
Kann oder soll sich die Stadt Lohr die seit etlichen Jahren immer wieder diskutierte Reaktivierung des Personenzug-Verkehrs zum Lohrer Stadtbahnhof angesichts ihrer Finanzlage noch leisten? Diese Frage wurde jetzt im Zuge der Haushaltsberatung für das laufende Jahr im Stadtrat diskutiert. Am Ende war das Votum deutlich. Allerdings ging es vorerst nicht um die tatsächliche Reaktivierung, sondern nur um eine Machbarkeitsstudie.
60.000 Euro sind für diese Studie im städtischen Haushalt 2025 vorgesehen. Frank Seubert, der Fraktionsvorsitzende der CSU, erklärte, dass ihm dieser Posten "Bauchschmerzen" bereite. Angesichts der Mahnung des Stadtkämmerers, wonach sich die finanziell klamme Stadt Lohr auf ihre Pflichtaufgaben und da vor allem auf das Unabwendbare konzentrieren müsse, stufte Seubert die Reaktivierung des Stadtbahnhofs als "Kür" ein und sprach von "einer Maßnahme, die wir nie realisieren können". Zur Begründung führte er die mutmaßlich großen Kosten für die Elektrifizierung der Bahnstrecke vom vorhandenen Bahnhof in die Stadt an, ebenso wie für den erforderlichen Bau neuer Bahnsteige.
Gleis insgesamt auf der Kippe?
Umso fragwürdiger sei die geplante Reaktivierung der Strecke, wo der auf ihr seit jeher rollende Güterverkehr zur Glashütte von Gerresheimer womöglich auf der Kippe stehe, so Seubert. Er forderte daher, die im Haushalt vorgesehenen 60.000 Euro für die Machbarkeitsstudie hinsichtlich einer Reaktivierung des Personenverkehrs ersatzlos zu streichen und das Projekt so zu begraben.
Die Idee, den Bahnhalt am Rande der Altstadt zu reaktivieren, war vor rund zehn Jahren maßgeblich von Bürgermeister Mario Paul ins Gespräch gebracht worden. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft schätzt das mögliche Fahrgastpotenzial auf gut 1500 pro Tag, womit ein entscheidendes Kriterium erfüllt wäre. Noch ungeklärt ist derzeit, wie sich Stadt und Landkreis die für die Ertüchtigung der Bahnstrecke anfallenden Kosten teilen könnten. Unter anderem die Höhe dieser Kosten soll eine Machbarkeitsstudie ermitteln.
Diese Machbarkeitsstudie nun zu kippen, wäre "voreilig und wenig zukunftsweisend", sagte Paul in der Sitzung. Überdies habe der Stadtrat die Studie bereits beschlossen. Mathilde Lembach (Grüne) sprach davon, dass man auf das Projekt seit Jahren hinarbeite. Überdies sei auch im Haushalt des Landkreises Geld für die Studie vorgesehen.
Brigitte Riedmann (Freie Wähler), wie Lembach Mitglied im Kreistag, betonte indes, dass dieses Geld "noch längst nicht in trockenen Tüchern" sei angesichts des "exorbitanten Defizits" des Landkreises beim Thema ÖPNV.
Studie wäre eine Grundlage für weitere Gespräche
Wolfgang Weis (Grüne) warf den Skeptikern eine "rückwärtsgewandte Denkweise" vor. Eric Schürr hingegen sagte über die Reaktivierung des Personenverkehrs bis zum Stadtbahnhof, dass "Unsinn nicht besser wird, je öfter man darüber diskutiert". Er fragte, wer ein solches Projekt angesichts der leeren öffentlichen Kassen finanzieren solle, und forderte wie Seubert, die 60.000 Euro für die Machbarkeitsstudie aus dem Haushalt der Stadt zu streichen.
Bürgermeister Paul indes warb beinahe flehentlich dafür, mit der Studie eine belastbare Grundlage für die weitere Diskussion zu schaffen. Das sah Thomas Nischalke, der Fraktionsvorsitzende der SPD, ebenso. Angesichts einer denkbaren bahntechnischen Nordumfahrung Lohrs gehe es auch um die Überlegung, ob ein reaktivierter Stadtbahnhof nicht den Wegfall anderweitiger Zughalte teilweise auffangen könnte.
Am Ende stimmten 14 Räte dafür, das Geld für die Machbarkeitsstudie im Haushalt zu belassen. Acht Gegenstimmen kamen von CSU und Bürgerverein.