
Noch vor Jahren sah es so aus, als könnte das ehemalige Betriebsgelände der Rhein-Main-Donau AG (RMD) in Steinbach zeitnah den chronischen Bauland-Mangel in Lohr zumindest ein bisschen lindern. 25 Bauplätze sollten auf dem rund 14 000 Quadratmeter großen Areal nordöstlich der Hofstettener Straße entstehen.
Die Stadt brachte 2007 eigens einen Bebauungsplan auf dem Weg, der RMD den Weg zum Baugebiet ebnen sollte. Doch bis heute sind keine neuen Bauplätze in Sicht. Das Vorhaben scheint sogar wieder in weite Ferne gerückt. Statt selbst Bauplätze zu schaffen und zu vermarkten, will die RMD nun das Areal komplett verkaufen.
Stadt verzichtet auf Kauf
Die Stadt Lohr hat jedoch abgewunken. Wie die Main-Post jetzt erfuhr, beschloss der Stadtrat bereits im November 2014 in nicht-öffentlicher Sitzung einstimmig, das von RMD beziehungsweise dem Mutterkonzern E.on unterbreitete Kaufangebot abzulehnen. Das sagte Dieter Daus, der Pressesprecher der Stadt, auf Nachfrage.
Zu den Gründen des Kaufverzichts sagte Daus nichts, da es sich um eine Grundstücksangelegenheit handle. Sie müssen jedoch triftig gewesen sein. Schließlich ist bekannt, dass die Stadt stets bestrebt ist, neues Bauland zu schaffen. Dass sich der Stadtrat in Übereinstimmung mit der Verwaltung dennoch einstimmig gegen die Option entschied, auf einen Schlag 25 Bauplätze zu ermöglichen, legt die Vermutung nahe, dass die Preisvorstellungen deutlich zu weit auseinander lagen.
Dass das grundsätzliche Interesse der Stadt an dem Areal jedoch noch nicht erloschen ist, lässt die Aussage von Daus erahnen, wonach in dieser Sache „sicher noch nicht alle Türen zugeschlagen sind“. Das soll wohl heißen, dass die Stadt durchaus zu einem Kauf bereit wäre, sofern der Preis sinkt.
Doch so schnell will E.on offenbar nicht nachgeben. Als Aktiengesellschaft könne man die Fläche „nicht verscherbeln“, erklärte RMD-Pressesprecher Jan Kiver gegenüber der Main-Post. Ziel sei es, das Areal zu marktüblichen Grundstückspreisen zu verkaufen.
„Entwicklungspotenzial“
Deswegen hat der Energiekonzern das Steinbacher Gelände mittlerweile per Zeitungsannonce in der Main-Post zum Kauf angeboten. Darin war von einem „Grundstück mit Entwicklungspotenzial“ in „ruhiger Ortsrandlage“ und mit einem Gebäudebestand aus dem Jahr 1961 die Rede. Es sei auch ein Teilverkauf möglich, so der Anzeigentext.
Dass der Energiekonzern überhaupt von dem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen hat, in Eigenregie ein Baugebiet zu entwickeln, und stattdessen die seit Jahren brachliegende Fläche nun auf dem freien Markt anbietet, erklärt RMD-Pressesprecher Jan Kiver mit einer „Kosten-Nutzen-Analyse“. Das Unternehmen habe die Pläne für ein Baugebiet fallen gelassen, weil man festgestellt habe, dass der zu betreibende Aufwand dafür sehr hoch sei.
In der Tat war für das ursprünglich angestrebte Baugebiet vor Jahren schon einiger Aufwand betrieben worden. Inklusive der Beteiligung der Bürger und sonstiger Instanzen wurde der vorhabenbezogene Bebauungsplan damals so weit vorangetrieben, dass er heute laut Dieter Daus in „Entwurfsqualität“ vorliegt.
Dieser nun in der Schublade schlummernde Entwurf sah vor, dass das große Verwaltungsgebäude ebenso wie die Garagen und der Betriebshof der ehemals von RMD in Steinbach angesiedelten „Flussgruppe Main“ abgerissen werden, um die Fläche für 25 Wohnhäuser frei zu machen. Zu diesem Vorgehen hatte sich E.on damals entschieden, weil zuvor Verkauf und Vermietung der Gebäude nicht gelungen waren.
Ob der Verkauf auf dem freien Markt nun gelingt oder irgendwann vielleicht doch wieder Verhandlungen mit der Stadt aufgenommen werden, wird sich zeigen. Bis dahin wird eines der wenigen Sahnestücke in der Lohrer Baulandentwicklung weiterhin im schon seit Jahren andauenden Dornröschenschlaf liegen.