Armin Rittel (49) ist passionierter Hobbyfotograf, schreinert sein Möbel selber, und hat nun seinen ersten Roman veröffentlicht. Der in Hofstetten lebende Autor arbeitet hauptberuflich im Krankenhaus und erklärt, wie Goethes "Werther" in die heutige Zeit übertrug und wie er es mit einem Team aus Laien geschafft hat, einen Roman zu veröffentlichen.
Armin Rittel: Mir ist beides wichtig und auf beide Arten kann ich meine Gefühle ausdrücken: Einmal "beschreibe" ich mit der Kamera, einmal mit Worten. Im Grunde genommen unterscheiden sich nur die Output-Medien. Ich mag es, wenn beides ineinander greift: Gelegentlich schreibe ich für unsere Dienstgemeinschaft, ich verknüpfe dabei meine Fotos mit meinen Gedanken.
Rittel: Genau, ich arbeite im Labor im Krankenhaus St. Josef in Schweinfurt, schon seit 1995. Ich bin Medizinisch-Technischer-Assistent und mache Blutanalysen. Ich bin der, der das Röhrchen mit ihrem Blut bekommt, es dann in diverse Analyse-Geräte steckt und hinten kommen die Werte raus.
Rittel: Richtig, ich habe teilweise im Nachtdienst geschrieben, wann immer ich eine "kreative Nische" gefunden habe. Ich hatte das Buch online immer dabei. Dieses stückchenweise Arbeiten hat es mir aber besonders schwer gemacht, eine kontinuierliche Erzählstimme zu finden.
Rittel: Ich habe 2015 mit dem Buch begonnen. In dem Jahr verstarben meine Eltern kurz hintereinander. An dem Punkt wurde mir klar, dass es Zeit ist, damit zu beginnen. 2021 war es dann endlich ferig.
Rittel: Diesen Traum verfolge ich schon lange. Leider waren meine Versuche eher dilettantischer Natur, zudem fehlte es stets an Durchhaltewillen. Absurderweise war ein Satz aus dem Film "The Doors" die Initialzündung. Jim Morrison wurde darin gefragt, was er sich für sein Leben vorstelle und die lapidare Antwort war: "Fett werden und ein Buch schreiben".
Rettel: (lacht) Ich habe schon vorher Kurzgeschichten und Gedichte verfasst. Oft versuchte ich darin Gefühle nachvollziehbar darzustellen, also: Warum ist jemand wütend, traurig oder einsam? Was ich letztendlich auch in meinem Roman versucht habe. Das Fettwerden hat allerdings noch nicht geklappt.
Rittel: Das Schreiben ist ein Handwerk, das man sich erarbeiten kann. Es gibt Blogger, die im Internet über das Schreiben schreiben. Stichwort: Schreibwerkstatt. Jemand, der mir indirekt sehr viel beigebracht hat, ist Marcus Johanus. Früher hat er über die Technik des Schreibens gebloggt. Heute ist er erfolgreicher Autor und bloggt eher über seine Bücher.
Rittel: Meine Frau ist Grundschullehrein und hat korrigiert. Etwa sechs Leute aus meinem Freundeskreis waren eingebunden: Eine Übersetzerin, ein Künstler, eine Diplompsychologin und weitere. Alle haben testgelesen und ich habe das Feedback dann eingearbeitet. Ich finde, für ein Laienteam ist das eine großartige Leistung.
Rittel: Ich habe die verschiedenen Möglichkeiten im Internet recherchiert. Bei einem klassischen Verlag hätte es noch länger gedauert; dafür hatte ich keine Geduld. Ich habe mich dann für einen der Self-Publisher entschieden. Hier konnte ich mein Buch, zusätzlich zum eBook, auch als Print Version bekommen – außerdem übernehmen die Einiges an Marketing. Ich mache sowas nicht gerne.
Rittel: Eigentlich wollte ich einen Science-Fiction Roman schreiben. Doch ich hatte so einige Ideen im Kopf, die sich zu einem Netz sponnen. Irgendwann fiel mir die Ähnlichkeit zum Werther auf. Ich dachte mir: warum sollte ich nicht versuchen, diesen Stoff als Leitfaden für meine Geschichte zu nehmen.
Rittel: Ich wollte Werther zum einen moderner machen und in mein Lebensumfeld – Mitte des Lebens, verheiratet, Kind – holen, aber doch ähnliche Konflikte beschreiben, wie im Original; bis hin zum Selbstmord. Ein wichtiger Schritt war auch, aus dem verhätschelten Bübchen einen Hausmann zu machen – also einen Gegenpol zu bilden. Das habe ich mir sehr bewusst überlegt.
Rittel: Oft spontane und aktuelle Dinge: Weil seinerzeit das Gerücht umging, dass Spielwaren Bauer in Gemünden schließen würde, änderte ich mein Setting vom Secondhand- zum Spielwaren-Laden. Das gab einen neuen Impuls für meine Planung. Hauptsächliche Inspirationsquelle ist das Leben um mich herum, das ich genau beobachte.
Rittel: In der Tat, ich bin 49 und eine Midlifecrisis würde gut passen. Ganz so einfach ist es aber nicht. Tatsächlich habe ich einfach ein melancholisches Gemüt. Dadurch habe ich oft einen ganz anderen Blick auf die Dinge. Ich habe wahnsinnig viele Emotionen; das hilft mir beim Schreiben und Fotografieren.
Rittel: Besonders mag ich meine Lightpainting-Motive und Makro-Aufnahmen. Ich hoffe immer, dass ich mit meinen Fotos die Herzen der Menschen erreiche, und sie somit darüber zum Nachdenken anregen kann.
Rittel: Über Umweltschutz zum Beispiel. Das Thema liegt mir sehr am Herzen. Ich lebe in einem Passivhaus mit naturnahem Garten. Naturliebe ist mir vom Elternhaus eingeimpft worden: Meine Mama ist mit meiner älteren Schwester und mir jeden Sonntag spazieren gegangen. Das war nur eine Runde ums Dorf, aber wir haben immer ein Feuerchen machen dürfen. Sie hatte Brot dabei, das wir rösten durften. Das ist hängen geblieben.
Rittel: Ganz ehrlich? Ich wollte ihn eigentlich umbringen, aber er war mir dann zu sehr ans Herz gewachsen. Ich denke, es muss immer einen Hoffnungsschimmer geben.