
Der europäische Kunstpreis der Bernd und Gisela Rosenheim-Stiftung wird in Lohr vergeben, die Wettbewerbsbeiträge der engeren Auswahl werden in der Alten Turnhalle ausgestellt. Wie es dazu kam und was es mit dem Preis auf sich hat, erläuterten Stiftungs-Geschäftsführer Johannes Proescholdt, Kulturamtsleiter Thomas Funck und dritte Bürgermeisterin Ruth Steger am Montag in einem Pressegespräch.
Auf Lohr und die Ausstellungsmöglichkeit in der Alten Turnhalle aufmerksam wurde die Stiftung laut Funck durch den Lohrer Künstler Roland Schaller, der bei einer Vernissage Kontakte zur Stiftung geknüpft habe. Diese organisiere die Kunstpreisausstellung jeweils an wechselnden Orten. Vor drei Jahren habe man sich deswegen das erste Mal getroffen.
Ruth Steger zeigte sich "sehr dankbar und stolz, dass dieser Kunstpreis in Lohr vergeben werden kann". Die Stadt werde die Stiftung weiterhin während der Ausstellung unterstützen. Laut Funck hat die Stadt die Alte Turnhalle zur Verfügung gestellt und hilft beim Marketing.
Förderung ist wichtig
Kulturelle Förderung sei wegen der Corona-Pandemie besonders wichtig. Künstlerinnen und Künstler hätten mit am meisten unter ihr gelitten, so der Kulturamtsleiter. Geschäftsführer Proescholdt lobte die konstruktive Zusammenarbeit mit der Stadt und sprach von einer "Kunstpartnerschaft".
Nach Proescholdts Angaben sollte der mit 5000 Euro dotierte elfte Kunstpreis unter dem Motto "Gestalten des Mythos" eigentlich bereits im vorigen Jahr vergeben werden, aber Corona habe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der Preis sei europaweit ausgeschrieben worden, es habe 490 Bewerbungen mit circa 1000 bis 1200 Werken gegeben.
Diese Werke seien von der Jury aus Künstlerinnen und Künstlern sowie ihm selbst als Stiftungs-Geschäftsführer alle gesichtet worden. Dazu habe sich die Jury viermal getroffen. Besonderes Merkmal des alle zwei Jahre vergebenen Kunstpreises der Rosenheim-Stiftung sei die vollkommene Anonymität des Wettbewerbs.
Die Jury bekomme die Werke nur mit Kennziffern, aber nicht mit den Namen der Urheber zur Verfügung gestellt. Zur Begründung für diese Anonymität sagte Proescholdt: "Wir sind Menschen, und Beziehungen spielen in allen Bereichen eine Rolle." Das könne man nicht abstreiten.
Kapitalistischer Kunstmarkt
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts habe sich ein Kunstmarkt gebildet, den es die Jahrhunderte zuvor in dieser Form nicht gegeben habe. Er sei geprägt von kapitalistischen Strukturen. Selbstverständlich seien auch heute noch künstlerische Karrieren ohne Beziehungen möglich. Aber Kontakte seien sicherlich hilfreich.
Das Wettbewerbsthema Mythos ist nach den Worten des Geschäftsführers dem Stifter Bernd G. Rosenheim "ausgesprochen wichtig". Er setze sich in seinem Werk mit dem Mythos auseinander. Über die Jahrtausende habe es in allen Kulturen mündlich überlieferte Mythen gegeben.
Vom Griechen Homer sei um 800 vor der Zeitenwende eine der ältesten schriftlichen Formulierungen von Mythen geschaffen worden. Im Mythos gehe es, so Proescholdt, um den "Umgang mit dem Außergewöhnlichen, existenzielle Situationen und die Begegnung mit den Göttern".
Die Menschen in der Antike hätten den Mythos als wahr erlebt. In ihm hätten sie versucht, das "Zufällige, Fremde, Beunruhigende in eine vertraute Ordnung zu übersetzen". Seit über 2500 Jahren seien Mythen der "Stoff, aus dem die Künste schöpfen". Dennoch sei der Mythos nichts Vergangenes und Abgeschlossenes.
Dreifache Opfer
Mit dem Mythos würden auch Themen unserer Zeit diskutiert. Das sehe man beispielsweise am Wettbewerbsbeitrag "Medusa". Diese Gestalt aus der Antike stehe für Frauen, die als Verführte beziehungsweise Missbrauchte und Bestrafte an ihrem Schicksal angeblich selbst schuld seien und dreimal zum Opfer gemacht würden.
In der Alten Turnhalle gezeigt werden die Werke des Gewinners oder der Gewinnerin und der engsten Auswahl im Wettbewerb – insgesamt 33 Werke aus den Bereichen Malerei und Skulptur von 29 Künstlerinnen und Künstlern aus mehreren europäischen Ländern. Der Kunstpreis wird am 4. September im Rahmen einer Vernissage verliehen.
Diese ist nach Angaben von Thomas Funck nicht öffentlich. Mit den Ausstellern, der Jury und den Werken sei unter den derzeit geltenden Corona-Abstandsregeln die Halle voll, so dass kein Publikum zugelassen werden könne, erläuterte der Kulturamtsleiter.
Ausstellung in der Alten Turnhalle vom 5. bis 19. September jeweils samstags und sonntags, 14 bis 18 Uhr.