
Einen für manchen Laien womöglich kaum vorstellbaren Erlös von rund 45.000 Euro erbrachte ein einziger Ahornstamm, der am Dienstagabend bei der Laubholzsubmission der Bayerischen Staatsforsten in Arnstein den Besitzer wechselte. Ein solcher Betrag, da ist man sich in Fachkreisen einig, wurde bislang in Deutschland noch nie für einen einzelnen Baum gezahlt.
Der durch seine außerordentliche Maserung gekennzeichnete und im Staatswald bei Würzburg gewachsene Bergahorn bleibt nach seinem Verkauf zunächst in Unterfranken. Das wertvollere Erdstammstück sicherte sich das Lohrer Säge- und Furnierwerk Mehling Wiesmann. Chefeinkäufer Hubert Künzinger bot für diesen 5,9 Meter langen und in der Mitte 75 Zentimeter dicken Abschnitt 13 335 Euro pro Festmeter. Bei 2,61 Festmetern ergibt dies knapp 35 000 Euro. Für den oberen Stammabschnitt mit seinen 1,88 Festmetern blätterte das Karlstadter Sägewerk Fritz Kohl immerhin auch noch insgesamt 9750 Euro hin.
Baum war 140 Jahre alt
Gewachsen war der rund 140 Jahre alte Bergahorn im Staatswald bei Würzburg, genauer im „Tannenrain“ im Revier Waldbrunn. Den Rekorderlös hat er seiner außergewöhnlichen Maserung zu verdanken. „Sowas haben wir noch nicht gesehen“, schwärmen Richard Weis und Kurt Siedler, Geschäftsführer und Chefverkäufer des Lohrer Furnierwerkes. Hätte ihm zuvor jemand einen Stamm mit einer solchen Gleichmäßigkeit und Deutlichkeit der Musterung beschrieben, hätte er gesagt, dass es einen solchen Baum nicht geben könne, ist Siedler begeistert von dem ersteigerten Stück.
Allein fünf weiteren Bietern wäre der Stamm über 10 000 Euro pro Festmeter wert gewesen. Als man in Lohr die Nachricht vom Zuschlag erhalten hatte, habe „man erst mal einen guten Schoppen aufgemacht“, lacht Siedler. Noch am gleichen Abend ließ das Furnierwerk den Weltrekordstamm heim auf das Lohrer Fabrikgelände holen. Sicher ist sicher. Nachdem der außerordentliche Wert des Stammes festgestanden hatte, habe der für den Verkauf zuständige Forstbetrieb Arnstein veranlasst, dass die Polizei stündlich zur Kontrolle einen Streifenwagen auf den Lagerplatz im Wald schickte, erzählt Siedler. Es wäre nicht der erste Stamm gewesen, dem im Wald Beine wachsen.
2000 Quadratmeter Furnier
Und was wird jetzt aus dem kostbaren Holz? In der kommenden Woche soll der Riegelahorn „gemessert“, also in 0,5 Millimeterdicke Furnierstücke geschnitten werden. Rund 2000 Quadratmeter Furnier wird der von Mehling & Wiesmann ersteigerte Stamm ergeben. Der Verkauf dieser Menge in dieser Qualität ist nach Siedlers Einschätzung kaum ein Problem. Man habe schon in Vorfeld bei einigen potenziellen Abnehmern angefragt. Eines ist sicher: Der furnierte Riegelahorn aus Unterfranken wird an exklusiver Stelle im Innenausbau zum Einsatz kommen, sei es in einem edlen Hotel in Fernost, in einer Bank in London oder in einer kostspieligen Millionärs-Yacht.
Vor dem Hintergrund dieser hochwertige Nutzung ist es für die Holzfachleute schon etwas ärgerlich, dass die Äste des wertvollen Baumes aus Waldbrunn bereits zu Meterstücken Brennholz kleingeschnitten wurden. Selbst diese Abschnitte wollen sich die Lohrer Sägewerker nun noch einmal anschauen. Vielleicht findet sich ja noch das eine oder andere Stück „Tonholz“. Aus dem könnte man kostbare Geigen oder Gitarren bauen.
Riegelahorn
Die Maserung im Ahornholz
ist seltenes Ergebnis eines besonderen, welligen Faserverlaufes. Dieser führt zu streifenförmigen Hell-Dunkel-Effekten. Die Ursache wird von manchen in einer genetischen Anomalie gesehen. Teils werden auch außerordentliche Zug- und Druckbelastungen des Holzes als Ursache vermutet. Eine Riegelung in unterschiedlichster Ausprägung kommt nur bei rund drei Prozent aller Bergahornbäume vor. Zu erkennen ist sie am stehenden, berindeten Baum nicht, sondern erst, wenn ein Stück der Rinde entfernt oder der Baum gefällt wurde.