
Wie für Kinder gemacht schauen die Feuerwehrhelme aus dem 19. Jahrhundert aus, die Rainer Egert gesammelt hat. Viel zu klein für den Kopf eines Feuerwehrmanns, will man meinen. Das waren aber ganz normale Helme damals, sagt der Langenprozeltener. Die Leute und ihre Köpfe waren früher eben kleiner als heute. "Eine Helmgröße von 55 war schon groß." Wenn eine Jacke um 1900 die Größe 48 (heute Größe M) hatte, sei sie eine der größten gewesen.
Helme und Jacken sind aber beileibe nicht das Einzige, was der 67-Jährige über viele Jahre in Sachen Feuerwehr gesammelt hat. Seine Sammlung umfasst auch historische Spritzen, Leitern, eine Schlauchhaspel, Gurte, Mützen, Jacken, wie Enterhaken aussehende Einreißhaken, Feuerlöscher, Löscheimer, Schläuche, Beile, Bücher, Planspiele, Knöpfe, Uniformteile, Feuerwehr-Ehrenzeichen oder Leistungsabzeichen. Er könnte ein ganzes Museum damit aufmachen. Für seine rund 1000 Exponate, über die er begeistert erzählen kann, bräuchte er 500 Quadratmeter, schätzt er.
Kein Museum wollte seine Sammlung aufnehmen
Nicht, dass er nicht versucht hätte, seine Sammlung öffentlich zu präsentieren. Von Prof. Hans-Peter Schäfer, damals verantwortlich für das Eisenbahnmuseum Gemünden, habe es aber geheißen: "Das ist zu viel, und es passt nicht zu unserem Konzept." Egert hat auch in Hammelburg, Karlstadt und Marktheidenfeld angefragt, aber vergebens. Also präsentierte er die kleineren Sachen wie in einem Museum in seinem eigenen Keller. Von den größeren hängte er Bilder mit Daten auf. Vor fünf, sechs Jahren dann packte er alles in Kartons und Schränke. Nur Kleinteile wie Knöpfe, Uniformteile und Abzeichen sind noch schön in Glaskästen arrangiert.

"Es ging nicht mehr", sagt Egert, er habe klar Schiff machen müssen. Es sei alles gestopft voll gewesen. So voll, dass für die Gartengeräte nur im Heizraum Platz war. Er öffnet einen großen Schrank mit lauter Kartons. Auf Zetteln steht "Helme", "Helme DDR", "Gurte", "Mützen". Hinter der nächsten Schranktür wieder lauter Kartons, außerdem alte Feuerlöscher, die wie Schultüten aussehen. Früher waren die Sachen in Regalen präsentiert. Heute muss er länger einen Karton nach dem anderen herausnehmen, wenn er etwas Bestimmtes sucht. Etwa die stangenförmigen Feuerlöscher, aus denen man einfach Sand aufs Feuer schleuderte. Wenn man Glück hatte, ging das Feuer damit aus, sagt Egert.
Egert stammt aus einer Feuerwehrfamilie und war selbst 24 Jahre lang Kommandant
Der Langenprozeltener wuchs mit der Feuerwehr auf. Sein Vater war Kommandant, er selbst ebenfalls 24 Jahre lang bis 2006, sein Sohn Benjamin ist Kreisbrandinspektor für Gemünden. Schon mit 14 habe er einen alten Helm gekriegt. Richtig los ging es mit der Sammlerei 1989. "Ich habe das Zeug hauptsächlich aus ganz Main-Spessart", erzählt der heutige Ehrenkommandant. Teils kaufte er die Sachen, teils bekam er sie geschenkt. Einiges bewahrte er vor der Zerstörung. Er suchte aber auch im Internet, auf Flohmärkten und bei Antiquitätenhändlern.

Inzwischen kauft er nur noch ausnahmsweise etwas, was er noch nicht hat. "Ich weiß ja nicht mehr, wo ich's hintun soll." Hinzu komme: "Heute kriegt man nix mehr. Wo das Zeug geblieben ist – keine Ahnung", sagt Egert. Auch auf Ebay "ist nix mehr". Und wenn, dann hätten Anbieter unrealistische Preisvorstellungen.
Viel Feuerwehr, kein Urlaub
Sein Hobby war ziemlich zeitaufwendig. Weil er als Elektriker berufstätig war und außerdem Feuerwehrkommandant hatte vor allem am Wochenende Zeit für seine Sammlung. "Wir sind halt nie in Urlaub gefahren", erzählt er. Sie haben gebaut, hatten kein Geld, die Kinder waren klein. Er wollte ja auch nicht einfach nur sammeln, sondern auch wieder herrichten und schön machen. Alle Knöpfe und Abzeichen wollten poliert werden. Je schlimmer sie ausgesehen haben, desto mehr Spaß habe es ihm gemacht.
Und dann waren da natürlich die arbeitsintensiven Großgeräte. In eine von Pferden gezogene, handbetriebene Feuerwehrspritze aus Bergrothenfels von 1909 steckte er 136 Stunden Arbeit. In eine andere von 1888 sogar 210. Spritzen hat er komplett neu bemalt, teilweise mit einem feinen Pinsel. Bei den Spritzen kratzte er an einer Stelle die alte Farbe ab, bis er auf die Originalfarbe stieß, weil er sie wieder original haben wollte. "Das hat Zeit gekostet", lacht er.
Die Restauration mancher Exponate war sehr aufwendig
Und funktionieren sollen sie natürlich. Bei einer Handdruckspritze von 1860 war die Deichsel komplett kaputt, dafür engagierte er einen Schreiner. Neue Lederdichtungen machte er selber. Er zerlegte die Spritze mehrfach und schraubte sie wieder zusammen. Beim ersten Mal stellte er fest, dass das gar nicht so einfach ist, weil innen jede Schraube nur zu einer bestimmten Mutter passt – alles handgefertigt. Er forschte lange, bis er sagen konnte, dass die Spritze von 1860 sein muss und wer der Hersteller war. Die Spritze musste mit Eimern befüllt werden.

Seine großen Gerätschaften stellte Egert etwa bei den Museumstagen des Deutschen Feuerwehrmuseums in Fulda aus oder auch bei anderen Gelegenheiten. Sein größtes Objekt, eine hölzerne, auf zwölf Meter ausfahrbare Magirus-Feuerwehrleiter mit 2,20 Meter großen Holzrädern und einem Gewicht von über einer Tonne, brachte er mal mit einem Tieflader für eine Ausstellung nach Karlstadt. Das Stück aus dem Jahr 1913 gehörte der Heil- und Pflegeanstalt in Lohr (heute BKH). Für die Leiter baute er einst mit seinem Vater extra einen Unterstand. Inzwischen hat er sie als Dauerleihgabe der Feuerwehrschule Würzburg gegeben.
Er selber hat eine Lafettenspritze aus Rothenfels als Leihgabe bekommen, dafür hat er sie wieder hergerichtet. Eine Zehn-Meter-Leiter wäre weggeworfen worden, wenn er sie nicht im letzten Moment gerettet hätte. "Nimmst du's mit? Oder es wird zerlegt", sei ihm gesagt worden. In den 80ern und 90ern seien viele Feuerwehrhäuser neu gebaut worden und die alten ausgemistet worden. Für Sammler eine günstige Zeit. Die ist rum.

"Vom Wert her hat mich das null interessiert, sondern nur das Ideelle", sagt er. Er wollte Dinge erhalten und wiederherstellen. Jetzt, da seine Sammeltätigkeit ruht, hat er auch Zeit für anderes. "Jetzt will ich auch mal in Urlaub fahren." Wie es mit der Sammlung weitergeht? "Es soll nicht weggeschmissen werden."