
Warum bekommt mancher Patient nicht das Medikament, das er eigentlich möchte, und was haben die Rabattverträge damit zu tun? Darüber referierte Apotheker Ulrich Willecke auf Einladung des Seniorenbeauftragten beim monatlichen Treffen des Burgsinner Seniorenclubs.
Dabei ging Willecke zunächst in das Jahr 2007 zurück. Damals habe es eine überschaubare Anzahl von Rabattverträgen gegeben, heute müsse er in seiner Apotheke mehrere Millionen Datensätze verwalten. Konnten früher Ärzte und Patienten den Markt bestimmen, hebelten nun die Rabattverträge diesen Mechanismus aus. Nach einer Ausschreibung handelten die Krankenkassen mit Pharmaherstellern für rezeptpflichtige Wirkstoffe Rabattverträge aus. Damit erhielten die Krankenkassen einen günstigeren Preis und die Hersteller eine Abnahmegarantie. Dies führe dann dazu, dass ein Patient nicht das Präparat erhalte, das er verschrieben bekommen habe, sondern das eines Herstellers, mit dem seine Krankenkasse einen Rabattvertrag abgeschlossen habe.
Gleicher Wirkstoff
Wirkstoff und Wirkstoffmenge des Medikamentes müssten natürlich identisch sein, sagte Willecke. Obwohl die Hilfsstoffe einer Tablette verschieden sein könnten. Insgesamt hält Willecke die Rabattverträge für eine gute Sache, allerdings verursachen sie den Apotheken erheblichen Mehraufwand: „Die Kassen informieren die Patienten nicht ausreichend über die Rabattverträge, wir, die diese Verträge nicht mit ausgehandelt haben, müssen dem Patienten erklären, weshalb er dieses und nicht jenes Medikament bekommt.“
Zudem müsse die gesamte Organisation der Apotheke angepasst und die Datenaufbereitung sichergestellt werden. Hinzu kommen finanzielle Belastungen zum Beispiel wegen des Verfalls von Arzneimitteln. Dies passiere häufig dann, wenn Rabattverträge auslaufen und neue abgeschlossen würden. Auch in dieser Übergangszeit müssen Medikamente für die Patienten bereitgehalten werden. Sind diese aber nicht verkauft, bevor die neuen Rabattverträge in Kraft treten, können sie meist nicht mehr verwendet und müssen entsorgt werden.
Zu diesen Mehrbelastungen der Apotheken seit 2007 komme hinzu, dass sich der Festzuschlag von 8,10 Euro, die eine Apotheke je verkaufter Packung erhalte, zuzüglich eines Aufschlags von drei Prozent, seit 2004 nicht geändert habe. Von diesem Betrag müssen zurzeit 2,05 Euro Rabatt an die Krankenkassen abgeführt werden. Der Festzuschlag wird ab Januar 2013 zwar um 25 Cent erhöht, aber diese Erhöhung ist seit 2004 von der Inflationsrate und steigenden Personalkosten längst aufgebraucht.
Diese finanzielle Situation habe zum bisher größten Apothekensterben in Deutschland geführt. „Wenn in einer Kleinstadt, in der mehrere Apotheken existieren, eine schließt, ist das für die Patienten nicht weiter schlimm. Wenn aber auf dem Land eine Apotheke dichtmacht, hat das für die Patienten drastische Folgen“, erklärte Willecke. Insgesamt könne man mit den Rabattverträgen leben, stellte der Burgsinner Apotheker noch einmal fest, aber einige Verbesserungen müssten erfolgen.
Mehr Infos der Kassen
So sollten die Krankenkassen künftig ihre Patienten ausreichend über die Rabattverträge informieren und dies nicht Ärzten und Apothekern aufzwingen. Weiter müsse sichergestellt sein, dass die Pharmahersteller jederzeit liefern könnten, und es müsse eine flexible Übergangszeit zwischen auslaufenden und neuen Verträgen geben, sodass der Verfall von Medikamenten auf ein Minimum reduziert werde. In der Diskussion kritisierten Teilnehmer, dass gerade ältere Menschen verunsichert sind, wenn sie wegen der Rabattverträge andere Tabletten mit dem gleichen Wirkstoff erhalten.