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WÜRZBURG
Polizist: Im Zweifel hätte ich geschossen
Redaktion Süd
 |  aktualisiert: 11.12.2019 14:57 Uhr

Erpresserischer Menschenraub und versuchte schwere räuberische Erpressung: Nach seinem bewaffneten Überfall auf die Marienapotheke in Lohr am 14. April diesen Jahres ist ein 24-jähriger Patient des Bezirkskrankenhauses Lohr jetzt vom Würzburger Landgericht zu viereinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Der Mann hatte sich nach einem Suizidversuch im Januar freiwillig in der Psychiatrie aufgehalten. Am 14. April gegen 13.30 Uhr betrat er mit einem Einhandmesser in der Hand die Apotheke in der Lohrer Hauptstraße. Er umklammerte eine 27-jährige Praktikantin, hielt ihr das Messer vor den Hals und forderte Morphium und Spritzen.

Mit dem Betäubungsmittel wollte er seinem Leben ein Ende setzen. Was der 24-Jährige nicht wusste: In keiner Apotheke in Deutschland sind Morphium oder andere Drogen vorrätig, schon gar nicht in einer größeren Menge.

Einer Kollegin der 27-Jährigen gelang es, die Polizei zu rufen. Als die Beamten den Verkaufsraum der Apotheke betraten, hielt der 24-Jährige die Praktikantin immer noch an der Schulter fest. Ein Polizist hatte seine Waffe im Anschlag. „Im Zweifel hätte ich geschossen“, sagte der Hauptkommissar im Zeugenstand.

„Es war eine saugefährliche Situation“, betonte auch der Vorsitzende der ersten Strafkammer, Burkhard Pöpperl. Zum Glück konnte sich die Praktikantin losreißen und in einen anderen Raum flüchten. Daraufhin hielt der Täter sein Messer in Richtung des Polizeibeamten: „Er sagte, dass er von mir erschossen werden möchte. Ich hatte den Eindruck, dass ihm alles egal war.“

Der 24-Jährige ließ sich dann aber doch überreden, das Messer wegzulegen. Er sitzt seit dem Überfall in Untersuchungshaft – nicht zum ersten Mal: In Hamburg wurde er 2011 zu 14 Monaten Jugendstrafe verurteilt. Unter anderem hatte er am Bahnhof Altona einem anderen Mann im Alkoholrausch brutal gegen den Kopf getreten und dabei mehrere Knochenbrüche im Gesicht verursacht. Damals hielt er sich in der Hamburger Punkerszene auf.

Alkohol und jahrelanger exzessiver Drogenkonsum bis hin zu Amphetamin und Heroin sind das große Problem des jungen Mannes. Laut Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen ist aus der Sucht die Depression entstanden. Der Gutachter attestierte dem 24-Jährigen nicht nur eine erheblich eingeschränkte Steuerungsfähigkeit, obwohl er vor dem Überfall weder Alkohol noch Drogen konsumiert hatte: „Wenn die Suchterkrankung nicht behandelt wird, besteht ein hohes Risiko für weitere Straftaten.“

Die Kammer folgte dem Gutachten und ordnete die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt an, sobald das Urteil rechtskräftig wird. Das Opfer und ihre beiden bei der Tat anwesenden Kolleginnen haben das Geschehen nach eigenen Worten gut verarbeitet. „Ganz genau werde ich das aber erst wissen, wenn ich wieder in einer Apotheke stehe“, sagte die 27-Jährige, die ihr Pharmazie-Studium mittlerweile mit Erfolg abgeschlossen hat.

 
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