Dies ist eine Geschichte aus der Zeit lange vor der Datenschutzgrundverordnung: Als in den 1970er Jahren das erste Enkelchen geboren wurde, wollte es eine glückliche Fügung des Schicksals, dass just dieses Enkelchen wenige Tage später in der Zeitung abgebildet war. Nein, es war nicht das erste Baby des Jahres. Kann sein, das es irgendeine Umstrukturierung in der Geburtshilfe des Karschter Krankenhauses gegeben hatte. Und die Zeitung brauchte ein Foto zur Illustrierung des Themas.
Jener Zeitungsausschnitt kam in einen Rahmen mit rot glänzendem Kunstleder. So etwas war in den 1970ern hypermodern. So stand das Stückchen Zeitungspapier mit dem gerasterten Schwarzweißbildchen jahrelang auf der Frisierkommode im Schlafzimmer der stolzen, frischgebackenen Oma und gilbte vor sich hin. Im Laufe der Jahre gab es etliche weitere Enkel und weitere Fotos auf der Kommode. Doch nie wieder kam es zu der glücklichen Fügung mit dem Zeitungsfoto.
Am besten von hinten
Wie gesagt, all das geschah lange vor der Datenschutzgrundverordnung. Neben dieser Verordnung gab es einen weiteren Hauptunterschied zu heute: Triebtäter waren der Welt damals noch weitestgehend unbekannt. Sie gab es in der realen Welt einfach nicht, sondern höchstens in dem Blättle mit den vier Buchstaben.
Das ist heute ganz anders. Und es gibt vielerlei weitere Gründe, Bilder von Kindern nicht mehr in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Folglich machen heute zum Beispiel die Stadtjugendpfleger keine Fotos mehr vom Ferienspaß – und wenn, dann nur noch von hinten. Auch erschien diese Woche der Bericht über das Karlstadter Ferienprogramm in der Zeitung erstmals unbebildert. Das war keine böse Absicht, sondern es war schlicht versäumt worden, von allen Eltern über Formblätter die Einverständniserklärung zur Veröffentlichung einzuholen.
Unbelebte Welt
Die Zukunft wird so aussehen: Fotos von leeren Schwimmbecken, von Schaumpartys mit nur Schaum darauf, aber ohne Kinder, die sich darin vergnügen, und von unbewohnten Hüttendörfern, die wirken, als hätte gerade eine Neutronenbombe dort eingeschlagen und alles Leben ausgelöscht. Dafür postet die Oma nachher auf Teufel komm raus tausendfach Fotos der Kleinen oder schickt sie der Welt per WhatsApp.
Hätten Niépce und Daguerre gewusst, wie schwierig das eines Tages mit ihrer Erfindung der Fotografie wird, sie hätten zweifellos die Finger davon gelassen.