Normalerweise ist es umgekehrt: Die Jungen verbreiten Chaos und die Alten leiden darunter. In der Komödie "Wir sind die Neuen" liegt der Fall anders. Da will die Zukunft der Vergangenheit zeigen, wie man sein "Leben" managt. Das Stück von Jürgen Popig feierte am Freitagabend unter der Regie von Helga Hartmann in der Spessartgrotte eine gelungene Premiere.
Das Geschehen beginnt mit dem Einzug der drei Oldies Anne (Iris Katzer), Johannes (Steve Walter) und Eddi (Michael Schäfer). Die Althippies, die bereits in ihrer Jugend gemeinsam in einer WG wohnten, schleppen schwere Kisten in ihre neue Wohnung. Und legen gleich eine Schallplatte auf - wie damals, als ihr Alltag noch von Alkohol, Tanzen und wilden Parties geprägt war.
Von wegen Gleichgesinnte
Sie denken, dass sie damit bei den Studenten über ihnen auf Gleichgesinnte stoßen. Und so stellen sich die älteren Semester den jungen Leuten gleich einmal vor. Doch die Studenten Barbara (Andrea Feuchtenberger), Katharina (Karoline Troger) und Thorsten (Mark Plewe) fühlen sich einfach nur beim Lernen gestört. Denn ihr Leben ist durchgetaktet und geplant. Beweis dafür ist nicht nur der Wandkalender an der Wand, sondern auch die sorgfältig gestapelten Kartons in der Ecke, mit Fotos der enthaltenen Schuhe. Die Generation Y überlässt eben nichts dem Zufall.
Da wird nicht 18 Semester studiert - wie damals. Nein, die Jungen hecheln der Regelstudienzeit hinterher. Sie wollen keinen Kontakt mit den ewig Gestrigen. Dafür haben sie keine "Kapazitäten" frei. Denn – so machen sie den Alten unmissverständlich klar: Sie wollen nicht arm und einsam enden wie diese.
Laute Musik stört bei Prüfungsvorbereitung
Immer wieder prallen im ersten Teil des Stückes die Generationen, Zukunft und Vergangenheit, aufeinander. Nicht nur was die "Kehrwoche" und ein sauberes Treppenhaus betrifft. Vor allem die Musik und die lautstarken Diskussionen der "Senioren" stören bei den anstrengenden Vorbereitungen auf die Prüfungen, weshalb immer wieder der Protest mit dem Besenstil von oben das Trio unten auf die Palme bringt.
Rasant entwickelt sich auf der Bühne der Konflikt zwischen Hippies und Hipster. Scheinbar ausweglos im ersten Teil, wandelt sich das Blatt nach der Pause. Das Leben aller wird in seiner Brüchigkeit angedeutet. Da ist Eddi, der Charmeur, perfekt gespielt von Michael Schäfer. Er berät Barbara, die junge Studentin der Kunstgeschichte, bei ihrem Liebeskummer. Thorsten wiederum hat mit einem Bandscheibenvorfall zu kämpfen und wird von der Biologin Anne therapiert, was zu witzigen athletischen Choreographien auf der Bühne führt. Genial ist Karoline Tröger in der Rolle als hysterische Jurastudentin Katharina, die vor lauter Studium der Gesetzbücher, so bringt ihr Johannes bei, am Ende nichts von Recht versteht.
Kluge und spritzige Dialoge
Natürlich liefert schon allein der Plot Stoff zum Lachen. Dazu sind die Dialoge klug und spritzig. Die Charaktere aus dem Leben gegriffen. Kein Wunder - basiert das Stück doch auf dem Film von Regisseur und Drehbuchautor Ralf Westhoff, der dafür 2014 mit dem Förderpreis "Neues Deutsches Kino" ausgezeichnet wurde.
Dennoch muss man das Ganze auch auf einer kleinen Bühne umsetzen können. Das ist Helga Hartmann vor allem im zweiten Teil hervorragend gelungen. Mit schnellen Szenenwechseln, unterbrochen durch Songs aus der Welt der 68-er Generation, kommt in der gut besuchten Spessartgrotte keine Langeweile, sondern Gelächter auf.
Auch dank Andy Hartmann, der für die Bühne/Technik zuständig war, klappte alles wunderbar. Und vor allem überzeugen die Schauspieler. Man hat das Gefühl, sie sind die Figuren, so viel Leichtigkeit besitzt ihr Spiel. Dennoch - hier und da hätte man sich manchmal auch ein langsameres Tempo gewünscht - denn es tauchen immer wieder Sätze auf, die einen innehalten lassen. Etwa, wenn die Studenten den Alten direkt ins Gesicht sagen: "Wir sind die Ablösung und wir wohnen über euch." Da braucht man schon mal eine kurze Atempause, um sich zu fragen: "Wofür haben wir denn damals gekämpft?"