zurück
GEMÜNDEN
Repair-Cafe: Geräte vor dem Mülleimer bewahren
Experte Thomas Hauptmann (rechts) wirft einen Blick in das kaputte Radio, das Thomas Schwed von seinem Schwiegervater geerbt hat, und das er gerne wieder nutzen möchte.
Foto: Michael Mahr | Experte Thomas Hauptmann (rechts) wirft einen Blick in das kaputte Radio, das Thomas Schwed von seinem Schwiegervater geerbt hat, und das er gerne wieder nutzen möchte.
Michael Mahr
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:12 Uhr

Ein deutliches Klack ist zu hören, danach ist Stille. Das alte Grundig-Radio, das eben noch Musik spielte, ist nach ein, zwei Minuten verstummt. Doch Thomas Schwed, der das Gerät von seinem Schwiegervater geerbt hat, würde es gern wieder regelmäßig nutzen. „Das Radio hat einen super Klang“, sagt er.

Experte Thomas Hauptmann hat die Rückwand abgenommen und inspiziert die Bauteile des Radios. Bei einer Röhre zeigt ein schwaches oranges Glühen an, dass sie arbeitet. Bei anderen dagegen ist nichts zu sehen. Hauptmann steckt die Hand ins Radio. Er hält die geöffnete Handfläche ein paar Zentimeter über jede Röhre. Die abgestrahlte Wärme zeigt ihm, ob sie unter Strom stehen.

Hauptmann zieht den Stecker. Dann nimmt er eine dieser Röhren aus dem Sockel, um Thomas Schwed zu zeigen, dass der Glaszylinder der Röhre beschlagen ist. „Ich würde die Röhren austauschen“, rät er. Dabei würde er zuerst die ersetzen, die am nächsten am Lautsprecher ist. „Wenn ich jetzt Internet hätte“, so Hauptmann, dann könnte er nach dem Typ der Röhre suchen.

Doch das ist gar nicht nötig. Thomas Schwed hat die alte Bedienungsanleitung des Geräts noch, auf der die Typen der sechs Röhren aufgeführt sind. Damit lässt sich recherchieren, ob es heute noch Ersatz gibt. Thomas Schwed kann versuchen, sein altes Radio wieder in Gang zu bringen.

Beim Repair-Cafe des Bund Naturschutz im Museumscafé des Huttenschlosses in Gemünden sitzen die drei Experten des Abends auf einer Seite einer langen Tafel, davor stehen ein Dutzend Besucher, die in Tüten und Taschen defekte Geräte mitgebracht haben. An diesem Abend sind es nur Elektrogeräte, neben Radios vor allem Kaffeemaschinen.

Auch Manfred Höfling aus Langenprozelten hat ein Radio mitgebracht. Das funktioniert zwar einwandfrei, doch der 76-Jährige würde die Musik seines Lieblingssenders HR4 gerne mit dem Kassettenfach des Geräts aufnehmen. Da aber tut sich nichts mehr. Das Problem ist der Antriebsriemen, darüber ist sich Höfling mit Thomas Hauptmann hinter dem Tisch bald einig.

Seine Hoffnung, mit repariertem Gerät nach Hause zu fahren, wird jedoch nicht erfüllt. Hauptmann greift erst gar nicht zum Schraubenzieher, um das Radio aufzuschrauben. Er müsse einschätzen, wie hoch der Aufwand für einen Reparaturversuch ist, und den schätzt er in diesem Fall auf etwa 1,5 Stunden – zuviel für die zwei Stunden des Repair-Cafes. Außerdem brächte ein Reparaturversuch ohne Ersatzriemen nichts.

Manfred Höfling packt sein Kassettenradio wieder ein, will das Gerät aber noch nicht aufgeben. Dann müsse er eben selbst versuchen, einen neuen Antriebsriemen einzubauen. Der frühere Mitarbeiter der Firma Hunger traut sich das durchaus zu – und wäre damit das perfekte Beispiel dafür, wie es beim Repair-Cafe eigentlich laufen soll. Hilfe zur Selbsthilfe wolle man geben, so Organisator Hartmut Haas-Hyronimus.

Nebenan riecht es leicht angebrannt. Helmut Müller-Fechner aus Massenbuch hat einen alten Toaster wieder in Gang gebracht, und testet kurz, ob nach dem Zusammenbau alles wieder funktioniert. Der Toaster kann wieder benutzt werden.

Die Weißbrotscheiben waren nicht mehr im Gerät gehalten worden. In dessen Innerem befindet sich ein Magnet. Im Lauf der Jahre hatte sich ein dünner Belag auf dessen Oberfläche gebildet, der den Kontakt verhinderte. Er habe lediglich die Oberfläche gesäubert, erläutert Müller-Fechner.

Klaus Weiglein, Elektromeister aus Wernfeld, stochert mit einem Kupferdraht im Heizrohr einer Kaffeemaschine herum. Krümelchen um Krümelchen einer dunkelbraunen, zähen Masse bohrt er heraus. Versehentlich war Kaffeepulver in den Wassertank des Geräts geraten.

Das Wasser-Kaffee-Gemisch wurde im Heizrohr festgebacken, die Maschine verstopfte. Mit großer Geduld widmet sich Weiglein der Aufgabe, das Rohr wieder freizumachen. Mit Pressluft ginge es schneller, meint er, aber damit kann das Museumscafe im Huttenschloss natürlich nicht aufwarten. So dauert es halt eine Stunde, dann füllt Weiglein den Wasserbehälter und spült den letzten Rest des Kaffeepulver-Pfropfens aus dem Heizrohr. Die Kaffeemaschine ist wieder betriebsbereit.

Betriebsbereit ist auch die andere Kaffeemaschine, die untersucht werden soll. Sie ist noch mit Wasser gefüllt. Das ergießt sich über den Tisch und tropft auf den Boden, als die Maschine umgedreht wird. Schnell werden aus der Küche Lappen geholt.

Während hier aufgewischt wird, sammeln sich am anderen Ende des Raums beim PC-Helferkreis inzwischen ausgemusterte Drucker und Rechner, die Leute zur Weitergabe an Bedürftige zur Verfügung stellten. Der „Türstopper“ ist wohl nicht mehr zu nutzen – der dicke und schwere Laptop aus dem Jahr 1997 hat einfach zu wenig Arbeitsspeicher und käme selbst mit einem abgespeckten Linux-Betriebssystem nicht mehr zurecht.

Doch selbst für solche fast schon museumsreifen Geräte gelingt es manchmal, eine Weiterverwendung zu sichern, – das Ziel der Sammlung ausgemusterter Rechner.

Die Exoten werden auf Ebay angeboten, wo sich gelegentlich Interessenten für alte Rechner finden, zum Beispiel weil das alte Lieblingsspiel nur noch auf solchen Geräten läuft. Erst wenn selbst da nichts läuft, bringt man die Geräte als Elektroschrott zum Bauhof. Den meisten Rechnern, die am Donnerstag im Gemündener Huttenschloss abgegeben wurden, dürfte dieses Schicksal erspart bleiben.

„Das Radio hat einen super Klang.“
Thomas Schwed aus Rieneck über ein altes Grundig-Radio
Hinter einer langen Tafel sitzen und stehen beim Gemündener Repair-Café die Experten Klaus Weiglein aus Wernfeld, Helmut Müller-Fechner aus Massenbuch und Thomas Hauptmann aus Rieneck (von links), davor die Besucher mit ihren defekten Geräten.
Foto: Michael Mahr | Hinter einer langen Tafel sitzen und stehen beim Gemündener Repair-Café die Experten Klaus Weiglein aus Wernfeld, Helmut Müller-Fechner aus Massenbuch und Thomas Hauptmann aus Rieneck (von links), davor die Besucher ...
Nach ein, zwei Minuten verstummt das alte Grundig-Radio mit einem Klack, das sollen die Experten im Repair-Café richten.
Foto: Michael Mahr | Nach ein, zwei Minuten verstummt das alte Grundig-Radio mit einem Klack, das sollen die Experten im Repair-Café richten.
Defekte Elektrogeräte wie diese verstopfte Kaffeemaschine wurden zum Repair-Café gebracht.
Foto: Michael Mahr | Defekte Elektrogeräte wie diese verstopfte Kaffeemaschine wurden zum Repair-Café gebracht.
Das Innere des alten Grundig-Radios.
Foto: Michael Mahr | Das Innere des alten Grundig-Radios.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gemünden
Michael Mahr
Arbeitsspeicher
Elektromüll
Lautsprecher
Nachhaltigkeit
eBay
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top