Man nehme: einen schönen Ort wie die soeben eröffneten Stadtbibliothek, gut 70 interessierte Zuhörer
meist Damen, einen mitreißenden Vorleser und ein humorvolles Buch. So oder so ähnlich lautete das Rezept für einen entspannenden Freitagabend in der neuen Marktheidenfelder Kulturreihe Wortkunst zum Thema Kochen.
Dazu begrüßte Bibliotheksleiterin Susanne Wunderlich den Schauspieler Martin Menner aus Güntersleben, der sich in gelber Kochjacke und hinter einigen Küchenutensilien unter dem Thema „Fein gehackt und grob gewürfelt“ dem charmanten Büchlein „The Pedant in the Kitchen“ des britischen Bestsellerautors Julian Barnes zuwandte.
Barnes legte im Jahr 2004 mit seinen Essays über das Kochen ein kleines und munteres Brevier über die englische Küche vor, die hierzulande als, offen gesagt, gelegentlich etwas gewöhnungsbedürftig gilt. Seit viktorianischen Tagen prägt Isabella Beetons „Book of Household Management“ (1859) das Geschehen in britischen Haushalten. Auch neuere Werke wie die Kochbücher der Engländerin Jane Grigson (1928-1990) fordern Kochkünstler am heimischen Herd durchaus heraus. Sozusagen als Kulisse hatte Susanne Wunderlich eine Reihe von Beispielen aus der jüngeren Kochliteratur um den Rezitator gruppiert. Kochbücher zählen sicherlich zu den Top-Favoriten in den Sachbuch-Regalen der Stadtbücherei.
Martin Menner charakterisierte die Küche als einen stillen Ort der Konzentration. Lebhaft trug er Passagen aus Barnes Küchen-Büchlein vor, so dass man beinahe vergaß, dass er nicht aus eigenem Erleben berichtete. Da saß jede Betonung und jeder Satz in knapp eineinhalb Stunden - intelligente Unterhaltung mit Anspruch.
Wie sind Kochbücher zu verstehen, präzise wie ein chirurgisches Handbuch oder doch eher als künstlerische Partitur mit Spielraum für Variationen? Vor allem quälen den Pedanten viele Fragen. Wie viel ist eigentlich eine Prise und wie groß ist eine mittlere Zwiebel?
Bei Marcella Hazans „Die klassische italienische Küche“ kamen besondere Versagensängste beim Einkauf seltener Zutaten und die Frage nach der fachgerechten Zubereitung eines Risottos auf. Beim Abstecher in die unterste Schublade lachten die Zuhörer besonders vergnügt. Denn wer kennt ihn nicht, diesen Ablageort für den Fleischwolf aus Grauguss zwischen Schaschlikspießen, Krimskrams und ungewollten Überbleibseln - wegwerfen oder dich lieber aufheben? So reihten sich die Beobachtungen aus dem Küchenalltag bis hin zum letzten Kapitel in Menners unterhaltsamer Lesung: „Die Moral des Ganzen“.
Da fielen dann augenzwinkernd ganz große Sätze. Das Ziel des Kochens sei es, das Glück des Menschen zu mehren. Gutes Kochen vermöge die Moral zu heben. Der Mensch esse, um zu leben und nicht umgekehrt.
Buchtipp: Julian Barnes und Gertraude Krueger, Fein gehackt und grob gewürfelt: Der Pedant in der Küche, 144 Seiten (2012), ISBN: 978-3462044386.