Mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft in Richtung noch größerer Felder und noch stärkerer Spezialisierung sieht der Sachserhofer Biolandwirt Helmut Rüth einen Rückgang der Sortenvielfalt. "Alte Sorten, meist mit wertvolleren Inhaltsstoffen, geschmacklich besser und auch resistenter gegen Krankheiten, gehen so verloren." Beispielsweise seien alte, wertvolle Streuobstsorten in so gut wie keinem Lebensmittelmarkt mehr zu finden, ebenso bei Tomaten. "Dafür alle in genormter Größe und äußerlich makellos."
Die Saatgutzüchtung beschränke sich auf immer weniger, aber ertragreichere Sorten. Diese seien oft aber auch anfälliger für Krankheiten und benötigten mehr Dünger für den größeren Ertrag. Der Biobauer warnt, dass mit einer immer engeren Fruchtfolge kaum noch Humusaufbau betrieben werde. Der aber sei entscheidend für die natürliche Bodenfruchtbarkeit.
Der Strukturwandel in der Landwirtschaft beschleunige zugleich das Verschwinden der näheren Vermarktungsmöglichkeiten. Die Lagerhäuser sind immer weiter weg. "Und welcher Metzger in der Nähe holt noch Vieh vom Bauern und schlachtet selbst? Wie weit weg ist der nächste Schlachthof?"
Weniger Vielfalt
Auch Notker Wolf, Vorsitzender des Bücholder Obst- und Gartenbauvereins, bedauert, die Spezialisierung führe zu einer Verarmung der Vielfalt. Die Bauerngärten seien kleine Paradiese gewesen. Inzwischen hat die Zahl der Vögel und Insekten drastisch abgenommen. Während es früher in jedem Hof Rauchschwalben gab, verschwinden diese mehr und mehr.
Früher wurden auch noch Klee, Erbsen, Hackfrüchte, aber auch Ackerbohnen, Wicken und mehr andere Getreidesorten wie Hafer angebaut. Heute beschränkt sich der Anbau auf immer weniger Fruchtarten. Rüth: "Wir werden ein Land mit einer immer mehr ausgeräumten, kahlen Flur mit immer größeren Feldstücken."
Der Vorsitzende des Bücholder Dialektvereins, Benedikt Feser, beklagt, dass derzeit die letzten Nebenerwerbslandwirte, die jetzt 50 oder 60 Jahre alt sind, aufhören. Mit der Veränderung in der Landwirtschaft zerfalle auch das dörfliche Leben immer mehr. Die Menschen leben zwar auf dem Land, hätten dazu aber keinen wirklichen Bezug mehr.
Bezug zur Landwirtschaft geht verloren
Das Verständnis für die Landwirtschaft nimmt ab. So sehen es auch Helmut Rüth und Notker Wolf. Und sie sind sich einig, dass es eine solch schlechte Stimmung wie derzeit in der Landwirtschaft noch nie gegeben hat.
"Wie es mit der Landwirtschaft weitergeht, das entscheidet jeder Kunde an der Ladentheke mit", betont Helmut Rüth - auch im Rückblick auf das Volksbegehren "Rettet die Bienen". Bewusst regional und saisonal einzukaufen wäre sinnvoll. "Nicht aber billige Erdbeeren und Spargel an Weihnachten, Äpfel aus Neuseeland oder Honig aus Übersee oder China oder die industrielle Produktion und Verramschung von Fleisch, das nur mit Hilfe von billigen Sojaimporten so günstig produziert werden kann - mit verheerenden Folgen für die Menschen und die Umwelt dort." Wer nachhaltig einkauft, hilft nicht nur der heimischen Landwirtschaft, sondern auch der Umwelt und der Natur.