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Retzstadt
Retschter Theater: Heiratsschwindler und die Tücken der Dorfidylle
Die neue Chefin Thekla Klug führt in der Polizeiwache 007 ein strenges Regiment.
Foto: Jürgen Kamm | Die neue Chefin Thekla Klug führt in der Polizeiwache 007 ein strenges Regiment.
Jürgen Kamm
 |  aktualisiert: 26.11.2024 04:00 Uhr

Handys kommen in der Komödie "Polizeiwache 007", die sich das Retschter Theater diesmal ausgesucht hat, nicht vor. Das Stück spielt vor fast 50 Jahren. Fotos wurden da noch entwickelt, gezahlt wurde in D-Mark und technisch war die gemächliche Polizeidienststelle auf dem Dorf mit Tastentelefon und Faxgerät auf Höhe der Zeit.

All das kommt tatsächlich im Stück vor, das große Telefon aus Post-Zeiten ist auf dem Schreibtisch der beiden Oberwachtmeister nicht zu übersehen. Der erste Akt beginnt mit der fröhlichen Putzfrau Erna (Manuela Rothenhöfer), die wie selbstverständlich ans Telefon geht, weil Oberwachtmeister Emil (Alexander Krack) auf der Wartebank schlummert und sein Kollege Paul (Raphael Göldner) eine Gulaschsuppe kocht. Die Zuschauer lernen auch Friederike (Jasmin Bauermees) als Sekretärin und gute Seele der Wache nebst ihrem Freund Siegbert (Jan Schlier) kennen, ein Gernegroß.

Er will sie heiraten, wenn wer Oberwachtmeister wird – er ist es aber schon

Weder die telefonische Beschwerde von Bürgerin Elli über eine Fuhre Mist vor ihrer Tür noch persönlich erscheinende Kundschaft wie Oma Cilli (Irene Schmitt), deren Wertsachen wegen einer kleinen Reise "sicher" im Waffenschrank verstaut werden, können die Idylle trüben. Bedrohlicher wirkt da schon Hermine (Renate May) als "Dauerverlobte" von Emil, der ihr die Heirat versprochen hat, sobald er Oberwachtmeister wird, wobei er es aber seit Jahren ist.

Noch Inkognito traut die neue Chefin Thekla Klug ihren Augen kaum, wer in der Polizeiwache 007 so alles das Telefon abnimmt.
Foto: Jürgen Kamm | Noch Inkognito traut die neue Chefin Thekla Klug ihren Augen kaum, wer in der Polizeiwache 007 so alles das Telefon abnimmt.

Erst einmal wird gegessen, die hereinschneiende Thekla (Ulrike Terveer) hat sich zu gedulden. Tut sie aber nicht, sondern geht ans Telefon, erfährt von einem abgängigen Mann aus der Seniorenresidenz Zellingen und schlägt ob der Gemütsruhe der Oberkommissare zum Ende des ersten Aktes die Hände über dem Kopf zusammen – ist sie doch die neue Dienststellenleiterin – jung, dynamisch und absolut zielstrebig.

Das Stück wurde an die lokalen Gegegebenheiten angepasst

Das Retschter Theater hat das Stück der Autorin Beate Irmisch aus der Eifel an die lokalen Gegebenheiten angepasst und auch die Namen der Charaktere geändert. Da ist etwa von BMW Köhler die Rede, wo Siegbert ein schickes Coupé kaufen will – er mag Frauen, wenn sie ihm Geld geben oder für Kredite bürgen. Und aus dem neuen Chef Armin Klug im Originalstück wurde die Chefin Thekla Klug.

Die neue Dienststellenleiterin führt zu Beginn des zweiten Aktes ein strenges Regiment. Doch sie sorgt auch für geordnete Verhältnisse und versteht so langsam, wie die Dinge auf dem Dorf geregelt werden. Etwa warum Fräulein Elli Fuchsberger (Jessica Kunze) so unbeliebt ist. Sie entpuppt sich als aufgetakelte Tussi. Und dass es den abgängigen Heimbewohner immer auf die Polizei zieht, ist der etwas senile Waldemar (Elmar Nun) doch der pensionierte Dienststellenleiter. Dass ausgerechnet diese Beiden einen Unfall haben und sich gegenseitig beschuldigen, macht die Arbeit nicht leichter.

Mehr als eine Frau fällt auf den gesuchten Heiratsschwindler herein

Da pfeift das Faxgerät und spuckt den Steckbrief eines gesuchten Heiratsschwindlers aus. Man ahnt, wer das ist, und dass mehr als eine Frau auf ihn hereinfällt. Zum Glück erweisen sich die beiden Oberwachtmeister als recht ausgebuffte Kriminalisten und sogar das Wort Beförderung steht im Raum. Mit Folgen für Emil. Und die Moral von der Geschicht? Es ist noch immer alles herausgekommen.

Die Spielfreude ist dem bewährten Ensemble anzumerken. Raphael Göldner gibt sein Debüt als Oberwachtmeister Paul. Textunsicherheiten werden mit Hilfe der Souffleusen Gisela Klühspies und Inge Gerhard unmerklich gemeistert, das Mienenspiel insbesondere von Alexander Krack, Elmar Nun und Ulrike Terveer überzeugt. Der verdiente lange Applaus der Premiere war mehr als verdient.

Weitere Aufführungen im alten Kindergarten (Eingang Retzstadter Lädchen) am 30. November, 6. und 7. Dezember jeweils um 19 Uhr, und 1. Dezember um 18 Uhr. Restkarten können unter Telefon 09364 3716 Dienstags und Mittwochs von 16 bis 18 Uhr reserviert werden.

Wenn Heiratsschwindler die Wut belogener Frauen zu spüren bekommen, ist das Ende der Komödie nahe, auch im Stück Polizeiwache 007.
Foto: Jürgen Kamm | Wenn Heiratsschwindler die Wut belogener Frauen zu spüren bekommen, ist das Ende der Komödie nahe, auch im Stück Polizeiwache 007.
 
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