Sie (er)lebten und erfuhren im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte. Denn zum 78. Jahrestag der sogenannten "Task Force Baum", bei der ein amerikanisches Kommandounternehmen noch kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges, amerikanische Soldaten aus dem Kriegsgefangenenlager Hammelburg zu befreien versuchte, fuhren wieder einmal rund 20 geschichtlich Interessierte und Sammler von Militärfahrzeugen mit zehn historischen Jeeps und teilweise originalgetreuen Uniformen die Strecke des damaligen Kampfverbandes von Aschaffenburg bis Hammelburg im Rahmen einer Revival Tour nach.
Bei der auch als Patton-Raid in Erinnerung gebliebenen halsbrecherischen Aktion, die schließlich in einem Fiasko endete, befahl der General der dritten US-Armee, George S. Patton, am 26. März 1945 einem Kampfverband von der bei Aschaffenburg verlaufenden Front aus, rund 80 Kilometer tief hinter die feindlichen Linien zu stoßen. Dort sollten amerikanischen Soldaten, darunter hauptsächlich auch Pattons Schwiegersohn Lieutenant-Colonel John K. Waters, befreit werden. Die Führung der Task Force hatte Captain Abraham J. Baum.
Gedenkfahrt musste wegen Corona verschoben werden
"Eigentlich war die Gedenkfahrt von Nilkheim aus bereits im Jahr 2020 zum 75. Jahrestag des Ereignisses geplant, musste aber wegen Corona abgesagt werden", erläuterten Peter Domes (Hafenlohr) und Martin Heinlein (Obereschenbach) bei der Mittagspause und Zwischenstation im Gemündener Hüttenschloss zur aktuellen Revival Tour. Beide haben gemeinsam in ihrem im Jahr 2008 erschienene Buch "Alarm! Die Panzerspitze kommt!" auch mit Hilfe von Zeitzeugenbefragungen die Vorgänge um das waghalsige Unternehmen niedergeschrieben.
Sie begleiteten die Interessengemeinschaft und Sammler von Militärfahrzeugen mit ihren Original Willys-Overland Jeeps Typ MB, den baugleichen Ford GPW und Mutt M151 Jeeps, den Willys M38 oder CJ-3B Jeeps und schilderten den Teilnehmern an markanten Punkten detailliert das damalige Kriegsgeschehen.
Auch ein Teilnehmer aus den Niederlanden
Als weitest angereister Teilnehmer mit dabei war der in den Niederlanden wohnende Karel Margry. Er war früher Chefredakteur von "After the Battle", einem vierteljährlich erschienenen britischen Magazin, das sich mit allen Aspekten des Zweiten Weltkriegs befasste. Durch dessen Ausgabe "The Hammelburg Raid" wurden damals Domes und Heinlein zu ihren Nachforschungen und Dokumentationen angeregt.
"Ich habe lange in den amerikanischen Militär-Fotoarchiven recherchiert und bin dann seinerzeit mit den Original-US-Kriegsfotos die Strecke ebenfalls abgefahren, um dazu nochmals Vergleichsfotos zu machen", erzählt Karel Margry zu dieser erschienenen Ausgabe des Magazins. Auf dem Titelbild ist das Wrack des alten Sherman-Panzer abgebildet, der von den Amerikanern aufgegeben wurde und im Lager Hammelburg 40 Jahre als Ziel für Mörser diente. Später wurde er in die Lehrsammlung vor Ort übernommen.
Gemünden war ein kritischer Wendepunkt
Gemünden war ein kritischer Wendepunkt für die Task Force Baum, erläuterte auch Margry. Durch die Sprengung der Saalebrücke und die Zerstörung von drei Panzern in der Zufahrtsstraße wurde das Kommandounternehmen zunächst gestoppt und zum Umweg über Rieneck, Burgsinn und Gräfendorf gezwungen. "Die Armeefotografen haben das später alles dokumentiert", verwies Margry auf die ihm vorliegenden Fotos von Gemünden.
Nach der Mittagspause am Huttenschloss fuhren die Teilnehmer mit ihren historischen Militärfahrzeugen genau diesen Umweg ebenfalls nach. "Wir fahren bei Rieneck nicht die Umgehungsstraße, sondern durch den Ortskern, damit ihr in der Altstadt mal das Feeling bekommt, wie eng es damals mit den Panzern zugig", informierte Heinlein noch vor der Abfahrt. Denn ein Sherman-Panzer habe einen Wendekreis von 21 Meter gehabt und sei deshalb nicht immer einfach um eine 90-Grad-Kurve gekommen.