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Hohenroth
Reife Leistung: preisgekrönter Camembert aus SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth
Nach längerer Pause begann vor vier Monaten in der Hohenrother Molkerei wieder die Produktion von Weichkäse. Der Camembert schlug sofort ein.
Der preisgekrönte Camembert der Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth im Reifekeller.
Foto: Michael Mahr | Der preisgekrönte Camembert der Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth im Reifekeller.
Michael Mahr
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:58 Uhr

Die Einladung kam überraschend. Das Landwirtschaftsministerium in München hatte Betriebe angeschrieben, ob sie sich mit ihren Erzeugnissen nicht am Wettbewerb Bayerische Käseschätze 2019 beteiligen wollen, der kleine und kleinste Hersteller fördern soll. „Auch uns“, wundert sich Veselin Pusic von der Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth. Dabei habe man erst vor vier Monaten begonnen, wieder Käse herzustellen, berichtet sein Kollege Jan Nannis.

Die Molkerei gehört von Beginn an zu den Mosaiksteinen, die zusammen die SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth ergeben. Seit Jahrzehnten wird hier von Fachleuten mit den Bewohnern des Dorfes Milch abgefüllt, werden Joghurt, Quark und Frischkäse produziert.

Das Molkereigebäude der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth. 
Foto: Michael Mahr | Das Molkereigebäude der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth. 

Früher gehörte auch Käse zum Sortiment. Doch nachdem die Dorfgemeinschaft vor fünf Jahren den Bestand an Milchkühen von 50 auf 25 halbierte, stand kaum mehr überschüssige Milch für die Käseproduktion zur Verfügung. Die extreme Trockenheit des Jahres 2018 machte das Futter für die Kühe zusätzlich knapp, so dass die Milchmengen weiter zurückgingen.

Generationswechsel in der Molkerei

Dazu kam ein kompletter Generationswechsel bei den vier Betreuern des Betriebs. Das neue Team - die Molkereifachleute Nannis, Pusic und Christian Mais sowie Heike Gerbert – musste sich erst einarbeiten. Dabei habe man auch von den neun Betreuten, die in der Molkerei mitarbeiten, einiges lernen können, erzählt Pusic. Tipps holt man sich auch bei den früher in der Molkerei tätigen Fachleuten. Schritt für Schritt tasteten sich Pusic und seine Kollegen an neue Herausforderungen wie die Käseproduktion heran.

Die Voraussetzungen dafür sind in Hohenroth perfekt, stellt Jan Nannis fest. Käsewannen, Reifräume, alles was für die Herstellung von Camembert und anderen Käsesorten benötigt wird, ist im Gebäude vorhanden. „Da haben wir unseren Vorgängern viel zu verdanken“, lobt er die Ausstattung des vor zwei Jahren sanierten Gebäudes. Die Möglichkeiten wollen er und seine Kollegen auch nutzen. Die Chance dazu haben sie, weil der Stall wieder größere Milchmengen liefert.

Jan Nannis (links) und Veselin Pusic, zwei der drei Molkereifachleute in Hohenroth, mit in Lake schwimmendem Feta.
Foto: Michael Mahr | Jan Nannis (links) und Veselin Pusic, zwei der drei Molkereifachleute in Hohenroth, mit in Lake schwimmendem Feta.

Vor vier Monaten wird in Hohenroth deswegen zum ersten Mal wieder Milch in der Käsewanne erhitzt und mit Lab versetzt. Die Milch spaltet sich in Molke und Käse. Mit der so genannten Käseharfe wird die Molke umgerührt und der darin schwimmende „Bruch“, die erste Stufe des Käses, in Brocken zerteilt. Dabei gilt: Weichkäse benötigt eher große Brocken, für Hartkäse dagegen muss der Bruch in möglichst kleine Stücke geteilt werden.

Dreimal pro Woche wird Käse gemacht

Inzwischen wird in der Hohenrother Molkerei wieder dreimal pro Woche Käse hergestellt. Der Camembert wird in weißen runden Pappschachteln verkauft, bedruckt mit dem Logo der Hohenrother Betriebe, der blau-weiß gescheckten Kuh, die eine orange Blume im Maul hat. Zu finden ist er im Laden der Dorfgemeinschaft, aber auch in Läden und Supermärkten der Region, die aus Hohenroth beliefert werden. Derzeit ist das Sortiment noch auf zwei Weichkäse beschränkt. Neben Camembert wird auch Feta hergestellt. Letzteren gibt es mit und ohne Kräuter. Bei dieser Auswahl muss es nicht bleiben. Mit Brie wird schon experimentiert.

Die Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth füllt jeden Tag mehrere hundert Liter Milch ab und verarbeitet weitere Mengen zu Milchprodukten vom Joghurt bis zum Käse.
Foto: Michael Mahr | Die Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth füllt jeden Tag mehrere hundert Liter Milch ab und verarbeitet weitere Mengen zu Milchprodukten vom Joghurt bis zum Käse.

Derzeit werden in Hohenroth sogar Überlegungen angestellt, noch größere Milchmengen zu Käse zu verarbeiten, da die Nachfrage groß ist. Die Schwierigkeit ist, in der Region einen Lieferanten zu finden, erläutert Andreas Seith, der in der Dorfgemeinschaft für den Bereich Arbeit verantwortlich ist. Denn Hohenroth ist von Anfang an ein Demeter-Betrieb, wirtschaftet also nach strengen biologischen Richtlinien. Und die müssten auch Lieferanten einhalten.

Der Bruch wird aus der Molke abgeschöpft und je nach Käsesorte in runde oder rechteckige Edelstahlformen gefüllt. Für den Camembert werden die runden Formen verwendet. Wenn die restliche Molke herausgelaufen ist, schwimmen sie eine Zeit lang in Salzlake. Dann reift der Käse im Keller des Molkereigebäudes heran, so wie die nächste Generation der 125 Gramm schweren Camembert-Laiber. Vor einer Woche produziert, ist der feine weiße Schimmelüberzug schon komplett.

Edelstahl-Formen für die Camembert-Produktion.
Foto: Michael Mahr | Edelstahl-Formen für die Camembert-Produktion.

Betreute sind stolz auf "ihren Käse"

An diesem Tag stehen jedoch zwölf große rechteckige Formen auf dem Edelstahltisch. Der Käse darin entstand ab 5 Uhr morgens aus 300 Litern Milch. Er ist mit frischen Kräutern vermengt - Petersilie und Schnittlauch. Nach dem Reifen wird er einen Kräuter-Feta ergeben. „Optisch sieht er sehr gut aus“, findet Molkereifachmann Veselin Pusic, „da ist man auch ein bisschen stolz darauf“. Das gilt natürlich erst recht für die Betreuten, die ihm und Jan Nannis an diesem Morgen bei der Herstellung geholfen haben. Sie warten schon ungeduldig darauf, mit „ihrem Käse“ fotografiert zu werden.

Der Stolz auf ihre Erzeugnisse ist berechtigt. Denn beim Wettbewerb des bayerischen Landwirtschaftsministeriums hat die Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft auf Anhieb überzeugt. Der Camembert aus Hohenroth räumte Platz 1 bei den Weichkäsen ab. Am 29. September wird die Auszeichnung im Rahmen eines Käse-Genussmarkts im Landwirtschaftsministerium in München übergeben werden.

Die Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth füllt jeden Tag mehrere hundert Liter Milch ab und verarbeitet weitere Mengen zu Milchprodukten vom Joghurt bis zum Käse. Am Donnerstagvormittag produzierten Betreuer und Betreute Kräuter-Feta.
Foto: Michael Mahr | Die Molkerei der SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth füllt jeden Tag mehrere hundert Liter Milch ab und verarbeitet weitere Mengen zu Milchprodukten vom Joghurt bis zum Käse.
 
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