Ein „Alleinstellungsmerkmal unserer Stadt im Glauben“ nannte am Mittwoch Stadtpfarrer Sven Johannsen die Prozession am Gedenktag des heiligen Rochus. Im Jahr 1666 hatten der Rat und die Lohrer Bürger angesichts der drohenden Pest, die sich von London ausgehend über die Niederlande allmählich rhein- und mainaufwärts verbreitete, gelobt, an diesem Tag alljährlich auf den Valentinusberg zu ziehen und dort ein Hochamt zu feiern. Dieses Gelübde erfüllten auch am Mittwoch wieder zahlreiche Gläubige der Stadt.
Selbst mit der Pest angesteckt
Den heiligen Rochus schilderte der Pfarrer als einen Pilger, für den nicht die Ankunft in Rom das Wichtigste war, sondern der unterwegs Menschen in Krankheit und Not half und der sich schließlich selbst mit der Pest ansteckte. Als er in seine Heimatstadt Montpellier zurückkehrte, erkannte man ihn nicht mehr, sondern warf ihn als vermeintlichen Spion ins Gefängnis. Erst nach seinem Tod stellte man fest, wen man so übel behandelt hatte. Im Reformations-Gedenkjahr stellte der Geistliche auch die Frage nach der Berechtigung der Heiligenverehrung. Zu den Grundsätzen der Reformatoren gehörte auch die Feststellung: „Solus Christus“, also Christus ist der einzige Mittler, „nur im, Namen Jesu ist Heil und Heilung“, stellte der Pfarrer fest.
Aber dieses Heil werde durch Menschen, die Heiligen, vermittelt. Die Vorfahren der heutigen Lohrer hätten vor 351 Jahren auch nicht eine Messe zu Ehren des heiligen Rochus, sondern des dreifaltigen Gottes gelobt. Der Rochustag sei nur der Anlass, so der Geistliche. Richtig verstanden vertiefe die Heiligenverehrung nicht den Graben zu den evangelischen Mitchristen.
Verehrung eint Christen
Sie verbinde vielmehr die Menschen der Gegenwart mit den vorausgegangenen und zugleich mit denen in der Zukunft. „Wir tragen die Anliegen unserer Stadt und ihrer Bewohner vor Gott und vertrauen dabei auf die Fürsprache der Heiligen“, sagte er.
Mit Pfarrer Johannsen zelebrierten der gebürtige Lohrer Simon Mayer, Pfarrer von Karlstadt und der indische Priester Clement Anthony. Die zahlreichen angesichts des unsicheren Wetters mitgebrachten Regenschirme blieben trocken.
Am Mittwochnachmittag fand auf dem Valentinusberg die traditionelle Andacht statt, an deren Schluss die Einzelsegnung mit der Rochus-Reliquie stand.