahre später übergab er an einen Nachfolger, sprang aber nach zwei schnellen Wechseln an der Spitze erneut als Abteilungsleiter ein. Ein Jahr später gab er die Führung wieder ab, denn nun übernahm Nöth Verantwortung für den ganzen Verein. Er fungierte bis 1999 als Vorsitzender des ESV. Der Verein hat ihn für seine Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Sogar gegen Großmeister gewonnen

Als seinen größten sportlichen Erfolg betrachtet Robert Nöth den Sieg gegen den russisch-deutschen Großmeister Jefim Bogoljubow bei einem Simultan-Turnier in Karlstadt. Gegen 43 Gegner gleichzeitig war der Großmeister 1951 angetreten. 37 Partien konnte er problemlos gewinnen. Zwei Schachspieler rangen dem aus Russland stammenden Großmeister, der 1927 Deutscher geworden war, immerhin ein Remis ab. Nur zwei Partien musste Bogoljubow, der in den 20er und 30 Jahren der stärkste Schachspieler Deutschlands war, verloren geben – darunter die gegen Robert Nöth. Bogoljubow gratulierte ihm handschriftlich auf dem Ergebniszettel. „Dem Sieger! Bravo!!!“