45 Jungen und 40 Mädchen vom drei Monate alten Baby bis zum 20-Jährigen leben derzeit im Landkreis Main-Spessart in insgesamt 61 Pflegefamilien. Diese statistischen Zahlen aus dem Bericht zum Pflegekindwesen im Jugendhilfeausschuss lassen bestenfalls erahnen, wie viel Arbeit und welche Schicksale dahinter stehen.
„Das Finden und Betreuen von Pflegefamilien nimmt 90 Prozent meiner Arbeitszeit in Anspruch“, erklärte die Sozialpädagogin Andrea Sendelbach jüngst bei ihrem Bericht im Jugendhilfeausschuss des Landkreises. Dabei geht es vor allem um Langzeitpflege. Es gibt aber auch die Bereiche Kurzzeitpflege, bei denen die Pflegefamilien für Tage bis Monate Kinder aufnehmen, und die Bereitschaftspflege bei Notsituationen.
Für Letztere gibt es vier geeignete und erfahrene Pflegefamilien. Die übrigen zehn Prozent ihrer Arbeitszeit wenden sie und ihr Kollege Peter Schrom, sie sind beide für den Pflegekinderdienst im Kreis zuständig, für die Tagespflege durch Tagesmütter auf.
Bewerbungsprozess
Interessierten Paaren und Eltern steht immer ein Bewerbungsprozess bevor, bei dem auch erweiterte Führungszeugnisse, Gesundheitsatteste und Verdienstnachweise vorzulegen sind. Wie es daheim bei den Familien aussieht, schauen sich Mitarbeiter der Jugendamtes an, Tagesmütter müssen an Erste-Hilfe- und Qualifizierungskursen teilnehmen, bevor sie die Erlaubnis zur Kindertagespflege erhalten.
Pflegeeltern bekommen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch mit Pflegefamilien und werden zunächst auf eine interne Warteliste gesetzt. Derzeit sind fünf Vollzeitpflegestellen unbesetzt, inklusive einer Stelle nur für die Kurzzeitpflege.
In welche Pflegefamilie ein Kind kommt, entscheidet immer das Jugendamt. So werden ältere Ehepaare eher keine Säuglinge bekommen. Zudem wird versucht, Geschwister nicht zu trennen.
Auch bei der Herausnahme der Kinder aus den Herkunftsfamilien, oft mit Hilfe der Polizei, ist das Jugendamt immer dabei. Pflegefamilien werden in der Anfangszeit intensiv beraten und begleitet, auch Alltägliches wie Kindergarten- und Schulbesuch will organisiert sein. Auch der Umgangskontakt des Kindes mit seinen leiblichen Eltern wird geregelt. Natürlich gehen Beratung und Unterstützung über die gesamte Dauer des Pflegeverhältnisses.
In den ersten Monaten prüft das Jugendamt auch, ob eine Rückführung möglich ist, die Kinder also zu ihren leiblichen Eltern zurück dürfen. Das kommt aber selten zustande, weil die Herausnahme immer die letzte Maßnahme ist nach vielen anderen gescheiterten Versuchen. Von den 85 Pflegekindern liegt bei 49 ein gerichtlicher Entzug des Sorgerechts vor. 36 Kinder gaben die leiblichen Eltern aus eigener Veranlassung oder Anraten beziehungsweise Druck des Jugendamtes in Pflege.
Im vergangenem Jahr gab es bei den Kindern in Pflegefamilien zehn Zu- und 21 Abgänge (wegen Volljährigkeit, Zuständigkeitswechsel, Rückführung zu den leiblichen Eltern, andere Hilfeformen) sowie 13 Bereitschaftspflegen. Von den 61 belegten Pflegefamilien haben 16 zwei oder mehr Kinder aufgenommen, und 18 kümmern sich um verwandte Kinder, meist um ihre Enkel. Neun der Pflegekinder sind volljährig aber noch in Schul- oder Berufsausbildung.
Bei der Tagespflege sind die Zahlen deutlich kleiner: Derzeit gibt es elf Plätze bei Tagesmüttern im Landkreis Main-Spessart, früher waren es einmal 40, im Jahr 2013 noch 20. Fünf Tagespflegeverhältnisse hat der Landkreis im vergangenem Jahr finanziert. Dem Angebot standen 30 Nachfragen suchender Eltern gegenüber, meist für „exotische Zeiten“.
Auch im Jahr 2017 wird der Landkreis versuchen, neue Pflegeeltern und Tagesmütter zu gewinnen. Außerdem sind Angebote über die Beratung und Betreuung der Familien hinaus geplant wie ein Sommerfest und eine Weihnachtsfeier geben.
Neue Ansprechpartner
Für die Pflegefamilien und Tagesmütter wird es bald neue Ansprechpartner geben, am 1. März wechselt Andrea Sendelbach zur Hälfte ins Adoptionswesen, ihr Kollege Peter Schrom verabschiedet sich dann in den Ruhestand. Dadurch müssen zwei neue Mitarbeiter eingearbeitet und die Zuständigkeiten neu aufgeteilt werden.