Das Salonorchester „Sousi & die Grammophoniker“ geht mit legendären Melodien aus Jazz, Swing und Schlagern auf große Fahrt. Am Freitag nahmen sie rund 40 Gäste im Alten Lohrer Rathaus mit auf einen Ausflug in die 1920er Jahre.
Nicole Schömig aus Werneck, Querflötistin, Moderatorin und Sopranistin mit ausgebildeter Klasse-Stimme, war Stipendiatin der Richard-Wagner-Stiftung, heute arbeitet sie als Diplom-Gesangspädagogin und gastiert seit 2012 unter anderem als Opernsängerin in der „Kleinen Zauberflöte“ am Theater Erfurt. Eine weitere „Dame“ ist im Spiel: Sousi, die „Frontfrau“ und Diva, nach der sich das Trio benennt. Die dickköpfige, blank geputzte Lady in Form einer Tuba heißt Sousaphon und hat ihren Riesentrichter nach oben gerichtet. Jochen Rothermel trägt sie um Körper, Hals und Herz. Werner Küspert ist der Banjo-Spieler und Gitarrist im Ensemble; zusammen geben sie ein famoses Trio ab.
Lebenslust und Schwermut
Am Freitag luden sie das Publikum im Alten Rathaussaal ein zur musikalischen Weltreise durch die Goldenen Zwanziger, in der Radioapparate mit Lang- und Mittelwelle aufkamen, Swingkappellen aus dem Boden schossen und Tänze wie der Charleston die Zeit eroberten. Die Zeit war gleichsam geprägt von Lebenslust und Schwermut; die Armut der Künstler spiegelte sich in oft zynischen und ironischen Texten wider.
Im Rathaussaal zeigte manches im Takt wippende Bein und entzückte Gesicht des vornehmlich älteren Publikums, dass „Oldies“ wie „Ich brauche keine Millionen (Peter Kreuder; 1905 - 1981) oder der Richard Fall-Gassenhauer „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans?“ ganz nach dem Geschmack der Gäste waren. In dem populären Opernlied „Warte, warte nur ein Weilchen“, einst gesungen von Walter Kollo, geht es um Serienmörder Friedrich Haarmann, der 1924 zum Tode verurteilt wurde.
Im zweiten Teil des Konzertabends machte Sousis Salonorchester Halt im Ritz in Paris, tourte weiter nach England und von da zu den rauen Sitten im russischen Nischni Nowgorod („Da gibt es Salz und Brot und auch kein Kussverbot“) und dem legendären „Ich hab das Fräulein Helen baden sehn“, 1926 von Fred Raymond komponiert. Schließlich legte das Trio in Charleston im amerikanischen Bundesstaat South Carolina an.
Temperamentvolles Banjo
Im Stück „Charleston“ bewies Werner Küspert, in welch heißblütigem Temperament Banjo-Saiten vibrieren können. Dann kamen die „Träumereien“: Das Liebeslied aus Chile „Roter Mohn“, das Weltruhm erlangte durch die Stimme der „chilenischen Nachtigall“ Rosita Serrano (1914 - 1997) oder „Schöner Gigolo, armer Gigolo“ von Leonello Casucci. Für Schmunzeln sorgte das Souvenir aus Ägypten „In der Bar zum Krokodil“. Es ist die Geschichte von Frau Potifar, die ungemein erfahren war. Sie pfiff auf Sittlichkeit und fuhr jede Nacht in die Bar nach Theben. Inkognito verkehrten dort auch Josef und der Pharao. Und zu Potifars Gatten sprach der Ramses „Ja, Majestät, da hamses“.
Im Finale legte das Trio in Israel an mit dem Swing „Bei mir bistu shein“. Geschrieben wurde das Stück für ein jiddisches Musical; Ende der 1930er machten es die Andrews Sisters bekannt. Nach gut zwei Stunden Konzert dann die Hommage an Lady Sousi mit „Aint't she sweet“ und in diesem gefühlvollen Lied zeigte Schömig, dass sie in der englischen Sprache so sicher ist wie in Deutsch.