Die eindrucksvolle Klangfülle einer Orgel geleitet die Gottesdienstbesucher zu ihren Plätzen, denn sie gehört zur feierlichen Einstimmung einfach dazu. Doch die Zeiten, in denen der Schulmeister jeden Sonntag und bei allen Feiertagen, Hochzeiten und Trauergottesdiensten in die Tasten griff, sind vorbei. Im ländlichen Bereich gibt es immer weniger Organisten, sodass zeitweise ein echter Notstand zu verzeichnen war.
Seit einigen Jahren wird die Lücke im Sinngrund von ganz normalen Klavierspielern geschlossen – von Frauen, Männern und neuerdings auch einem Jugendlichen. Im Bereich der Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn sind es neben Armin Heil (Aura) zum Beispiel Wolfgang Rausch (Rieneck), ganz neu Lukas Beckmann (Mittelsinn). Wir haben uns mit Vera Klein und Leo Breitenbach (beide Obersinn) über ihr Orgelspiel unterhalten.
Vera Klein begann mit acht Jahren auf Wunsch ihrer Eltern Klavierstunden zu nehmen. Nach fünf Jahren hörte sie damit wieder auf und kam erst mit etwa 40 Jahren in Landshut erneut dazu. Damals hatte sie in verschiedenen Kirchen Orgelmusik gehört und war davon fasziniert. Eineinhalb Jahre nahm sie in der dortigen Stadtkirche Unterricht und lernte die Mechanik des Instrumentes kennen.
Eines Tages war in Adelkofen, sieben Kilometer von Landshut entfernt, kein Organist für die Kirche Heiligkreuz zur Verfügung. Da sprang sie spontan ins kalte Wasser und blieb dort 14 Jahre lang. Vor einigen Jahren zog sie mit ihrem Mann Erwin in dessen Heimatdorf Obersinn. Auch hier und in Mittelsinn war „Not an der Orgel“.
Gretel Fleißner fand Nachfolgerin
Die langjährige Organistin Gretel Fleißner, 85, beendete aus gesundheitlichen Gründen ihre Tätigkeit, froh darüber, dass nun eine Nachfolgerin da war. Vera Klein liebt das Spielen und übt gewissenhaft vorher die vom Pfarrer ausgesuchten Stücke – und doch ist sie vor jedem Auftritt noch immer nervös.
Dieses gewisse Kribbeln hat auch Leo Breitenbach, obwohl er bereits seit 1974 an der Orgel sitzt. 1950 wurde er in Obersinn in eine sehr musikalische Familie geboren. Seine Eltern schenkten ihm mit fünf Jahren eine Mundharmonika, eine Ziehharmonika folgte und mit 16 Jahren widmete sich der Heranwachsende seiner Gitarre. Er brachte sich alle zwölf Tonarten selbst bei und war bei den Faschingsveranstaltungen im Umkreis ein gefragter Musiker.
Erst nach seiner Bundeswehrzeit, mit nunmehr 22 Jahren, nahm er bei Willie Feser Klavierunterricht und lernte Noten. Zwei Jahre später begann seine Organistenlaufbahn. Für den gelernten Schmied waren die täglichen Fingerübungen Pflicht, denn er wollte „unbedingt richtig Orgelspielen“ können. Doch seine Finger waren steif und Breitenbach strebte einen weichen Anschlag an. Er kniete sich intensiv rein.
Mit Erfolg: Sein Debüt gab er im Mai 1974 an der alten Kirchenorgel von St. Jakobus in Obersinn an einem Samstag während der Vorabendmesse. St. Jakobus ist eine Simultankirche, und Breitenbach wechselte sich mit Gretel Fleißner ab. Erst 1986 löste ihn Volker Gärtner dort ab. Jeden ersten Sonntag im Monat haben Klein und Breitenbach Organistendienst in Obersinn und Mittelsinn. Doch beide sind „Wanderorganisten“, die von den jeweiligen Pfarramtssekretärinnen ein Vierteljahr im Voraus gebucht werden. Hochzeiten und Beerdigungen und andere kurzfristige feierliche Gottesdienste kommen dazu.
Und fast jeder Pfarrer hat eine andere Liturgie, sodass höchste Aufmerksamkeit während des Gottesdienstes wichtig ist. Breitenbach und auch Klein spielen seit Jahren immer wieder nicht nur in Mittelsinn und Obersinn, sondern auch in Burgsinn, Rieneck, Gemünden, Heßdorf, Weickersgrüben, Gräfendorf, Dittlofsroda, Detter, Weißenbach, Eckarts und Zeitlofs.
Nicht nur die vorgeschriebenen Lieder spielen die Organisten, sie suchen sich passend hierzu die Eingangs- und Auszugsmusik aus: Bruckner, Bach und andere klassische Werke für die Königin der Instrumente.