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MAIN-SPESSART
Raiffeisenbank und Polizei warnen vor neuen Betrugsvarianten
Credit card phishing       -  Betrüger werden immer dreister und einfallsreicher. Gesunde Skepsis und Vorsicht im Umgang mit Daten sind gefragt.
Foto: Thinkstock | Betrüger werden immer dreister und einfallsreicher. Gesunde Skepsis und Vorsicht im Umgang mit Daten sind gefragt.
Björn Kohlhepp
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:55 Uhr

Phishing-Betrug per E-Mail, ominöse Lastschriftverfahren mit Kleinbeträgen, betrügerische Apps, Anzeigen über nicht vorhandene Wohnungen in Würzburg, Betrüger auf Partnerbörsen oder an der Haustür, online gekaufte Ware, die nicht geliefert wird, eine angebliche Erbschaft in Nigeria – die Liste der möglichen Betrugsszenarien ist lang und wird immer länger. Mitarbeiter von Polizei und Banken können oft nur mit dem Kopf schütteln, auf welche Betrügereien Menschen hereinfallen. Doch Gauner finden trotz Aufklärungsarbeit durch die Polizei mit immer neuen Maschen ihre Opfer, denen aus Leichtgläubigkeit, Leichtsinn oder Gier Geld aus der Tasche gezogen wird.

Die Betrüger werden dabei immer dreister, schildern Achim Roth, Sicherheitsbeauftragter der Raiffeisenbank Main-Spessart, und Kriminalhauptkommissarin Heike Ott von der Beratungsstelle der Kripo Würzburg in einem gemeinsamen Pressegespräch mit der Polizei Lohr. Zwei, drei Betrugsfälle werden der Polizei Lohr Woche für Woche angezeigt, sagt Lohrs Polizeichef Wolfgang Remelka. „Uns geht es nicht darum, Angst zu schüren“, sagt Michael Zeuch, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Main-Spessart. Vielmehr wolle man mit Aufklärung mögliche Ängste nehmen.

Betrüger gehen Kunden direkt an

Immer öfter versuchen die Betrüger, nicht in Abläufe und Systeme der Banken einzugreifen, sondern nehmen mit den Kontoinhabern selbst Kontakt auf, so die Beobachtung der Raiffeisenbank. Massenhaft werden in letzter Zeit etwa durchaus seriös wirkende E-Mails im allgemeinen Raiffeisenbank-Layout, nicht im Namen der Raiffeisenbank Main-Spessart, verschickt. Darin wird dann auf irgendeine neue gesetzliche Regelung verwiesen, die es nötig mache, dass der Kunde auf einen Link oder eine Schaltfläche klickt. Entweder fange man sich dadurch einen Virus ein, der ein Schadprogramm installiert, häufiger aber, so Banker Roth, werden die Kunden auf einen Server umgeleitet und um die Preisgabe persönlicher Daten, etwa Online-PIN, TAN-Nummern oder Ausweiskopien, gebeten.

Betrüger können mit den ergaunerten Daten gleich selbst Geld überweisen oder sich gegenüber der Bank glaubhaft als Kontoinhaber ausgeben und dann etwa per Telefonüberweisung loslegen. „Als Bank können wir in den Prozess nirgends eingreifen, um den Kunden zu schützen“, sagt Roth. Hier seien die Aufmerksamkeit und gesunde Skepsis der Kunden gefragt. Bei grober Fahrlässigkeit des Bankkunden bleibe dieser auf dem Schaden sitzen, doch oft springt die Bank ein, weswegen es im Interesse der Raiffeisenbank ist, Betrügereien zu verhindern.

Raiffeisenbank setzt neues Programm ein

„Weder Polizei noch Banken fragen persönliche Daten via Mail oder Telefon ab“, sagt Polizistin Ott. Die Raiffeisenbank setzt seit Mittwoch ein Programm ein, das auffällige Zahlungsvorgänge meldet. Roth verspricht sich viel von dem neuen System. Doch Polizeichef Remelka weiß: „Die Schwachstelle ist der Mensch.“ Banker Roth rät: „Wenn ich als Kunde den Verdacht habe, dass ich auf eine Mail geantwortet habe, auf die ich nicht hätte antworten sollen: Gleich bei der Bank anrufen und den Online-Zugang sperren lassen.“ Wie beim Verlust der EC-Karte geht das auch rund um die Uhr über den Sperrnotruf, der bundesweit und für alle Banken 116 116 ist.

„Polizei und Banken fragen keine persönlichen Daten via Mail oder Telefon ab.“

Gerade junge Leute seien leichtsinnig im Umgang mit ihren Daten oder einer neuen App, sagt Achim Roth. Neulich hatte er den dreisten Fall eines jungen Mannes, der von einem angeblichen Bankmitarbeiter angerufen wurde und erzählt bekam, er müsse sich eine „Sicherheits-App“ herunterladen. Auf dem Display wurde eine Lohrer Nummer angezeigt, doch die Anzeige lasse sich manipulieren, sagt Kripo-Beamtin Ott.

Selbst „110“ könne bei einem vermeintlichen Anruf der Polizei auf dem Display auftauchen, in echt rufe die Polizei natürlich nicht über die Notrufnummer an. Der junge Mann ließ die App installieren. Das Ergebnis laut Roth: „In der Nacht war das Konto leer.“

Doch nicht nur im Internet sind Betrüger unterwegs, laut Polizistin Ott passiert ein Großteil der Bankbetrügereien auch heute noch über Überweisungsformulare, auch wenn Banken ihre Briefkästen heute sicherer gemacht haben. Von gefälschten Überweisungsbelegen seien oft Firmen, aber auch zunehmend Vereine betroffen, indem Betrüger die Unterschriften von Chefs oder Vorständen fälschen, die etwa durch Schreiben oder Werbung bekannt sind.

Gingen Überweisungen von Betrügern früher fast immer ins Ausland, werden sie heute häufiger dafür eingesetzt, hochwertige Einkäufe im Internet zu bezahlen, erzählt Roth. Die Betrüger verticken die so ergaunerte Ware dann wieder und kommen so an Geld. Polizeichef Remelka sagt, die Ware werde oft anonym an Paketstationen geliefert. Einmal hatte er einen Fall einer Ungarin, die sich mit einem Jobversprechen nach Deutschland locken ließ und in einer Wohnung immer nur Pakete annehmen musste, die alle 14 Tage von einem Lieferwagen abgeholt wurden.

Wie in solchen Fällen oft, wurde nur die Strohfrau erwischt.

Raiffeisenbank kam Lastschriftbetrügern auf die Spur

Der Raiffeisenbank Main-Spessart ist dieses Jahr nur zufällig ein besonderer Betrug aufgefallen: Bei einigen Kunden gingen Monat für Monat per Lastschriftverfahren Kleinbeträge von 4,99 oder 5,99 Euro auf ein Konto in Spanien. Den Kunden fiel das offenbar gar nicht auf, auch wenn dies schon seit Monaten oder gar Jahren lief, oft mit einem Verwendungszweck wie „Newsletter“. 22 Geschädigte machte die Raiffeisenbank aus. Für einen solchen Betrug sind lediglich die Kontodaten nötig. Roth: „Erst wenn der Kunde reklamiert, muss uns der Abbucher ein Mandat vorlegen.“ Immerhin kann ein Kunde Lastschriften bis zu acht Wochen ohne Angaben von Gründen zurückbuchen und bis zu 13 Monate, wenn der Empfänger kein Mandat hat.

Tipps von Polizei und Bank

Heike Ott von der Kripo rät, dass man sich bei Geldgeschäften im Internet Zeit lassen soll, auf keinen Fall sollte man diese in frei zugänglichen WLAN-Hotspots tätigen, sondern am besten daheim. Mails sollten genau geprüft werden, genauso wie Webseiten und deren Adressen. Virenschutzprogramme und Firewall sollten ebenso wie das Betriebssystem stets aktuell sein. Kreditkartennummern sollten nur verschlüsselt weitergegeben, z.B. im SSL-Standard, Kontoauszüge regelmäßig überprüft werden. Wolfgang Remelka bittet zudem darum, dass sich Geschädigte immer auch bei der Polizei melden.

Banker Roth rät Kunden, das tägliche Überweisungslimit niedrig zu halten, so könne der Schaden begrenzt werden. Auch lasse sich die Möglichkeit, online Auslandsüberweisungen zu tätigen, ausschalten. Privatkunden sollten keine Kontoauszüge oder Schriftstücke, auf denen Kontodaten abgedruckt sind, über das normale Altpapier oder den Hausmüll entsorgen. Bei TAN-Verfahren seien ein TAN-Lesegerät oder das neue App-TAN-Verfahren übers Smartphone sicher, sagt Raiffeisenbank-Sprecher Hilmar Ullrich.

 
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