
Was war der Grund für einen Unfall, bei dem ein 54-jähriger Autofahrer im Mai 2023 auf der Bundesstraße zwischen Lohr und Partenstein sein Leben verlor? Auf diese Frage wird es möglicherweise keine Antwort geben.
Die Verhandlung am Amtsgericht Gemünden, in der sich der zum Unfallzeitpunkt 34-jährige Verursacher der Frontalkollision unter anderem wegen fahrlässiger Tötung verantworten muss, brachte am Dienstag im ersten Anlauf jedenfalls kein Licht ins Dunkel. Weil zwei Zeugen nicht zu dem Termin erschienen waren, wird die Verhandlung in zwei Wochen fortgesetzt.
Der Angeklagte machte beim ersten Verhandlungstermin keinerlei Angaben, weder zum Unfallhergang noch zu seinen persönlichen Verhältnissen. Sein Verteidiger erklärte, dass sich sein Mandant nicht an den Unfall erinnern könne. Der Unfallhergang sei jedoch unstrittig: Demnach war der damals 34-Jährige kurz vor 15 Uhr mit seinem VW-Bus inklusive Anhänger von Partenstein kommend kurz vor der "Roten Mühle" im Ausgang einer leichten Rechtskurve auf die Gegenfahrbahn gefahren. Dort prallte sein Wagen frontal mit einem entgegenkommenden Pritschenwagen zusammen. Dessen 54-jähriger Fahrer erlitt dabei schwerste Verletzungen, unter anderem ein Brustkorbtrauma. Der Mann starb wenig später im Lohrer Krankenhaus.
Keine Bremsspuren an Unfallstelle
Auch der Beifahrer im völlig demolierten Pritschenwagen trug schwere Verletzungen davon, unter anderem einen Hüftbruch. Er sei bis heute arbeitsunfähig, sagte seine Anwältin, die die Nebenklage vertrat.
Was der Auslöser für den fatalen Unfall war? Darauf hatte vor Gericht keiner eine Antwort. Der Unfallverursacher stand nicht unter Einfluss von Alkohol oder Drogen. Lediglich schwache Rückstände eines Medikaments gegen Schizophrenie hatte die nach dem Unfall veranlasste Blutuntersuchung ergeben.
Zu schnell waren die Fahrzeuge offenbar auch nicht unterwegs. Der Gutachter, der die Unfallstelle untersucht hatte, nannte eine Spanne zwischen 60 und 90 Stundenkilometern. Dass er nicht genauer eingrenzen könne, liege daran, dass es keinerlei Bremsspuren oder sonstige Indizien gegeben habe, die konkretere Rückschlüsse zugelassen hätten.
Auch zwei Zeugen, die zum Unfallzeitpunkt mit ihren Autos hinter dem Pritschenwagen gefahren waren, konnten sich den Unfall vor Gericht nicht erklären. Einer von ihnen sprach davon, dass es für ihn "wie ein typische Ablenkungsgeschichte" gewirkt habe. Es habe so ausgesehen, als sei der Unfallverursacher in der Rechtskurve einfach geradeaus gefahren und so auf die Gegenfahrbahn geraten. Unmittelbar danach habe es dort gekracht.
Könnte der Unfallfahrer eventuell durch sein Handy abgelenkt gewesen sein? Dafür ergab die Auswertung der Handydaten nach Aussage des zuständigen Polizeibeamten keine Hinweise. Rund fünf Minuten vor dem Unfall sei das Handy letztmals aktiv genutzt worden, trug Richter Sven Krischker das Ergebnis der Auswertung der Handydaten vor. Erst kurz nach dem Unfall sei das Handy wieder für einen Anruf entsperrt worden, so der Polizist.
Zwei Zeugen fehlten trotz Ladung
Könnte Übermüdung eine Erklärung sein? Dazu sagte der Polizist, dass der bei dem Zusammenprall ebenfalls verletzte Unfallverursacher im Krankenhaus angegeben habe, in der Nacht zuvor nur sehr wenig geschlafen zu haben. Ein Zeuge hatte geschildert, dass das Gespann des Mannes bereits einige hundert Meter vor der Unfallstelle kurz in Schlangenlinien gefahren und zur Hälfte auf die Gegenfahrbahn geraten sei.
Doch dieser Zeuge war ebenso wie ein anderer, der hinter dem Unfallverursacher gefahren war, trotz Ladung nicht zur Verhandlung erschienen. Deswegen gibt es in zwei Wochen einen Fortsetzungstermin. Zu dem soll dann auch ein Gerichtsmediziner geladen werden. Er soll sich dazu äußern, ob die im Blut des Unfallverursachers gefundenen Medikamentenrückstände irgendwelche Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit gehabt haben könnten.