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ERLENBACH
Puppensammlerin: Alte Stücke viel zu schade zum Wegwerfen
Inge Hofmann ist der Meinung, dass alte Puppen nicht entsorgt werden dürfen. Sie behandelt sie wie Schätze und repariert sie.
Damit begann alles: Den Anfang nahm die Sammelleidenschaft von Inge Hofmann aus Erlenbach als sie von ihrer Großtante diese Porzellan-Puppe, Jahrgang 1931, vererbt bekommen hatte. Die Kleider sind detailverliebt aus verschiedenen geblümten und unifarbenen Stoffen gefertigt. Sogar eine Flügelhaube, wie sie im Schwarzwald getragen wird, hat sie auf.
Foto: Fotos (4): Dorothea Fischer | Damit begann alles: Den Anfang nahm die Sammelleidenschaft von Inge Hofmann aus Erlenbach als sie von ihrer Großtante diese Porzellan-Puppe, Jahrgang 1931, vererbt bekommen hatte.
Fischer Dorothea
 |  aktualisiert: 30.09.2016 17:29 Uhr

Geht es um Kinderwünsche zu Weihnachten hat sich in den vergangenen hundert Jahren wenig verändert. Heute wie damals hoffen kleine Mädchen auf eine Puppe. An das „Baby“ von heute werden jedoch andere Forderungen gestellt. Es sollte schreien können, Haare zum Kämmen haben und adrett gekleidet sein. Zu Zeiten, als unsere Großmütter noch klein waren, gab es jedes Jahr eine Puppe. Jedes Jahr dieselbe. Nach den Feiertagen kam sie zurück in die Kiste bis zum nächsten Weihnachtsfest. Die Puppen bestanden aus Zelluloid und waren nur bedingt bruchfest. Längst hat sich das Material verändert.

Und doch erinnern sich ältere Frauen gerne an „ihre“ Puppen. Als Inge Hofmann aus Erlenbach zum ersten Mal ihre Puppensammlung öffentlich zeigte, hat sie gespürt, welche Erinnerungen bei den Besucherinnen aufkamen. „Eine Frau kam zu mir und fragte, ob sie eine in den Arm nehmen dürfe“, erinnert sie sich. Widerwillig stimmte sie zu. Ihre Schätze gibt sie nicht gerne aus der Hand. Der Besucherin traten Tränen in die Augen. Sie erinnerte sich an ihre Kindheit.

Wenn es nach Hofmann ginge, würden viel mehr alte Puppen restauriert und aufbewahrt werden. „Viele Menschen haben Puppen zu Hause, die kaputt sind“, sagt die 60-Jährige, „meistens sind sie zu schade zum Wegwerfen.“ Rund 30 Figuren umfasst ihre Sammlung. Einige hat sie geschenkt bekommen, andere von Privatleuten oder beim Händler erstanden. Zu jeder ihrer Schätze hat sie eine Geschichte zu erzählen.

„Einmal habe ich eine Baby-Puppe aus dem Müllcontainer geholt“, sagt sie empört. Die Reparatur der Porzellanpuppe von Armand Marseille, einem deutsch-russischen Puppenfabrikant aus Thüringen, war ein Klacks für den Fachmann. Den Anfang nahm ihre Sammelleidenschaft, als sie von ihrer Großtante eine Porzellan-Puppe, Jahrgang 1931, vererbt bekam. Die Kleider sind detailverliebt aus verschiedenen geblümten und unifarbenen Stoffen gefertigt. Sogar eine Flügelhaube, wie sie im Schwarzwald getragen wird, hat sie auf. „Ich habe auch zwei Puppen aus meiner Kindheit“, sagt Hofmann. Besonders pfleglich sei sie nicht mit ihnen umgegangen, erinnert sie sich. „Beim Spielen ist schon mal die eine oder andere Puppe kaputt gegangen.“ Sowieso hätte sie viel lieber draußen mit den Jungs gespielt. Fragt man sie danach, warum sie heute von ihren Puppen begeistert ist, muss die kaufmännische Angestellte nicht lange nachdenken: „Jedes Modell ist auf seine Weise schön und spiegelt die Zeit wider, in der es gefertigt wurde.“ „Die Jugend von heute kann nichts mehr mit solchen Puppen anfangen“, bedauert Hofmann. Sie sieht es als ihren „Auftrag“, das für die Nachwelt zu erhalten.

Anfang des 20. Jahrhunderts waren Puppen eine Rarität. Sie wurden von Künstlern geschaffen; zum Spielen waren sie nicht zu gebrauchen. Die Älteste in Hofmanns Besitz stammt aus dem Jahr 1910, ein Modell der Manufaktur „Schildkröt“, die auch heute noch im Thüringer Wald Spielzeug produziert. „Ich habe lange überlegt, ob ich diese Puppe kaufen soll“, sagt Hofmann. Denn hübsch findet sie sie nicht. „Sie schaut zu ernst drein.“ Doch die Tatsache, dass sie mit den Original-Kleidern und einer Expertise zu haben war, überzeugte die Sammlerin.

Käthe Kruse revolutionierte den Markt, indem sie Künstlerpuppen schuf, die aufgrund ihres Materials zugleich den Ansprüchen von Spielzeug gerecht wurden. Hofmann besitzt das Modell „Puppe VIII“, bekannt als „Das deutsche Kind“ – blond, blauäugig und in Tracht gekleidet – gab es seit 1928. Es sah aus wie Kruses Sohn Friedebald und trug auch dessen Namen.

Inge Hofmann wird ihre eigenen Exponate und die Puppen anderer Frauen aus dem Ort am Erlenbacher Dorffest, anlässlich der 1200-Jahrfeier, Ende Juni 2015 zeigen. Im Hof am Kirchberg wird sie nicht nur Spielzeug für Mädchen dekorativ ausstellen, sondern auch Kaufläden, ein Kasperletheater aus den 1950er Jahren oder ihre Teddybären präsentieren. Für die Ausstellung ist sie noch auf der Suche nach alten Pferdchen, Blechspielzeug oder anderem, was früher Freude bereitet hat. Zudem wird Rosemarie Rüttiger Keramiken anbieten. Für eine Stärkung sorgt das geplante „Sammeltassen“-Café mit hausgebackenen Kuchen.

Weihnachtsfenster

Auch in Erlenbach wird der vorweihnachtliche Brauch des Adventsfensters gepflegt. Inge Hofmann hatte die Idee dazu. „Ich liebe die weihnachtliche Stimmung“, sagt sie. Wie jedes Jahr hat sie sich schon im Sommer Gedanken gemacht, welches Thema ihr Fenster haben wird. Sie hat sogar Exponate aus dem Dorfmuseum ausgeliehen. Schon seit Mitte November ist das Fenster gestaltet. Doch noch sind die Fensterläden verschlossen. Denn jeweils an den Adventssonntagen wird pünktlich um 16.30 Uhr ein Fenster eröffnet. Los geht es am 30. November bei Inge Hofmann (Kirchberg 7). Am 7. Dezember folgt ein Fenster bei Familie Wysotzki (Reußenberg 26). Das Schaufenster von Julian Kerscher (Ketteltor 1) ist am 14. Dezember dran, bevor ab dem 21. Dezember ein Fenster im Rathaus feierlich beleuchtet wird. Jedes der Fenster steht unter einem anderen Motto. Auch eine Krippe fehlt nicht. Die Mitglieder der Feuerwehr bewirten die Gäste jeweils mit Glühwein und Tee. Text: DFI

Kinderherzen schlagen höher: Neben ihren Puppen findet man in der Wohnung von Inge Hofmann in Erlenbach auch Teddybären, Kaufläden und verschiedenes altes Spielzeug. An der Ausstellung zum Erlenbacher Dorffest wird sie dies auch zeigen.
| Kinderherzen schlagen höher: Neben ihren Puppen findet man in der Wohnung von Inge Hofmann in Erlenbach auch Teddybären, Kaufläden und verschiedenes altes Spielzeug.
Von Käthe Kruse: Sie revolutionierte den Markt, indem sie Künstlerpuppen schuf. Das Modell „Puppe VIII“ (rechts), bekannt als „Das deutsche Kind“ blond, blauäugig und in Tracht gekleidet  gab es seit 1928. Es sah aus wie Kruses Sohn Friedebald und trug dessen Namen.
| Von Käthe Kruse: Sie revolutionierte den Markt, indem sie Künstlerpuppen schuf. Das Modell „Puppe VIII“ (rechts), bekannt als „Das deutsche Kind“ blond, blauäugig und in Tracht gekleidet gab ...
Aus dem Müll gerettet: Diese Baby-Porzellanpuppe von Armand Marseille hat Puppensammlerin aus Container geholt und repariert.
| Aus dem Müll gerettet: Diese Baby-Porzellanpuppe von Armand Marseille hat Puppensammlerin aus Container geholt und repariert.
 
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