zurück
RIENECK
Polizist, Bäcker, Forstwirt – Bürgermeister
Michael Fillies
Michael Fillies
 |  aktualisiert: 07.11.2019 19:34 Uhr

Zu nahezu allem hat Wolfgang Küber eine schnelle, klare Meinung. Seit der Jugend ist er ein politischer Mensch. Dass ihn sein Weg einmal ins Bürgermeisteramt führen würde, war dennoch nicht absehbar, denn der 55-Jährige entstammt einer Oppositionsbewegung. 1984 gelang ihm mit dem überparteilichen Zusammenschluss Rienecker Junge Wähler-Union (RJWU) der Einzug in den Stadtrat. Seit 2006 ist Wolfgang Küber Bürgermeister, und er tritt an, das Ehrenamt weiterzuführen.

„Küber, ja? ... Guten Morche, was bewegt dich? ... Da verbind' ich dich mal.“ – Einige Telefonanrufe nach diesem Muster unterbrechen im Amtszimmer im Bürgerzentrum das Gespräch für diesen Artikel. Bürgermeister ist man 24 Stunden am Tag, auch wenn man, wie Wolfgang Küber, noch halbtags einem Beruf nachgeht. Über das Mobiltelefon bleibt der Rathauschef erreichbar.

Den Spagat zwischen Ehrenamt und Beruf hat Küber mit seinem Vater gemein. Richard Küber war selbstständiger Kaufmann und handelte mit Schokoladen und Spirituosen. Später war er Verwaltungsangestellter in Bad Kissingen. Dem Stadtrat gehörte auch er an, war Zweiter Bürgermeister und Vorsitzender des Sportvereins Rieneck in den Landesliga-Zeiten – „das war sein Leben“, sagt sein Sohn. Er ist nach seiner zehn Jahre älteren Schwester das zweite Kind seiner Eltern.

Drei Berufe erlernt

Nach der Hauptschule und vier Jahren auf dem Friedrich-List-Gymnasium in Gemünden trat Wolfgang Küber in den Polizeidienst (vier Jahre) ein. „Das war nicht das Leben, das ich mir vorgestellt hatte.“ Mit Blick auf die schwiegerväterliche Bäckerei Köhler in Burgsinn lernte er Bäcker. Doch der junge Mann entwickelte eine Mehlstauballergie. Er entschied sich zu einem dritten Beruf und schulte bei der Marktgemeinde Burgsinn um zum Forstwirt, was nicht so fernlag; auch die Kübers hatten wie viele im Sinngrund „ä bissle Wald“.

Als Forstunternehmer machte er sich selbstständig. Diese Zeit „hat mich sehr geprägt“, erzählt der 55-Jährige, denn „von was lebt man eigentlich, wie bekommt man jeden Monat sein Geld?“ Er beneide niemanden, der seinen Lebensunterhalt als Selbstständiger verdient. Drei Jahre war Wolfgang Küber im Auftrag der Städte Rieneck und Gemünden und für den Staatsforst als Holzrücker tätig, bis ihn der Gemündener Stadtförster anwarb. Am 1. Januar 1989 wechselte er zur SOS-Dorfgemeinschaft Hohenroth – dem eigenen Heim nah – und arbeitet bis heute mit acht körperlich und geistig behinderten Erwachsenen im Hohenrother Wald oder im Fremdauftrag. Zum Holzrücken setzt der Forstwirt sein Pferd ein, das Kaltblut Afram.

Nach nur einem Jahr wurde Wolfgang Küber Betriebsratsvorsitzender, und er gehört auch dem Gesamtbetriebsrat von SOS Deutschland an. Politisiert hat ihn die Zeit in der Rienecker Jugendgruppe der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Es war die Zeit, als die Anti-Atomkraft-Bewegung aufkam und der Umweltschutzgedanke Raum griff. Der junge Wolfgang hörte den linken Liedermacher Hannes Wader und das alternative Volksmusik-Duo „Zupfgeigenhansel“. Damals und auch später noch mit Frau und Kindern ging's auf große Zeltlager.

Mitbegründer der RJWU

Fast folgerichtig trat Küber den Grünen bei und war 1983 Mitbegründer der RJWU – sie erzielte ein Jahr später ein Fünftel der Stimmen und zog mit drei Räten in den Stadtrat ein. „Wir wollten ein Gegengewicht zum Etablierten sein“, erzählt der 55-Jährige. Das gilt auch für den UFCWH, den Unabhängigen Fasenachtsclub Wilder Haufen, der mit „viel Remmidemmi sehr aggressive Kommunalpolitik beim Fasenachtszug“ machte. „Wir haben keinen Faschingsball ausgelassen.“ Mitglied bis heute ist Wolfgang Küber in etlichen (Orts-)Vereinen.

Ebenfalls 1983 heirateten der Rienecker und die Burgsinnerin Renate Köhler; fünf Kinder haben die beiden, darunter Zwillinge. 2006 wählten die Rienecker Küber erstmals zum Bürgermeister – der erste der Grünen im Landkreis – und bestätigten ihn 2008. Zehn Wahlziele hatte er sich damals gesetzt und ist stolz, sie erreicht oder begonnen zu haben, wie die laufende Friedhofssanierung („ein ganz sensibles Thema“).

Als nächste Großprojekte stehen an die Ortsgestaltung im Zusammenhang mit der Verlegung der Staatsstraße und die energetische Sanierung des Komplexes Alter Schulhof mit Kirche, Altem Rathaus, Bürgerzentrum und Feuerwehrhaus. Bleibt nur der Schuldenabbau – Wolfgang Küber hebt die Schultern: „Ich kann kee Wunder vollbringen!“

ONLINE-TIPP

Mehr Berichte zur Kommunalwahl im Landkreis Main-Spessart im Internet unter www.mainpost.de/kommunalwahl-msp

Wolfgang Küber

Was schätzen Sie an Rieneck? Solidarität (Radio-Gong-Aktion, Brandopferhilfe, Faschingszug, Kirb, Vereine) und Rund-um-Versorgung (Laden, Gastwirtschaft, Schule, Arzt, Zahnarzt, Bäcker, Metzger).

Was ist Ihr liebstes Urlaubsziel? Mit dem Planwagen durch Spessart und Rhön.

Ihre Lieblingsmusik? Hans Söllner.

Ihre Lieblingsbeschäftigung? Forstwirtschaft, „Arbeit mit Kaltblütern“.

Was lesen Sie gerade? „Verheimlicht – vertuscht – vergessen“ von Gerhard Wisnewski.

Was sehen/hören Sie gerne im Fernsehen/Radio? BR 3, „Quer“, „Unser Land“.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an anderen Menschen? Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität. Was können Sie gar nicht leiden?

Denunziantentum.

Ihr Vorbild? Pfarrer Roland Breitenbach.

Ihre größte Schwäche? Rum-Trauben-Nuss (-Schokolade).

Ihre größte Stärke? Praktisches Umsetzen von Vorhaben und praktisches Denken.

Was ist für Sie Glück? Gesundheit der Familie, Frieden.

Ihr Lebensmotto? Leben und leben lassen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Michael Fillies
Beruf und Karriere
Mehlstauballergien
Meinung
Oppositionsbewegungen
Polizeidienst
Roland Breitenbach
Stadträte und Gemeinderäte
Wolfgang Küber
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top