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Main-Spessart
Betrug mit 70 Cent für Sanifair-Bons an Autobahnraststätte Riedener Wald
70 Cent kostet ein Toilettenbesuch beim WC-Service 'Sanifair'.
Foto: Bernd Thissen/dpa | 70 Cent kostet ein Toilettenbesuch beim WC-Service "Sanifair".
Franz Barthel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:16 Uhr

Gebührenpflichtiges Pinkeln war in den Autobahnraststätten Riedener Wald Ost und West, an der A 7 bei Hausen im Landkreis Würzburg, für zwei Mitarbeiterinnen aus dem Landkreis Main-Spessart über ein Jahr lang eine sprudelnde Einnahmequelle. Mit Geld aus dem durch Drehkreuze gesicherten Toiletten-Bereich haben die beiden Frauen damit zum Teil den Bau ihres gemeinsamen Wohnhauses finanziert. Vom Amtsgericht Würzburg wurden die Frauen jetzt wegen Unterschlagung zu Bewährungsstrafen von acht und sieben Monaten verurteilt, außerdem zu Wertersatz in Höhe des geschätzten Schadens von mindestens 23.643,27 Euro.

Der Schaden dürfte allerdings, so ein Sicherheits-Beauftragter des überregionalen Sanitär- Unternehmens, erheblich höher gewesen sein. Tatzeit war von Frühjahr 2018 bis Herbst 2019, die Ermittlungen waren schwierig.

Die eine Angeklagte (41) war damals Standortleiterin in der Rastanlage, die andere, ihre Schwester, Beschäftigte. Ihr krimineller Coup bestätigte das alte Sprichwort, dass auch Kleinvieh Mist macht, denn Ausgangspunkt ihrer Manipulationen waren die 70 Cent für den Sanifair-Passierschein, die man in der Raststätte in zehn, 20 und 50 Cent-Münzen, in Ein- oder Zwei-Euro-Stücken in Automaten an insgesamt sechs Drehkreuzen werfen kann, die dann den Weg zu den Toiletten freigeben. Im Gegenzug dafür erhält der Kunde für die Zeit nach der Erleichterung einen Verzehr-Bon im Wert von 50 Cent.

Auf Verständigung geeinigt

Das Geld geht nach dem Einwurf verschiedene Wege, zum Teil wird es als Wechselgeld für weitere Kunden vorrätig gehalten, zum Teil wird es bereits gerollt für die spätere Abrechnung. Aber so richtig ins Detail ging man in dem Prozess nicht: Manipulationen über Monate hinweg mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit im Einzelfall nachzuweisen, hätte schwierig werden können.

Daher hat Richter Rene Uehlin bei Verhandlungsbeginn ein Gespräch über eine Verständigung, den sogenannten "Deal" angeregt zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigern: Dabei geht es zunächst darum, was "herauskommen" würde, wenn die Angeklagten vor Beginn der Beweisaufnahme umfassend und prozessabkürzend zugeben, was ihnen in der Anklage vorgeworfen wird. Die Gelegenheit haben beide genutzt, die Vorwürfe seien zutreffend und weitere Fragen würden nicht beantwortet.

Es wäre sonst ein langer Prozess geworden: 13 Zeugen, vor allem aus den beiden Rasthäusern, waren geladen, neun wurden nach der "Verständigung" gleich wieder entlassen, einer war inzwischen gestorben, einer nach Rumänien zurückgekehrt.

Kurz gehört wurde nur der Chef-Ermittler des bundesweit an den Autobahnen fürs Toilettengeschäft zuständigen Unternehmens und ein Schweinfurter Polizeibeamter.

Schrittzähler als stummer Zeuge

Wie war die Unterschlagung überhaupt aufgeflogen? Eine Mitarbeiterin in der Raststätte Riedener Wald hatte die Firma angeschrieben und empfohlen, auf die beiden Schwestern zu achten, wenn es ums Abrechnen der Toilettengebühren gehe, wörtlich, so ein Zeuge der Firma: "Sie sollten auf unser Geld aufpassen." Die Recherchen gingen ins Detail: Da wurden zum Beispiel die vom Schrittzähler im Handy erfassten Bewegungen und der Wechsel von einer Rasthaus-Ebene zur anderen zeitlich zusammengeführt mit den feststellbaren Daten vorgenommener Manipulationen.

Abenteuerliches, aber überwiegend im Puzzle-Format, hätten die Zeugen berichten können, wenn es nicht zu einer Verständigung gekommen wäre: Dass eine der Angeklagten die Beseitigung von Belastungsmaterial veranlasst habe, vom Rasthaus auf der einen Seite in das auf der anderen bringen ließ und dort Belege unter normalem Abfall im Container verschwinden lassen wollte. Und einem der Mitarbeiter soll die Toiletten-Chefin zu Beginn der Ermittlungen angedroht haben, dass sie ihn mit in das Verfahren reinziehe, wenn er etwas von seinem Wissen an die Firma oder die Polizei weitergebe. Bei einer Hausdurchsuchung waren auch 79 entwendete Kunden-Bons sichergestellt worden.

Einzahlungen auf Konten der beiden Frauen während der Bauzeit ihres Hauses hat man bei den Ermittlungen zum Teil auf die Unterschlagung am Arbeitsplatz zurückgeführt. Eine andere Erklärung für die erheblichen Beträge konnten die Frauen bei ihrem damaligen Lohn nicht geben.

Da das Urteil nach einer Verständigung zustande kam, konnte es nicht sofort rechtskräftig werden. Das ist in solchen Fällen frühestens nach einer Woche möglich.

 
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  • susorf20512503
    Solche "Verständigungen" hinterlassen einen faden Beigeschmack. Kein Wunder, dass so für manchen der Eindruck entsteht, Verbrechen lohne sich.
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