Mit einer "Lügenmesse" endete am Sonntagabend das Kabarettwochenende in der Lohrer Stadthalle. Kurzfristig waren alle drei Veranstaltungen des Wochenendes in den Innenraum verlegt worden. Dort lauschten beim Babenhäuser Pfarrerkabarett rund 80 Zuhörer über zwei Stunden aufmerksam dem Wortgewitter von Hans Greifenstein und Clajo Herrmann auf der schön beleuchteten Bühne.
Themen kamen dort viele zur Sprache, eigentlich wurde nichts ausgelassen. Das ging von Politik und Politikern über Corona und Kultur (von Aristoteles bis Goethe) bis zu vielen "ganz normalen" Menschen, die man als Nachbar, Onkel oder "Obba" in seinem Leben treffen kann. Ein wichtiges Thema für die beiden "älteren Semester" auf der Bühne ist auch die "gute alte Zeit" und klarerweise auch mal die Kirche, outeten sich doch beide als ehemalige Pfarrer und studierte Theologen ("Ich hab im Theologiestudium gelernt, man muss die Bibel zwischen den Zeilen lesen. Aber da steht nix. Wenn man das lesen kann, das ist Theologie!").
Den ganzen Abend über konnte man schmunzeln und auch mal laut lachen, jeder erkannte jemanden oder etwas wieder. Den ersten Szenenapplaus gab es für das Versprechen des Duos, einen "coronafreien" Abend zu bieten. Aber das gelang natürlich dann doch nicht. Nach dem ersten "Versprecher" hieß "Corona" nur noch "Hm-hm-hm", war aber allzeit präsent: "Corona ist für mich eine mexikanische Biersorte und ich bin Öppelwoi-Trinker, also bin ich raus!"
Man brauchte viel Konzentration, um dem Staccato von Wortneuschöpfungen und Themenwechseln in der Schnelligkeit folgen zu können. Da ging ein gut gemeinter Tipp auch an die Vertreterin der örtlichen Presse: "Du musst so viel mitschreiben, da weeste am Ende gar net, was eigentlich gebabbelt worden ist!" Und das alles im schönsten Hessisch – der "Göttersprache".
Lügen waren ein zentrales Thema und wurden ständig zwischendurch angepriesen: "Wer lügt, der muss sich merken, was er wem erzählt hat, das ist reines Gedächtnistraining. Mit Lügen kommst du gegen Demenz an." Auch um Ausreden waren die beiden nicht verlegen und teilten sie brüderlich mit dem Publikum: "Nächstes Jahr kann ich nicht zu eurer Hochzeit kommen, da hab ich Kopfschmerzen."
"Sprechminutenhilfe"
Weitere Themen waren "anonyme Nordic Walker" ("Merkt ihr überhaupt, dass man euch die Skier unter den Füßen weggeklaut hat?!") oder die "Sprechminutenhilfe" beim Hausarzt: "Aus Datenschutzgründen darf ich Sie nicht mehr namentlich aufrufen, also, wer ist der Herr mit der Syphilis?" Scheinbar planlos drauflosgequasselt, mischten sich aber auch ernste Töne unter die Lustigen: "Hartgekochte, gefärbt verkaufte Hühnereier sind dann 'eierhaltige Nahrungsmittel', da müssen für die Hühner keine Tierschutzrechte eingehalten werden. Also kaufe ich keine solchen Eier mehr." Und gleich ein Schwenk ins Makabre: "Vielleicht ist die Frau für den Ehemann dann eine 'frauenhaltige Haushaltsmaschine'?"
Ein Thema waren auch die Missbrauchsfälle in der Kirche: "Wir müssen deutlich sagen, wir wollen keine Ausreden mehr hören. Wo Ausreden unerträglich werden, muss es Austritte geben. Das sage ich als ehemaliger Pfarrer." Aber auch hier folgte gleich eine Lösung nach: "Austritte können auch sagen, ich gehe mal fort und wenn ihr weg seid, dann kommen wir wieder."
Aber ein paar unbeantwortete Fragen hinterließ der Abend doch: "Wieso hängt sich mein neuer PC auf, meine Wäsche aber nicht? Hat Jürgen Klopp wirklich mehr Zähne im Mund als andere?" Aber abgesehen davon ging man sicherlich viel schlauer heim als man gekommen war – aber auch nachdenklicher.