Was war das schön: Endlich das Häuschen auf dem Land, für einen armen Zeitungsschreiber erschwinglich, mit guter Luft und jeder Menge Ruhe, bei der einem das obligatorische Gute-Nacht-Geplänkel von Fuchs und Hase, das in einem solchen Artikel ja nicht fehlen darf, fast schon wie Geschrei vorkommt. Und: Dank der offensiven Breitbanderoberung des ländlichen Raumes trotzdem am Puls der Welt, damit der arme Zeitungsschreiber Texte wie diesen schnell mal zur Redaktion hochladen kann oder sich alles Mögliche online bestellen, wie zum Beispiel das Buch „Richtig schämen“, weil man seinen digitalen Klick eben nicht da gelassen hat, wo man wohnt.
Und da sind wir auch schon bei der analogen Komponente des ländlichen Idylls. Just vor dem Fenster meines neuen Arbeitszimmers steht der alte gelbe Ortsbriefkasten und präzise wie die Uhr nagelte – plus/minus eine Stunde zum offiziellen Leerungstermin – der gelbe Dieseltransporter der Deutschen Post heran, um den Kasten zu leeren und mir all die schönen bestellten Dinge sowie gelegentlich eine magere Abrechnung vom Verlag vorbeizubringen. Da der Mensch nun mal von der Routine lebt, war es angesichts solcher Rituale ein leichtes, sich im Landidyll angemessen einzugewöhnen.
Bis zu jenem Tag, als sich Totenstille über den Weiler legte, weder plus noch minus eine Stunde um den vereinbarten Termin das vertraute Nageln zu hören war, aber trotzdem meine Post unter der Tür lag – ein Phänomen, das sich drei Tage lang wiederholte, bis der aufmerksame Schreiber erkannte: Die Post fährt jetzt elektrisch! Dass so viel Ruhe einfach für Unruhe sorgt, hat wohl höheren Postortes keiner bedacht, oder soll ich ab jetzt nervös auf und ab stromern, um das Stromermobil abzufangen und das plus/minus eine Stunde täglich? So hatte ich mir das Landleben ja nun gar nicht vorgestellt!
Seit gestern ist übrigens wieder alles im Lot. Nach drei lautlosen Wochen ist sich das Elektromobil bewusst geworden, dass es doch nur ein Auto ist. Die Bremsen quietschen. Einfach so. Unüberhörbar, herzzerreißend und hoffentlich irreparabel. Es muss eben alles seine Ordnung haben. Plus/minus eine Stunde.