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LOHR
Rexroth-Gießerei: 70 oder 96 Arbeitsplätze weniger?
Johannes Ungemach
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:07 Uhr

Die Verhandlungen über Stellenabbau und Umstrukturierung in der defizitären Gießerei der Lohrer Bosch Rexroth AG ähneln zunehmend dem Feilschen auf einem orientalischen Basar. Nachdem die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite immer mehr von ihren ursprünglichen Positionen ab- und aufeinander zu gerückt sind, liegen sie nun auf den ersten Blick gar nicht mehr so weit auseinander.

Bei der Frage, wie viele der knapp 600 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen, umfasst die Lücke beispielsweise noch etwas mehr als 20 Jobs. Auch bei etlichen anderen strittigen Punkten gab es offenbar deutliche Annäherung. Eine Einigung scheint dennoch in weiter Ferne.

Vertreter der Arbeitnehmerseite jedenfalls erklärten am Dienstag bei einem Pressegespräch, dass keinerlei Luft mehr für weitere Zugeständnisse sei. Man sei bis an eine Schmerzgrenze gegangen, was die Gießerei-Mitarbeiter sehr betroffen gemacht habe, schilderten Guss-Betriebsratsvorsitzende Peter Urlaub und IG-Metall-Bevollmächtigte Birgit Adam den Verlauf zweier Betriebsversammlungen für die Guss-Mitarbeiter am Dienstag. Konkret habe man dem Arbeitgeber signalisiert, dass man den Abbau von bis zu 70 Stellen mittragen werde, so Adam. Der Arbeitgeber jedoch wolle von den ursprünglich genannten 145 Stellen aktuell noch 96 streichen.

Daneben habe man die Bereitschaft signalisiert, etlichen weiteren Forderungen der Arbeitgeberseite zu entsprechen, beispielsweise der nach dem Streichen bezahlter Raucherpausen oder nach der Einführung flexibler Schichtmodelle, also eines Arbeitens auf Abruf, so Urlaub.

Angebot: Krankenstand senken

Auch beim Streichen von Waschzeiten sei man zu einer Lösung im Sinne des Arbeitgebers bereit gewesen, allerdings nur, wenn dies mit der Einführung eines Leistungslohns verbunden wäre. Überdies habe der Betriebsrat in Aussicht gestellt, den sehr hohen Krankenstand in der Gießerei um drei Prozent senken zu können, sofern es nur einen vernünftigen Gesamtkompromiss gebe.

Den Arbeitgeber hingegen hätten all diese Angebote nicht zufriedengestellt, so Adam. Stattdessen habe er weitere Einsparungen in Höhe von zwei Millionen Euro gefordert und auch von Lohnkürzungen sowie einem Ausbau der Leiharbeit gesprochen.

„Es kann niemand erwarten, dass wir noch größere Opfer bringen, ohne dass sich am Gesamtzustand etwas ändert“, erklärte Urlaub, dass das Unternehmen noch immer kein schlüssiges Konzept zur zukunftsfähigen Neuausrichtung der Gießerei habe. Mit einer kurzfristigen Kostenersparnis alleine „rettet man gar nichts“, so Urlaub. Eine Grundforderung der Arbeitnehmerseite ist, dass die Gießerei durch Aufträge von Rexroth selbst besser ausgelastet wird.

Müller: Gespräche intensivieren

Unterdessen betont auch die Arbeitgeberseite, dass es ihr um die Zukunftsfähigkeit der Gießerei geht. Werkleiter Florian Müller und Pressesprecherin Judith Mühlich erklärten jedoch am Dienstag gegenüber der Redaktion, dass der durch die Zugeständnisse der Arbeitnehmerseite erbrachte Ergebnisbeitrag dazu noch nicht ausreiche.

Mühlich betonte, dass auch der Arbeitgeber schon Zugeständnisse gemacht habe, sodass weniger Stellen gestrichen werden müssten. Ziel des Unternehmens sei weiterhin ein gemeinsam erarbeiteter Kompromiss, weswegen man weiterhin gesprächsbereit sei. Leiharbeit oder Lohnkürzungen seien nicht Bestandteil der Verhandlungen gewesen, widerspricht sie der Arbeitnehmerdarstellung. Müller kündigte für die nächsten Tage die Anrufung einer externen Einigungsstelle an. Dies sei kein Abbruch der Verhandlungen, sondern der Versuch, „durch einen externen Moderator die Gespräche zu intensivieren“.

 
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  • H. S.
    noch bezahlte Raucherpausen haben, kann es ihnen nicht so schlecht gehen. Sie sollten mal auf 30% von ihrem ohnehin schon übertriebenem Lohn verzichten, dann könnten sie auch auf eine Zukunft hoffen. Sind sie erstmal arbeitslos, werden sie sich wundern wie wenig Nicht-Rexröther verdienen.
    Lange genug haben sie fett verdient, aber Konkurrenzfähig kann das niemals sein, nur begreifen tut das von ihnen keiner. So schauts aus
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  • N. R.
    Stellenabbau zu Gunsten der Leiharbeit. Das alte Lied und unseren lieben Politiker sehen zu. Nicht selten sehen wir, dass Arbeitsplätze zu Funsten der Leiharbeiter abgebaut werden und das obwohl die Leiharbeit nur Spitzen abdecken sollte. Am besten ist es doch, wenn der entlassene Mitarbeiter als billigerer Leiharbeiter zurückkommt, denn dann sichern sich die Firma auch noch das Fachwissen und spart sich die Einarbeitungszeit? Und unsere Politiker haben diese Möglichkeit erst geschaffen und nun unternimmt sie nichts gegen den Missbrauch!
    Ganz toll, wie man so die kleinen Arbeitnehmer schröpft und die Reichen immer reicher werden und aus der sozialen Verantwortung zieht.....
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