Seit 1997 ist der 30-jährige Fatih in Deutschland und mit der 28-jährigen Simone verheiratet. Und seitdem feiern sie alle deutschen und türkischen Feste gemeinsam. Da darf Weihnachten natürlich nicht fehlen, auch wenn es das christliche Fest im muslimischen Kulturkreis nicht gibt. Was für die Christen Weihnachten, Ostern oder Pfingsten, sind für Fatih Silvester oder Neujahr, das Fest nach Ramadan, ¸Seker Bayrami (Zuckerfest), und das Opferfest Kurban Bayrami (Lammfest).
Dilara wächst in zwei Kulturen auf und weiß, davon sind ihre Eltern überzeugt, mit ihren zwei Jahren schon ganz genau, wann es Geschenke gibt. Anlässlich der muslimischen Feste gehen die jüngeren Leute zu den Älteren und gratulieren. Und während die Erwachsenen bei Tee und üppigem Essen die Feste feiern, können sich die Kinder über kleine Geschenke, Süßigkeiten oder Taschengeld freuen.
Bonbons zum Zuckerfest
Und genauso wie über Bonbons zum Zuckerfest freut sich die Zweijährige auf den Weihnachtsmann. Die kleine Muslima kann die religiösen Hintergründe noch nicht unterscheiden und freut sich, wie die Eltern übereinstimmend berichten, über alle Feste in gleichem Maße. Sie liebt Schnee und Geschenke. Der Nikolaus kommt, sie hat einen Adventskalender und den Weihnachtsmann spielen abwechselnd Papa oder Onkel.
Heiligabend verbringt die Familie entweder zu Hause oder bei Simones Mutter Karin, die mit Fatihs Bruder Farruh verheiratet ist. "Wie feiern zusammen und stellen einen Christbaum auf, wie in jeder normalen Familie", so Fatih. "Meine Frau kann alles stellen und schmücken, wie sie mag." Und genauso typisch deutsch, wie die Wohnung geschmückt wird, gestaltet sich an Weihnachten auch der Speiseplan. Kein Problem angesichts der Tatsache, dass Gerichte wie Ente mit Blaukraut und Klößen zu Fatihs Lieblingsessen gehören.
Gegenseitiger Respekt und Toleranz bestimmen den Alltag der Familie Karaduman. So wächst die kleine Dilara zweisprachig auf und genauso gut, wie Fatih deutsch spricht, beherrscht Simone die türkische Sprache - "akzentfrei", wie Fatih betont. "Ich wollte von Anfang an Türkisch lernen und die Hintergründe verstehen", sagt sie und liest deshalb auch den Koran.
Fatih ist im Vorstand des Vereins zur Förderung türkischer Kultur, Religion und Jugendarbeit Marktheidenfeld. Seine Frau bringt sich mit ein. "Sie engagiert sich für die Arbeit in der Moschee und alle sind total begeistert von ihr", erklärt Fatih stolz. Er hat viele deutsche Freunde und sie viele türkische. So gleicht sich alles aus und sie leben als "ganz normale deutsch-türkische Familie", wie Simone es beschreibt.
Zur Christmette gehen die Karadumans an Heiligabend nicht. Das hat allerdings nichts mit Fatihs Religion zu tun. "Wir gehen auch sonst nicht in die Kirche. Glauben hat nichts mit Kirchgang zu tun", sind die Karadumans überzeugt.
Vor einigen Jahren verbrachten Fatih und Simone das Weihnachtsfest in der Türkei. "Da hat mir meine Schwiegermutter sogar einen kleinen künstlichen Baum gekauft", schwärmt Simone. Vor drei Jahren waren die Eltern in Deutschland und haben mitgefeiert. "Die Lieder, die Lichter, einfach alles hat sie total begeistert - nur die Kälte nicht", so Fatih schmunzelnd.
Wie in einer ganz "normalen" Familie bekommt auch bei den Karadumans jedes Familienmitglied Geschenke zu Weihnachten. Glaubt man Simone, lässt sich Fatih dabei nicht lumpen: "Er kauft immer schöne Sachen wie teuren Schmuck." Dabei "besteht" auch ihr Ehemann auf eigene Geschenke: "Wenn ich nichts bekomme, mache ich auch nicht mit."
Putenrollbraten
Fatih erklärt die Harmonie im Hause Karaduman, die von zwei völlig unterschiedlichen Kulturen geprägt wird, als "gegenseitigen Respekt vor religiösen Festen und gegenseitiges Miteinander". Heute werden sich die Familien Karaduman bei Simone und Fatih treffen, um das Fest bei Putenrollbraten, Geschenken und einem üppig geschmückten Weihnachtsbaum "typisch deutsch" zu begehen.