„Wie geht Umweltschutz in Amerika?“ Etwa als elektrischer Stuhl mit Öko-Strom? Warum ist eine Scheidung so teuer? Weil sie es wert ist? Fragen über Fragen für 400 Besucher der Lohrer Stadthalle am Samstagabend. Da es bekanntlich „für jede Lösung ein Problem gibt“, bleibt Kabarettist Rolf Miller keine Antwort schuldig. Der Odenwälder Meister des Halbsatzes und der ganzen Wahrheit gastierte auf Einladung des „beschten“ Veranstalters Thorsten Merz (ktm-events).
„Es ist wichtig, dass das Publikum schön ist“, blickt der 50-Jährige „panikartig entspannt“ und sichtlich zufrieden in die Runde. „Alles andere ist primär“, nennt er sein aktuelles Soloprogramm, das von minimalem Sprachaufwand und Andeutungen in Odenwälder Mundart lebt.
Minimal sind auch Requisite und Gestik: In Jeans, T-Shirt und Turnschuhen lässig auf dem Stuhl lümmelnd, seitlich die obligatorische Wasserflasche, outet sich der gebürtige Walldürner als „nordbadischer, südhessischer Westfranke“.
Nichts, was ablenkt
Da ist nichts, was von der Kunst ablenkt, Politiker und Privatier, Mann und Frau ins Visier zu nehmen. Es ist das Markenzeichen des Deutschen Kabarettpreisträgers, schöpferische Pausen bewusst zu zelebrieren, um pfeilgerade den Gedankenblitz in den Fokus zu rücken. Exaktes Hinhören und Mitdenken bewegen den Verstand des Zuhörers.
Wobei der aktive Sportler die Idee der Halbsätze nachweislich auf „geistreiche“ Interviews mit Fußballgrößen zurückführt. Erwähnenswert scheint - wenn auch im Hauptsatz - das Berti Vogts-Zitat: „Die Breite an der Spitze ist enger geworden“.
„Komplett am Ding vorbei“ kommentiere Bela Rethy: „Der hat noch nie das gleiche Fußballspiel gesehen wie ich“. „Wenn nicht wann, dann jetzt“, denkt sich Miller und engagiert zum neuen alten Bayerntrainer Jupp Heynckes Co-Trainer Waldemar Hartmann. Das Publikum amüsiert sich köstlich, füllt die Kunstpausen mit Gelächter und teilt mit dem Künstler „das Gefühl für das Gespür“.
Nur allzu gerne nimmt man ihm die Weisheit ab: „Man darf nicht alles glauben, was man denkt“. Stets mit von der Partie sind die Kumpels Achim, Jürgen und deren „Biowaffe“ von Schwester („de Apparat“). Letztere allerdings sei so brauchbar „wie ein Messer ohne Klinge, wo auch noch der Griff fehlt“.
„Eiwandfrei“
„Eiwandfrei“ lästert Millers Antiheld über den Mauerfall („ein elektrischer Zaun tut?s auch“), nimmt „ferngesteuerte Luftpumpen“ wie Trump, Putin und Erdogan ins Visier und warnt vor jenen „die Wirklichkeit und Realität verwechseln“.
„Die Schweiz ist überall zu kurz“, so das Fazit zum bedächtigen Schweizer Nachbarn. Was nicht nur das Ausfahren des Autos unmöglich mache. Selbst naturwissenschaftlich hat Miller die Nase vorn, wenn er erklärt: „Chemie ist aus der Natur, nur anders zusammengesetzt, kurz: C ist gleich N. Der Mensch bestehe aus Eiweiß und Wasser und sei gemacht für die Frau.
Damit gelingt ihm der Spagat zu dem, was beide Geschlechter bewegt. Zustimmender Beifall für den Satz: „Menschen in Beziehungen leben nicht länger, es kommt ihnen nur so vor“. Er wolle niemanden unnötig beruhigen, fügt Miller hinzu und gibt den Denkanstoß: „Reden ist Schweigen, Silber ist Gold“. Themenwechsel: „Ohne Geld geht nix“, sinniert er und zeigt Herz beim Aufruf zur Spende „für das Wohl und die Gemeinheit“.
„Ingwer-Gesichter“
Aus „sehr einfachen Situationen“ kommend schüttelt er den Kopf über die Ernährungsideologien diverser „Ingwer-Gesichter“: „Ernährung hat?s früher nit gewe, mir hewe gesse, was do war.“ Großer Applaus und herzhafte Lacher sichern dem Publikum zwei Zugaben.
Eine letzte Spitze gilt dem Veranstaltungshinweis auf den Stadthallen-Sonntag: „Es gastiert Hannelore Elsner als Iris Berben mit lustiger Volksmusik“. Mit der ironischen Selbsterkenntnis „Ich nehme mich selbst nicht so wichtig, wie ich bin“, entlässt Miller seine Fans in die regnerische Herbstnacht. Auf das neue Soloprogramm – minimiert auf „Viertelsätze“ – darf man ab Oktober 2018 gespannt sein.